Mönchengladbach Die Schatzsucher aus Rheindahlen

Mönchengladbach · Voriges Jahr haben sie aus einem Acker einen sensationellen Schatz gehoben. Mathias Budicki und Marcel Spreyer sind für den Landschaftsverband mit ihren Metalldetektoren unterwegs.

 Marcel Spreyer und Mathias Budzicki (v.l.) demonstrieren am Rand eines Ackers zwischen Rheindahlen und Koch, wie sie bei ihrer Arbeit vorgehen.

Marcel Spreyer und Mathias Budzicki (v.l.) demonstrieren am Rand eines Ackers zwischen Rheindahlen und Koch, wie sie bei ihrer Arbeit vorgehen.

Foto: Jürgen Körting/Jurgen Korting

Vor acht Jahren hat Mathias Budzicki sich einen Metalldetektor gekauft, ein Einsteigergerät. Damit ist er auf den Äckern rund um Rheindahlen rumgelaufen. „Ziemlich planlos“, wie er zugibt. Dann traf er Marcel Spreyer. Und der nahm sich den Neuling erst mal zur Brust. „Ich habe ihm gesagt, dass er nicht einfach so loslegen darf“, sagt Spreyer. Der war zu dieser Zeit nämlich schon vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) zertifizierter Sondengänger. Und nur solche legalen Schatzsucher haben die Erlaubnis, nach Münzen, Scherben und anderen Relikten aus der Vorzeit zu suchen.

Mathias Budzicki akzeptierte die Zurechtweisung, ließ sich ebenfalls zertifizieren, und zwischen ihm und Marcel Spreyer entstand eine Freundschaft. Wenn die Landwirte ihre Felder abgeerntet haben, sind die beiden mindestens zweimal in der Woche auf den Äckern unterwegs, sie machen inzwischen sogar gemeinsam Urlaub.

 Das Foto zeigt einen Teil des Münzfundes, den die beiden Schatzsucher im vergangenen Herbst auf einem Kartoffelacker bei Rheindahlen gemacht haben.

Das Foto zeigt einen Teil des Münzfundes, den die beiden Schatzsucher im vergangenen Herbst auf einem Kartoffelacker bei Rheindahlen gemacht haben.

Foto: Lothar Kornblum, LVR-LandesMuseum Bonn

Ihr Interesse an der kulturellen Entwickelung der Menschen in der Vorzeit ist grenzenlos. „Eigentlich wollten wir beide Archäologen werde“, sagen Budziki und Spreyer. Daraus wurde nichts, aber sie bildeten sich selbst weiter, wissen enorm viel über die früheren Zeiten und die Menschen, die in der geschichtsträchtigen Region um Rheindahlen gelebt haben. „Das ist die Voraussetzung für unsere Arbeit“, sagen sie. „Wir müssen wissen, wer wann an diesem Ort gelebt hat, und wir müssen unsere Funde zuordnen können.“

Im Herbst vergangenen Jahres haben sie einen sensationellen Schatz gehoben. „Wir waren auf einem Kartoffelacker unterwegs, ich suchte am Rand, Mathias ging ein paar Schritte weiter ins Feld rein“, sagt Marcel Spreyer. Und dann schlug der Detektor des Freundes an. An diesem Tag fanden die beiden 140 Kupfermünzen mit Abbildungen der römischen Kaiser Arcadius und Honorius. „Wir haben den Fund sofort gemeldet, und schon am nächsten Tag kamen die Archäologen vom LVR nach Rheindahlen“, berichten die beiden. Sie suchten weiter, und am Ende waren es mehr als 1200 Münzen aus spätrömischer Zeit. Außerdem entdeckten sie eine Statuette des Gottes Merkur und zwei Scherben aus handgefertigten Gefäßen.

 Auch diese Merkus-Statuette fanden die beiden.

Auch diese Merkus-Statuette fanden die beiden.

Foto: Lothar Kornblum, LVR-LandesMuseum Bonn

Die Archäologen erweiterten damals die Ausgrabungsstelle, und da zeigten sich Pfostenlöcher im Boden, die darauf hinwiesen, dass an dieser Stelle einmal ein Haus gestanden hatte. Die Sensation war perfekt. „Wir hatten den Beweis erbracht, dass es im Rheindahlener Land zu dieser Zeit, also um 400 nach Christus, noch eine spätrömische Siedlung gab – mit Menschen, die ihre Spuren hinterlassen haben“, sagen Budicki und Spreyer. Damit hatten sie die These widerlegt, dass die Römer weiter gewandert waren und danach kein Mensch mehr an dieser Stelle lebte. Der beachtliche Fund ging an das Landesmuseum nach Bonn, wo er heute zu bewundern ist.

Solche Wahnsinnsfunde gibt es nur selten. „Meistens entdecken wir kleinere Dinge.“ Neulich etwa ein Metallei, in dem ein Stoffrest eingeschlossen war. „Das haben wir gefunden, als wir das Ei aufgedreht hatten.“ Solche Tücher wurden mit Rosenwasser getränkt und bei Wallfahrten zum Gebet über die Hände gelegt. Die Funde werden inventarisiert, und Kleinigkeiten dürfen die beiden Schatzsucher behalten. „Der materielle Wert ist in der Regel nicht hoch“, sagen sie. Es gehe ihnen immer ausschließlich um den wissenschaftlichen Aspekt.

Inzwischen melden sich die Landwirte bei den Hobby-Archäologen, wenn sie etwas auf ihren Feldern entdecken. „Wir kennen in der Gegend alle Bauern und sprechen uns immer mit ihnen ab, bevor wir auf ihre Felder gehen.“ Manchmal finden Marcel Spreyer und Mathias Budzicki Zivilisationsmüll in den Äckern. Den entsorgen sie fachgerecht, das gehöre sich so. „Die Kommunikation mit den Bauern ist total wichtig. Wir dürfen ihre Felder absuchen, und sie profitieren davon, wenn wir Schrott in der Erde finden und wegbringen.“

Eindringlich warnen sie andere, nicht lizensierte Schatzsucher davor, sich auf eigene Faust auf Entdeckungsgänge zu begeben. Ihnen drohen empfindliche Strafen.

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