Loriot-Klassiker in Mönchengladbach Zwei Stunden Auszeit

Mönchengladbach · Mit seinem Loriot-Abend in der Red Box spielte sich das Ensemble des Leipziger Kabaretts Pfeffermühle in die Herzen des Publikums.

 Schauspieler des Leipiger Kabarrets Pfeffermühle brachten Slapstick-Klassiker auf die Bühne.

Schauspieler des Leipiger Kabarrets Pfeffermühle brachten Slapstick-Klassiker auf die Bühne.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Wunderbare Anfangsszene im monumentalen Gladbacher Kleinkunsttempel Red Box: Die fünfköpfige Schauspieltruppe stellte – den voll besetzten Stuhlreihen zugewandt – ein Konzertpublikum in freudiger Erwartung eines sogleich beginnenden Schubert-Abends dar. Daraus entwickelte sich einer der vielen Slapstick-Klassiker Loriots – inklusive des notorischen Bonbons, das, unter allerlei Verrenkungen, aus prallem Dekolleté wieder heraus kapriziert werden will.

Trotz Maskenpflicht beunruhigend war es, nach langen Monaten des Abstandhaltens unvermittelt wieder im direkten Körperkontakt nebeneinander zu sitzen. Mit Armfreiheit wie in der Touristenklasse im Flieger. Auch wenn die aktuellen Bestimmungen derlei wieder hergeben und sie nach langer Durststrecke auf die Einnahmen mehr denn je angewiesen sind: Man hätte sich seitens der Veranstalter gewünscht, zugunsten mindestens kleiner Abstände zwischen den lose aufgestellten Stühlen auf einen geringen Teil der Kartenverkäufe zu verzichten.

Auf der Bühne gestalteten die Leipziger Vollblut-Mimen eine humoristische Zeitreise in die 1970er-Jahre. Die zwei Stunden Auszeit von einer aktuell zusehendes aus den Fugen geratenden Welt nahm ein dankbares Publikum gerne in Anspruch. Manche Gags, wie die Persiflage auf einen Fernseh-Werbespot, konnten sich nur jenen erschließen, die selbst mit Rudi-Carell-Show und Wim Thoelke groß geworden sind. Den belehrenden Duktus, den Loriot hier auf die Schippe nimmt, haben sich die Werbetreibenden der Gegenwart zum Glück längst abgewöhnt.

Andere Humor-Edelsteine aus der Loriotschen Gag-Diamantenmine entfachen auch heute noch zeitlosen Glanz. Etwa der Ausbruch existenziellen Elends beim Ehepaar, dessen TV-Gerät plötzlich den Geist aufgibt. Dessen Verzweiflung wirkte wie eine prophetische Vorahnung dessen, was passiert, wenn heutzutage WLAN oder Mobilfunknetz versagen: Da muss man sich am Ende noch miteinander unterhalten! In dieser Szene überzeugten einmal mehr die beiden Stärksten in einem tollen Ensemble: Rebekka Köbernick als erotisch unterforderte Hausfrau und Hans-Jürgen Silbermann mit brachialer Bühnenpräsenz.

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