Mönchengladbach „Das Silicon Valley der Textilbranche“

Mönchengladbach · Bei der Eröffnung der Textilakademie würdigte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die Berufsschule als „Vorbild für Deutschland“. Zusammen mit der benachbarten Hochschule Niederrhein bildet sie einen einzigartigen Textilcampus.

 Die Textilakademie an der Rheydter Strasse mit der textilen Fassade und dem Farbturm von Heinz Mack ist eine der modernsten Schulen in Deutschland.

Die Textilakademie an der Rheydter Strasse mit der textilen Fassade und dem Farbturm von Heinz Mack ist eine der modernsten Schulen in Deutschland.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Wer in der Textilakademie eine der Betonwände berührt, wird in die Realität zurückgeholt. In der Akademie, die der Verband der Rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie und der Nordwestdeutsche Verband der Textil- und Bekleidungsindustrie für 20 Millionen Euro gebaut haben, sind die Wände noch so frisch, dass der Beton weiße Spuren an der Bekleidung derjenigen hinterlässt, die sich anlehnen. Daran hatte man gar nicht mehr gedacht bei dieser wohl digitalsten Schule in Deutschland, in der es kein Stück Kreide gibt, keine Tafel, keinen Kopierer, sondern eine Lern-Cloud. Sie haben also auch „nur“ mit Beton gebaut, ansonsten ist alles ziemlich revolutionär an dieser Akademie hinter der spektakulären textilen Fassade. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) kam am Abend zur offiziellen Eröffnung. „Diese Akademie setzt ein Zeichen für die Leistungsfähigkeit der Textilindustrie. Sie steht für eine ganze Branche, die sich aus eigener Kraft immer wieder neu erfindet“, sagte Laschet.

Damit meinte er auch den Umstand, dass es keinerlei Zuschüsse aus staatlichen Kassen für das ambitionierte Projekt am Mönchengladbacher Campus gegeben hatte. „Dies ist ein besonderes Zeichen gesellschaftlichen Engagements“, würdigte Laschet. Es sei vorbildlich für die Ausbildung neuer Fachkräfte. „Sie sind ein Vorbild für ganz Deutschland“, lobte der Ministerpräsident, bevor er nach kurzer Visite mit seiner Frau Susanne zum nächsten Termin (Premiere des Hape-Kerkeling-Films in Essen) entschwand.

  Ministerpräsident Armin Laschet lobte das Engagement der Verbände.

Ministerpräsident Armin Laschet lobte das Engagement der Verbände.

Foto: Jana Bauch

Für Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners ist die Akademie, an der Berufsschüler der Textilbranche aus weiten Teilen Deutschlands unterrichtet werden, ein „Ausrufezeichen für die Stadt und ein Statement für den Textilstandort“. Die Akademie liegt in unmittelbarer Nähe der alten Webschule und der Hochschule Niederrhein. Die textile Vergangenheit präge die Stadt noch immer. „Aber es ist heute eine Hightech-Industrie mit innovativen Textilien.“ Die Akademie werte diesen Standort noch einmal auf.

 Zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft waren bei der offiziellen Eröffnung dabei.

Zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft waren bei der offiziellen Eröffnung dabei.

Foto: Jana Bauch

Den Bauherren hatte sich die Standortfrage gar nicht gestellt. „Für uns war sofort klar, dass es diese Bündelung nur in Mönchengladbach gibt“, sagte Wilfried Holtgrave, Präsident des Verbands der Nordwestdeutschen textil- und Bekleidungsindustrie. Die Akademie sei ein Signal mit Zukunft für eine innovative Branche mit neuem Selbstbewusstsein. Mit der engen Bindung zur Hochschule Niederrhein profitiere die Akademie enorm. Der Textilcampus wächst. „Und ich wünsche mir, dass Mönchengladbach das Silicon Valley unserer Branche wird.“

 Rolf Königs, Ideengeber der Akademie, begrüßt Armin Laschet.

Rolf Königs, Ideengeber der Akademie, begrüßt Armin Laschet.

Foto: Jana Bauch

Die Akademie war auch nötig geworden, weil die Branche arge Nöte in der Ausbildung des Nachwuchses hatte, wie Rolf Königs, Vorsitzender des Verbands der Rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie und maßgeblicher Treiber der Idee von einer Textilakademie, betonte. Dies sei nun vorbei. „Ich sage die Renaissance der Textilindustrie voraus“, sagte Königs. Zuvor hatte die Industrie über die Bundesländer verteilt kaum mehr Klassen für ihre Berufsschüler zusammenbekommen. Anfangs sei sie nur für NRW geplant gewesen, inzwischen kämen die Auszubildenden aus acht Bundesländern. „Es gibt aber 16 Bundesländer, wir haben also noch Ziele“, so Königs. Gebaut werde auch noch: Nebenan entsteht ein Gästehaus für die Azubis, die aus der Ferne anreisen – eine Unterstützung des Landes wenigstens dabei wäre willkommen.

 Schüler des Maria-Lenssen-Berufskollegs zeigten bei einer Modenschau ihre Entwürfe.

Schüler des Maria-Lenssen-Berufskollegs zeigten bei einer Modenschau ihre Entwürfe.

Foto: Jana Bauch

Detlef Braun und Thomas Döring, die Leiter der Akademie, betonten, wie innovativ das Konzept und wie notwendig es für die Branche sei. „Das ist eine wichtige Landmarke, es macht deutlich: So modern ist Textil“, sagte Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes „textil + mode“, die eigens angereist war. Laut Hochschul-Präsident Hans-Hennig von Grünberg werde diese attraktive Lehrstätte der textilen Ausbildung einen Anschub geben. „Und auch für unseren Fachbereich der Textiltechnik ist das ein Imagegewinn.“ Baris Berber (19), Schülersprecher der Textilakademie, ist vor allem vom digitalen Ansatz begeistert: „Mit Smartboards und Notebooks macht es viel mehr Spaß, Hausaufgaben zu machen.“

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