Rückblick Das sind die Menschen des Jahres 2022 in Mönchengladbach

Mönchengladbach · In Mönchengladbach gibt es viele besondere Menschen. Solche, die gerne helfen, die die Stadt besser machen – auf ihre Art. Diese Bürger haben 2022 Großartiges geleistet.

Fünf Frauen und fünf Kinder aus der Ukraine fanden zeitweise ein neues Zuhause bei Familie Dewies. Vier Monate lebten sieben von ihnen im Haus des Mönchengladbacher Ehepaars.

Fünf Frauen und fünf Kinder aus der Ukraine fanden zeitweise ein neues Zuhause bei Familie Dewies. Vier Monate lebten sieben von ihnen im Haus des Mönchengladbacher Ehepaars.

Foto: bauch, jana (jaba)

Familie Dewies nimmt Geflüchtete auf

Ende Februar hatten Natalia Prytula und Svitlana Kashchuk aus der Ukraine zwei Autos vollgepackt. Zu zehnt – mit noch drei weiteren Frauen, drei Kindern und zwei Babys – flüchteten sie aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland. Ein Ziel und eine Adresse hatten sie: Erwin und Larissa Dewies in Mönchengladbach.

Larissa Dewies kommt ursprünglich aus der Ukraine, aus der Stadt Mariupol. Für sie und für ihren Mann stand von Anfang an fest, dass sie Geflüchtete aufnehmen.

Natalia Prytula, Svitlana Kashchuk und fünf Kinder lebten fortan im Haus der Dewies, die anderen drei Frauen wurden von Larissa Dewies’ Sohn aufgenommen. Den Aufenthalt in Mönchengladbach haben die Ukrainerinnen in guter Erinnerung. Sie lobten vor allem die Gastfreundschaft. Das Mönchengladbacher Ehepaar habe versucht, ihnen die schwere Zeit so schön wie möglich zu machen. Dazu gehörten Ausflüge nach Königswinter, Fußballspiele im Borussia-Park und viel gemeinsames Kochen und Essen. Auch die Kinder Vika und Andrii, die eine deutsche Schule besuchten, hatten trotz Sprachbarriere schnell Anschluss gefunden. Die elfjährige Vika hatte sich mit einem Mädchen aus ihrer Parallelklasse angefreundet, das Russisch sprechen konnte. Und auch der zwölfjährige Andrii hatte viele Ausflüge mit seinen Klassenkameraden unternommen.

Vier Monate lebten Natalia Prytula und Svitlana Kashchuk mit ihren Kindern und Enkeln im Haus des Paares in Mönchengladbach. Auf 210 Quadratmetern wurde gemeinsam gebangt, geweint, aber auch gelacht.

Am 25. Juni kehrten die Gäste wieder in ihre Heimat zurück. Die Entscheidung war Prytula und Kashchuk nicht leicht gefallen – denn die Angst, dass sich die Situation in ihrem Land weiter verschlechtern könnte, war groß. Genauso groß war aber auch die Sehnsucht nach den in der Heimat Zurückgelassenen. Nur wenige Wochen nach der Heimkehr eskalierte die Lage dort tatsächlich. Winnyzja, der Heimatort der Ukrainerinnen, wurde von einem Raketenangriff getroffen. 23 Menschen starben, darunter auch drei Kinder. Die Frauen und ihre Familien hatten Glück, alle überlebten. Trotz allem entschieden sich Natalia Prytula und Svitlana Kashchuk zu bleiben.

Das Ehepaar Dewies hätte sie wieder aufgenommen. Seine Hilfsbereitschaft ist sehr groß. Sie unterstützen jetzt andere Geflüchtete.

Endlich Prinzenpaar

 Prinz Stefan I. und Niersia Bianca bei ihrer feierlichen Proklamation am 18. November 2022 in der Kaiser-Friedrich-Halle.

Prinz Stefan I. und Niersia Bianca bei ihrer feierlichen Proklamation am 18. November 2022 in der Kaiser-Friedrich-Halle.

Foto: bauch, jana (jaba)

Sie mussten lange warten. Eineinhalb Jahre waren sie nur „designierte Tollitäten“. Aber am 18. November war es dann endlich so weit: Stefan und Bianca Zimmermanns wurden inthronisiert und regieren jetzt als Prinz Stefan I. und Prinzessin Niersia Bianca die Mönchengladbacher Jecken. Die Proklamation in der Kaiser-Friedrich-Halle war groß, bunt und ließ die Enttäuschung um die richtige, aber einschneidende Absage des Vorjahres fast vergessen.

