Kolumne Corgi James Einmal waschen und legen

Mönchengladbach · Der Corona-bedingte Lockdown hat auch bei den Vierbeinern zum haarigen Wildwuchs geführt. Für Corgi James war es nun an der Zeit, die dichte Unterwolle und das feste, rötliche Deckhaar abzulegen. Es war kein Vergnügen.

 Zum Fellwechsel wird Corgi James gebadet, um danach gründlich ausgebürstet zu werden. Das Ritual in der Dusche empfindet der wasserscheue Hund als Zumutung.

Zum Fellwechsel wird Corgi James gebadet, um danach gründlich ausgebürstet zu werden. Das Ritual in der Dusche empfindet der wasserscheue Hund als Zumutung.

Foto: Susanne Jordans

Als die Friseursalons für Menschen nach dem Lockdown wieder öffnen durften, verspürte ich einen süßen Schauer von Schadenfreude. Endlich bekommen die Aufrechtgehenden auch mal was auf die Mütze! Aber nein, voller Vorfreude stürzten sie sich zu den Farbtuben und Scheren. Meine Besitzerin hatte schon zwei Wochen vor der Wiedereröffnung einen Termin bei ihrem Stylisten gebucht – und war glücklich. Als der große Tag dann da war, ging sie extra pünktlich los, ganz so, als könne sie es kaum noch erwarten.

Corgis haaren von Januar bis Juni, und dann nochmal von Juli bis Dezember. Das bedeutet: Einmal die Woche werde ich zu meinem Leidwesen auf den Frisiertisch gehievt, gekämmt und gebürstet. Alle paar Wochen kommt die Pfotenpflege dazu. Soweit die ohnehin schon schwer zu ertragende Routine.

Der Pflegeprogramm-Supergau erwartet mich je nach Witterung im April oder Mai. Dann lege ich meine dichte Unterwolle und das feste, rötliche Deckhaar ab. Beides zusammen funktioniert wie eine Heizung, die vor Kälte und Nässe schützt. Die Heizung muss der Klimaanlage Platz machen. So hat es Mutter Natur für die wärmeren Tage entworfen: Die neue, feine Unterwolle und mein helleres, leichtes Deckhaar sorgen für Kühlung bis in den Oktober hinein. Corgis werden nur gekämmt und gebürstet. Würde man sie trimmen oder scheren, bekämen sie nicht nur Sonnenbrand, sondern hätten höheren Temperaturen auch nichts entgegenzusetzen.

„Das Winterfell muss raus“, sagt meine Besitzerin am 15. Mai mit einer Gelassenheit, die von Unheil erzählt. Und tatsächlich: Hundeshampoo und Hundebademantel werden herausgekramt, Hundebadetücher im Bad vor der Dusche ausgebreitet. Die kleine blaue Box, die auch immer auf dem Frisiertisch eine tragende Rolle spielt, wird mit meinen Lieblings-Leckerlis aufgefüllt. Dabei landen immer verdächtig viele Leckerlis in der blauen Box, wenn zuvor das Hundeshampoo ins Spiel kommt.

Ich gehe in meine Rückzugsecke. Keine Chance. „Jamie, baden.“ Zwei Worte, ein Peitschenhieb. Ich bin extrem wasserscheu. Ich hasse Regen, umrunde Pfützen grundsätzlich, kneife die Augen zusammen, wenn sich ein anderer Hund in meiner Nähe sein nasses Fell schüttelt.

Im Fellwechsel aber gibt es kein Entrinnen vor dem Nass – nur nach vorherigem Bad löst sich die Wolle und kann gründlich ausgebürstet werden. Ich werde in die Dusche geschleift, wo drohend das lauwarme Wasser aus der Brause gurgelt. Es erreicht mich, braucht ein paar Minuten, bis es durchs Deckhaar dringt, dann wird meine Unterwolle nass, und letztlich die Haut. Meine Augen verfärben sich panikblau. Shampoo wird aufgetragen, eingearbeitet, überall, auch an Brust, Bauch, Beinen und Po. Die Unterbodenwäsche empfinde ich als ungeheuerlichen Angriff auf meine Intimsphäre. Der Kopf wird immerhin bis auf wenige feuchte Handgriffe ausgespart. Ausgiebig abduschen, in meinen Bademantel gewickelt, und aus. Das Ganze hat nur eine Viertelstunde gedauert, aber für mich war es ein ganzes Zeitalter.

Zwei Tage später. Ab auf den Tisch. So setzt sich das Puzzle des Grauens zusammen: Spezialkamm und -bürsten, Schere, Feinrasierer und elektrische Krallenfeile. Und natürlich die blaue Box. Wollbausch für Wollbausch verabschiedet sich, dazu Tausende Deckhaare. Aus der Menge könnte man mit etwas Geschick einen zweiten Corgi nachformen. Jetzt sind die Pfoten an der Reihe.

Corgis benehmen sich bei der Pfotenpflege so, als ob sie amputiert würden. Ich leide still. Mit Schere und Rasierer wird der Wildwuchs zwischen den Ballen entfernt. Dann ist zum großen Finale die Krallenfeile dran. Stufe eins, dann zwei, dann drei. Immer durchdringender pfeift die Feile ihr giftiges Lied. Doch irgendwann ist endlich alles vorbei. Es soll heiß werden in den nächsten Tagen.

Es grüßt euch der charmanteste Corgi vom linken Niederrhein, euer James.

Unsere Autorin Susanne Jordans schreibt in dieser Kolumne aus Sicht ihres Hundes.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort