Sinfoniker auf Altstadt-Tour Kneipe statt Konzertsaal

Mönchengladbach · Die Niederrheinischen Sinfoniker spielten erstmals an verschiedenen Orten in der Altstadt auf – eine gelungene Premiere. Die Fortsetzung soll 2019 folgen.

 „Vivaldi und Wacholder“ führte das Orchester auch ins Restaurant Frenzen. Das Publikum zog mit.

„Vivaldi und Wacholder“ führte das Orchester auch ins Restaurant Frenzen. Das Publikum zog mit.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Dicht gedrängt stehen die Besucher im St. Vith. Einige Gäste setzen sich bei ihren Freunden auf den Schoß, andere drehen ihre Stühle von den Esstischen weg, um sich dem Holzbläserquintett Nr. 5 der Niederrheinischen Sinfoniker zuzuwenden. Das sitzt in einer Nische in dem urigen Gasthaus und intoniert Gioacchino Rossinis Ouvertüre zu „Der Barbier von Sevilla“.

Smartphones werden gezückt und Bilder und Videos aufgenommen. Die Luft ist heiß und stickig, der Kneipenbetrieb geht weiter, Kellner servieren Biergläser, besonders im vorderen Bereich des St. Vith unterhalten sich Gäste. Es ist Samstagabend, und es ist Zeit für „Vivaldi und Wacholder“. Jeweils zur vollen Stunde für jeweils eine halbe Stunde erklingt außer im St. Vith noch im Cefé Köntges, im Graefen & König, im Restaurant Frenzen und in der Trattoria Maccharoni Klassik. Dazu gibt es Gin, wobei jeder Spielort Gin nach einer eigenen Rezeptur anbietet.

 Im Gastraum klirren die Biergläser, im Gewölbe gibt es Klassik: die Niederrheinischen Sinfoniker im St. Vith.

Im Gastraum klirren die Biergläser, im Gewölbe gibt es Klassik: die Niederrheinischen Sinfoniker im St. Vith.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Die Geigerinnen und die Cellistin, die in der hell erleuchteten Trattoria Maccharoni spielen, können Altstadtbesucher schon von draußen sehen. Auch sie spielen vor voll besetzten Tischen. Wer keinen Tisch mehr ergattern konnte oder schon nach kurzer Zeit zum nächsten Konzert weiter will, bleibt im Eingangsbereich des Restaurants stehen. Auch hier wird es schnell eng, doch es schafft immerhin jeder noch, seine Fotos mit dem Smartphone aufzunehmen.

 Wer beim Auftritt im Café Köntges drinnen keinen Platz mehr ergattern konnte, hörte einfach draußen auf der Waldhausener Straße mit.

Wer beim Auftritt im Café Köntges drinnen keinen Platz mehr ergattern konnte, hörte einfach draußen auf der Waldhausener Straße mit.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Das Köntges ist gegen 21.15 Uhr überfüllt, die Schlange vor dem alten Holztresen reicht bis an die Tür. Hier spielt ein Trio Harfe, Oboe und Horn. Richard Wagners „Dir Töne Lob“ aus der Oper „Tannhäuser“ ist ebenso zu hören wie „Siciliana“ aus der Oper „Cavalleria rusticana“ oder auch das mexikanische Volkslied „Adiós“.

Auf der Waldhausener Straße stehen Besucher von „Vivaldi und Wacholder“, manche mit einem Glas Wein in der Hand, und verfolgen das Konzert durch das Schaufenster mit. Sie können zwar die Musiker nur von hinten sehen, doch dem Musikgenuss tut dies keinen Abbruch, zumal das linke Schaufenster, hinter dem das Trio auftritt, das einzige Fenster im Köntges ist, das noch einfach verglast ist. Man hört die Musik sehr gut.

Wer sich anschließend in Richtung Graefen & König aufmacht, kommt an einem Stand der Niederrheinischen Sinfoniker vorbei. Dort ist auch die Konzertdramaturgin und -pädagogin Eva Ziegelhöfer zu finden, bei der Interessierte Antworten auf Fragen bekommen. Auch dieser Infostand mit seinen Orchestermotiven bildet den Kontrast zum Altstadttreiben, aus dem der Abend seine Magie gewinnt. Wird es „Vivaldi und Wacholder“ auch im nächsten Jahr geben?  Ziegelhöfer bejaht: „Es soll nun einmal im Jahr stattfinden. Wir warten noch ab, was Publikum und Gastronomen sich wünschen.“

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