Für die neue Session ist das Motto um eine Zahl versehen worden: „Gladbach schwebt auf Wolke 7 2.0“ lautet es nun. Und dass auch die Tollitäten auf eben dieser Wolke schweben, zeigt sich bei ihren Auftritten. „Ich nehme mich zurück, Prinzessin Bianca, mein Leben, mein Glück“, versicherte der Prinz in der Antrittsrede, in der das Paar versprach: „Wir werden es mit euch rocken!“

Die beiden Tollitäten (er 50, sie 44 Jahre alt) sind seit ihrer Kindheit im Karneval verwurzelt und Mitglieder der KF Schwarz-Gold Odenkirchen. Sie sind seit 15 Jahren verheiratet und haben zwei Söhne.

Dass sich Krisenzeiten und Karneval feiern nicht ausschließen, da sind sich die närrischen Regenten mit vielen Jecken einig. „Wir wollen Zuversicht und Optimismus ausstrahlen. Es ist so vieles schlimm gerade, da muss man einen positiven Anker setzen“, erklärte Stefan Zimmermanns. Und Bianca Zimmermanns sagte: „Freud und Leid gehören zusammen. Es steht ja schon in der Bibel geschrieben, dass man feiern soll in schweren Zeiten. Das ist wichtig für den Zusammenhalt.“

Maksim Miller löscht das Feuer im Hochhaus

Mit seinem Eingreifen hat Maksim Miller Schlimmeres verhindert.

Mit seinem Eingreifen hat Maksim Miller Schlimmeres verhindert.

Foto: Carsten Pfarr

Als am Abend des 21. Februar ein Feuer in einem Hochhaus an der Karlstraße ausbricht, reagieren mehrere Anwohner blitzschnell – unter ihnen der Familienvater Maksim Miller. Er war gerade auf dem Weg zur Nachtschicht und stand auf dem Parkplatz, als er Hilferufe aus dem fünften Obergeschoss hörte. Er rannte die Treppe hinauf, wo ihm im Flur schwarzer Rauch entgegenschlug. Also rollte er den langen Schlauch des Wandhydranten aus. Zusammen mit weiteren Bewohnern löscht er das Feuer, das vorsätzlich gelegt worden war. Ein 58-Jähriger ist dafür schuldig gesprochen worden. Maksim Miller hat einen großen Anteil daran, dass nichts Schlimmeres passiert- und niemand gestorben ist.

Sie sorgt für Schelsens sexy Exportschlager

Mira Mikosch kreierte die Schelsirelli-Kalender.

Mira Mikosch kreierte die Schelsirelli-Kalender.

Foto: Sinja Hemke

Ihre Fotokalender sind Kult. Sie machen nicht nur gute Laune, sie dienen auch einem guten Zweck. Mira Mikosch, Fotografin aus Schelsen, hatte schon viele Menschen vor der Linse. Auf die Idee der Schelsirelli-Kalender kam sie in einer Autowerkstatt. Dort hing ein Kalender einer bekannten Reifenfirma mit Pin-up-Girls. „Warum gibt es das eigentlich immer nur mit Frauen?“, dachte sie. „Das muss doch auch mit Männern möglich sein.“ Die Models fand sie im eigenen Ort. Der Schelsirelli-Kalender 2021 mit seinen schönen und amüsanten Fotos von Männern, die viel Haut zeigen, kam so gut an, dass auch die Frauen sich trauten. Und so gab es im darauffolgenden Jahr zwölf Seiten mit Schelsenerinnen. Die meisten davon sind Ehepartner der Vorjahres-Models.

Mittlerweile ist der Schelsirelli-Kalender Nummer drei auf dem Markt. Dieses Mal zogen Seniorinnen und Senioren vor Mira Mikosch blank. Auch in diesem Fall hatte die Schelsenerin keine Probleme, die passenden Fotomodelle zu finden. Im Gegenteil: Ein paar Bewerber mussten leider abgelehnt werden. Entstanden ist ein origineller Kalender 2023, der auf zwölf Seiten heitere, mutige und sexy „Ü60-Menschen“ zeigt. Verkauft wird er wieder für einen guten Zweck.

Mehr Infos gibt es unter www.miramikosch.com/shop

Der Jubel des Bezirkskönigs

Beim Stadtschützenfest ruft der neue Bezirkskönig Marc Winkens seine riesige Freude heraus – einer der emotionalsten Momente des Jahres.

Beim Stadtschützenfest ruft der neue Bezirkskönig Marc Winkens seine riesige Freude heraus – einer der emotionalsten Momente des Jahres.

