Kolumne Mensch Gladbach Die warmherzige Stadt

Mönchengladbach · Eine Quote für bezahlbaren Wohnraum. Flaschenringe für Pfandsammler. Zweite Chancen für Abgehängte. Mönchengladbach darf die soziale Kernkompetenz nicht aus dem Blick verlieren.

 Ringe für Pfandflaschen an Abfalleimern – wie diese in Dormagen – soll es in Mönchengladbach nicht geben.

Ringe für Pfandflaschen an Abfalleimern – wie diese in Dormagen – soll es in Mönchengladbach nicht geben.

Foto: Stadt Düsseldorf

Wenn es darum geht, jenen am Rand der Gesellschaft, den Armen, den Bildungsfernen zu helfen, dann sind in Mönchengladbach immer und sofort Menschen zu Stelle. Das soziale Engagement, das gemeinsame Anpacken, wenn es notwendig wird, ist quasi ein Markenzeichen unserer Stadt. Das ist so selbstverständlich, dass es den Mönchengladbachern selbst oft gar nicht auffällt.

Nach tiefen Krisenjahren ist seit einiger Zeit ein Aufwind zu spüren: Eicken ist mit dem Gründerzeitviertel erblüht, mit Fördergeldern wurde der Rheydter Marktplatz umgebaut, die Aufwertung der Gladbacher City soll folgen. Es entstehen neue Wohngebiete, Brachen werden zu Bauland. Unternehmen siedeln sich an. Die Stadt wird immer sauberer und lebenswerter. Es läuft gut.

Doch längst ist noch nicht alles gut. Die Stadt hat ein Armutsproblem. Fast jedes dritte Kind lebt von Hartz IV. Die Zahl der Leistungsempfänger insgesamt liegt mit mehr als 17 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt. Es gibt zu viele Menschen, die zwar arbeiten, deren Lohn aber so gering ist, dass sie mit Hartz IV aufstocken müssen. Die Mieten steigen, die Zahl der sozial geförderten Wohnungen sinkt. Hinzu kommt ein zu hoher Anteil an Langzeitarbeitslosen und an Menschen ohne festen Wohnsitz.

Das kann man nicht hinnehmen. Und wer denkt, die Probleme ließen sich jenseits der Stadtgrenzen auslagern, indem in Mönchengladbach die Konditionen für die Betroffenen verschlechtert werden, während man einkommensstärkere Zielgruppen anlockt, erliegt einem Wunschtraum. Der wurde einst auch in Düsseldorf geträumt. Ein Teil des dort chronisch herrschenden Mangels an bezahlbarem Wohnraum resultiert aus dieser Zeit. 

Was kann Mönchengladbach daraus lernen? Die Formel ist simpel: Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Selbstverständlich sollen hochwertige Häuser und Wohnungen entstehen, damit es auch für gehobene Einkommensschichten attraktiv bleibt, hier zu leben. Aber es müssen auch preiswerte Wohnungen entstehen. Nicht nur für Hartz-IV-Empfänger, sondern auch für Menschen mit niedrigen Einkommen, die aber als Fachkräfte dringend benötigt werden. Eine verbindliche Quote, gegen die sich die Entscheider im Rathaus noch sperren, kann da helfen.

Langzeitarbeitslose wieder in den Job zu bringen, ist nicht nur Sache von Volksverein und Arbeitsagentur. Nötig sind auch Unternehmer, die sich der sozialen Aufgabe stellen. Die gibt es, aber noch zu wenig.

Warmherzig kann sich die Stadt auch in kleinen Dingen zeigen: Weshalb sollen denn nicht Ringe für leere Pfandflaschen an Glascontainer hängen? Argumente dagegen gibt es immer. Aber ist es nicht schlimmer, wenn Menschen, die sich durch die Pfandrückgabe ein paar Euro ergattern, in Abfalleimern oder Containern wühlen müssen? Es ist eine Frage der Haltung.  Eine für alle verträgliche Lösung findet sich immer.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein sozial unbedingt intaktes und vor allem warmherziges Wochenende!

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