Kolumne Mensch Gladbach Wir müssen mal reden

Mönchengladbach · Kunterbunte Klimaaktivisten diskutieren mit konservativen CDU-Politikern. Es waren ungewohnte Szenen vor dem Rathaus. Überzeugen konnte man sich gegenseitig nicht. Aber es war ein Anfang.

 Bei der Demonstration vor dem Rathaus: Ralph Kettler (3. v.l.), Anmelder der Demo und Antragsteller zur Ausrufung des Klimanotstands, im Gespräch mit Martin Heinen (CDU). Mit dabei weitere Politiker der CDU (links), der SPD (rechts) und der Grünen (Mitte).

Bei der Demonstration vor dem Rathaus: Ralph Kettler (3. v.l.), Anmelder der Demo und Antragsteller zur Ausrufung des Klimanotstands, im Gespräch mit Martin Heinen (CDU). Mit dabei weitere Politiker der CDU (links), der SPD (rechts) und der Grünen (Mitte).

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Mit der Kommunikation ist das ja so eine Sache. Wer sendet, kann nur bedingt kontrollieren, was wirklich beim Empfänger ankommt. Deshalb pflegen manche eher das Selbstgespräch. Oder reden nur mit Gleichgesinnten. Angenehm ist beides, weil es nur selten zu Konflikten führt und man im Idealfall in seiner Meinung bestätigt wird. Nachteil: Der Blick schweift nicht über den Tellerrand, wo möglicherweise aber die besseren Lösungen oder die wahren Befindlichkeiten liegen. Auch Politiker erliegen dem, selbst wenn sie in Sonntagsreden die hohe Bedeutung des Dialogs preisen. Sich anderen Meinungen stellen, argumentieren, die eigene Position erklären und verteidigen – das ist mühsam.

Deshalb war bemerkenswert, was am Mittwoch auf dem Rheydter Marktplatz geschah: Vor der Sitzung des Umweltausschusses versammelten sich Klimaschützer zur Demonstration. Anlass war die anstehende Entscheidung über den Antrag eines Bürgers, in Mönchengladbach den Klimanotstand auszurufen, wie es viele andere Städte in Nordrhein-Westfalen gemacht haben. Bereits im Vorfeld positionierten sich die Parteien: SPD, Grüne und Linke dafür, CDU und FDP dagegen.

Neu war diesmal, dass die CDU-Politiker nicht wortlos an den andersdenkenden Demonstrierenden vorbei ins Rathaus liefen, sondern sich in die Menge stellten, diskutierten, zuhörten. Die einen zögerlich, am Rand stehend, die anderen offensiv, mittendrin. Inhaltlich näherten sich beide Seiten nicht an. Mit einer Stimme brachte es Schwarz-Gelb später im Fachgremium auf eine Mehrheit und lehnte den Klimanotstand ab. Ob damit das richtige Signal aus Mönchengladbach gesendet wird, ist eine andere Frage. Ein Schritt zu mehr Bürgernähe war jedenfalls gemacht.

Dass das gute Abschneiden der Grünen bei der Europawahl und der Blick auf die Kommunalwahl 2020 dabei eine Rolle spielen, ist wahrscheinlich und politisches Geschäft. Vermutlich hat die CDU auch aus dem Fall Haus Erholung Lehren gezogen. Das markante Denkmal auf dem Abteiberg sollte für eine Hotel- und Kongressnutzung verkauft werden. Grüne, FDP und Linke stemmten sich dagegen, ein Bürgerbegehren wurde organisiert. Eine offensive Diskussion mit den Kritikern fand nicht statt, man nahm sie zu lange nicht ernst, unterschätzte ihren langen Atem und erkannte die Höhe der Protestwelle nicht. Der Verkauf wurde abgeblasen.

Jetzt also reden und zuhören. Wenn auch noch nicht mit vollem Herzen. So durften die Klimaaktivisten den Umweltausschuss zwar auf Augenhöhe mit den Politikern im Ratssaal verfolgen, mussten aber Geduld mitbringen: Erst nach zwei Stunden und vielen Verwaltungsvorträgen kam das eigentliche Thema dran. Die Reihen im Publikum hatten sich da schon gelichtet. Bürgernah wäre gewesen, besagte Tagesordnungspunkte an den Anfang zu setzen.

Wir halten es da ja eher mit dem Dichter Wilhelm Raabe: „Wer mit mir reden will, der darf nicht bloß seine eigene Meinung hören wollen.“ In diesem Sinne: Ein bereicherndes Wochenende!

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