Foto: Andreas Gruhn

Beim Stadtschützenfst Anfang September ereignet sich einer der emotionalsten Momente des Jahres: Als Marc Winkens den Holzvogel mit dem 86. Schuss erledigt, dauert es nur ein paar Sekundenbruchteile, da schreiht der 35-Jährige seine Freude heraus. Winkens ist nicht mehr zu halten, läuft mit weit aufgerissenen Augen zu seiner Familie, zu seinen Schützenfreunden. „Jaaaaaaa, Mannnnnn!“ entweicht es ihm und seinen Freunden, als sich eine jubelnde Menschentraube um ihn schließt. Marc Winkens ist neuer Bezirkskönig der Schützen in Mönchengladbach, Rheydt und Korschenbroich. „Fantastisch, das lässt uns hoffen auf eine wunderbare Amtszeit“, sagte Bezirksbundesmeister Horst Thoren.

Winkens, König der St. Konrad Bruderschaft Ohler-Ohlerfeld, setzt sich gegen sieben Mitbewerber durch. Zwei von ihnen sind nun seine Minister: Udo Nösen (61), König der St. Michael Bruderschaft Holt, und Christoph Fels (42), König der St. Barbara Bruderschaft Neuwerk. Winkens ist überwältigt: „König im Dorf zu sein ist schon extrem groß, aber Bezirkskönig ist der Wahnsinn.“ Die Bruderschaft feiert ihren König genauso, wie dessen Familie es auch tut.

Und tags darauf dann auch die ganze Stadt: Tausende Schützen und Musikanten sind in sieben Regimentern angetreten zur Parade, die Winkens abnimmt – assistiert von Sonnenkönig Ludwig XIV. (Michael Schroeren), der zu seinen Füßen auf einem goldenen Sessel in Ermangelung eines Throns Platz nimmt.

Mutter bringt ihr Kind alleine zur Welt

 Die Schelsenerin Janina Buchloh mit ihrem Baby Emily.

Die Schelsenerin Janina Buchloh mit ihrem Baby Emily.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Janina Buchloh wird den 12. Juli 2022 niemals vergessen. Es ist der Tag, an dem die 33-Jährige ganz alleine ihre Tochter Emily zur Welt bringen muss. Und das, obwohl sie sich bereits im Krankenhaus befindet, Ärzte und Schwestern nicht weit entfernt sind. Buchloh hatte sich bei der Geburt ihres ersten Kindes 2018 im Elisabeth-Krankenhaus gut aufgehoben gefühlt und wollte auch ihr zweites Kind dort bekommen.

Hochschwanger wird sie am 12. Juli im „Eli“ aufgenommen. Die Schelsenerin ist aufgrund von Diabetes und Bluthochdruck Risikopatientin, daher muss die Geburt vorzeitig eingeleitet werden. Die Wehen setzen zunächst unregelmäßig ein. Buchloh wird von Schwestern betreut, doch im entscheidenden Moment ist niemand für sie da. Die 33-Jährige ist allein auf dem Zimmer, als ihre Tochter zur Welt kommt.

Ein Sprecher des „Eli“ teilte unserer Redaktion mit, dass die Klinik ihrem „Anspruch an eine fachlich und menschlich bestmögliche Versorgung in diesem Fall nicht vollumfänglich gerecht werden konnte.“ Die Personalsituation am Tag von Emilys Geburt sei „sehr angespannt“ gewesen. Das Mädchen ist zum Glück gesund zur Welt gekommen. Buchloh steht nach der Geburt aber unter Schock.

Jüdische Gemeinde wird zur Anlaufstelle für Geflüchtete

Leah Floh ist die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde.

Leah Floh ist die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde.

Foto: bauch, jana (jaba)

Als in der Ukraine Ende Februar der russische Angriffskrieg ausbricht, handelt die Jüdische Gemeinde in Mönchengladbach schnell: Binnen weniger Tage wird die Gemeinde an der Albertusstraße zur ersten Anlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine. Und das spricht sich herum, auch die Polizei schickt Ankömmlinge in der Stadt, etwa am Bahnhof, direkt zum Gemeindezentrum im Gründerzeitviertel. Leah Floh, die Vorsitzende der Gemeinde, beginnt zu organisieren. Es wird gekocht, Gemeindemitglieder sammeln Spenden, Kleidung, Pampers, Nahrung, andere kaufen Decken, Kissen und Handtücher dazu. Medizinische Hilfe wird hier vor Ort organisiert, aber auch wichtige Hilfsgüter gesammelt und mit Bussen in die Ukraine gefahren. Die Polizei verstärkt den Objektschutz am Gemeindezentrum.

Gemeindemitglieder, von denen viele ukrainische Wurzeln und Verwandte haben und Freunde melden sich, die Geflüchteten aufnehmen zu wollen. Bis Anfang Mai werden so in der Jüdischen Gemeinde 1500 Menschen aus der Ukraine versorgt. Innerhalb kurzer Zeit wird auch die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung aufgebaut, die in der Folge Geflüchtete in städtischen Einrichtungen unterbringt.

(angr/gap/cwe/capf)
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