Redaktionsgespräch mit Julia Kasten „Museum muss Spaß machen“

Mönchengladbach · Julia Kasten, neue Sprecherin der MG Artfriends, über ihre ersten Führungen und warum sie Nussecken und Sekt im Museum gut findet.

 Julia Kasten ist die neue Sprecherin der MG Artfriends.

Julia Kasten ist die neue Sprecherin der MG Artfriends.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Sie sind die Neue bei den MG Artfriends, dem jungen Museumsverein. Erzählen Sie ein bisschen von sich: Wo kommen Sie her, wo wollen Sie hin?

Kasten Ich bin 24 Jahre alt, in Köln geboren, in Bonn aufgewachsen. Ich habe Kunst- und Politikwissenschaften in Düsseldorf studiert, bin dann für ein Semester nach Freiburg gegangen, aber es hat mich wieder ins Rheinland zurückgezogen. Jetzt studiere ich in Aachen Politikwissenschaften im Masterstudiengang.

Und was verbindet Sie mit Mönchengladbach? Wie ist der Kontakt zum Museum entstanden?

Kasten Meine Familie kommt aus Mönchengladbach, genauer gesagt aus Giesenkirchen. Ich war als Kind dort oft bei meiner Oma. Aber zum Museum Abteiberg hatte ich damals keinen Bezug. Ich habe in einem Vortrag in Düsseldorf sehr viel Positives über das Museum gehört und beschlossen, mich dort um einen Nebenjob zu bewerben. Ich war noch nie dort gewesen, hatte keine Ahnung von der Sammlung, aber ich wusste, dass ich etwas in der Kunst- und Kulturszene machen wollte. Einen Tag bevor ich in den Urlaub fahren wollte, habe ich dort angerufen, bin noch am selben Tag hingefahren, habe mich mit Uwe Riedel, dem Museumspädagogen, getroffen und mich umgeschaut. Ich fand es toll. Und seitdem mache ich dort Führungen.

Was fasziniert Sie an diesem Museum?

Kasten Die Architektur hat mich gepackt. Es ist ein großartiger Bau. Und durch die Führungen konnte ich die Sammlung sehr gut kennenlernen.

Können Sie sich noch an Ihre erste Führung erinnern?

Kasten Ja, klar. Mir lagen mindestens 20 Seiten Text vor und ich wollte jedes Detail einbauen. Ich hatte sogar Karten als mentale Stütze dabei. Aber Karten sind wirklich nicht nötig. Im Museum kann man wunderbare Erzählstränge aufbauen und Geschichten erzählen. Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass man die befreundeten Künstler in einen Zusammenhang rücken kann oder auch Lehrer und Schüler. Bei Beuys funktioniert das zum Beispiel gut.

Gibt es Themen-Führungen, die Sie besonders lieben?

Kasten Führungen zu Konstruktivismus, Konzeptkunst und Algorithmen machen Spaß. Das sind Themen, mit denen die meisten Besucher gar nichts anfangen können, Ich finde diese Kunst aber genial und superspannend. Die Kunst hängt hier nicht von handwerklicher Geschicklichkeit ab, sondern von der Idee, die dahinter steckt. Damit werden viel mehr Themen in die Kunst eingeführt. Ich erzähle wahrscheinlich immer mit sehr viel Eifer und bekomme dann hinterher ein sehr positives Feedback.

Sie sind jetzt Sprecherin der MG Artfriends. Wie ist es dazu gekommen?

Kasten Ich kannte Eva und Feli (Eva Caroline Eick und Felicitas Frische-Reyrink, die bisherigen Sprecherinnen, Anm. d. Red.) aus dem Studium und der Arbeit im Museum. Als sie mir erzählten, dass sie aufhören, hatte ich sofort Lust darauf, die Stelle zu übernehmen. Und die Bewerbung hat geklappt. Es ist ein wirklich toller Nebenjob.

Die Artfriends sollen junge Leute zwischen 18 und 35 Jahren ansprechen und in Kontakt zum Museum bringen. Haben Sie innovative Ideen, wie Sie das erreichen können?

Kasten Der Standort Mönchengladbach ist zwar einerseits eine Herausforderung, andererseits gibt es aber ein großes Potenzial, wenn ich zum Beispiel an die Fachbereiche Kulturpädagogik, Mode-Design und Textiltechnik denke. Dort studieren lauter junge Leute, die das Museum Abteiberg gar nicht kennen, sondern sich eher Richtung Düsseldorf oder Köln orientieren. Für sie müssen besondere Anreize geschaffen werden, zum Beispiel die Möglichkeit, am Jour fixe, dem dritten Donnerstag im Monat, wenn das Museum bis 22 Uhr geöffnet hat, ihre Arbeiten zu präsentieren und später in eigenen Ausstellungsräumen auszustellen. Das ist nur eine Möglichkeit. Das Wichtigste ist eigentlich, die vielen Gruppen die es in der Stadt gibt, zu vernetzen und so die jungen Aktiven zu erreichen.

Was planen Sie konkret?

Kasten Erst einmal wird der Social-Media-Auftritt ausgebaut. Aber es laufen auch konkrete Aktionen. Wir führen die Atelierhausbesuche bei Künstlern fort. Im Rahmen der Sparda-Nacht am 21. November mit Musik, Show und Kunst bis in die Nacht hinein bieten wir außerdem die Aktion „Kunstfälscher“ an. Da kann man selbst aktiv werden, Werke von Roy Liechtenstein, Andy Warhol oder Jutta Koether abmalen, weitermalen oder sich in anderen Formen damit auseinandersetzen. Außerdem plane ich eine Filminale, bei der Filme von jungen Regisseuren aus Düsseldorf und Köln gezeigt werden. Mir wird nichts Konkretes vorgegeben, ich habe viel Freiheit bei der Arbeit. Ich könnte mir auch ein Sommerfest mit Grillen auf der Außenterrasse vorstellen. Das ist eine großartige Fläche, die man nutzen kann.

Grillen, essen und trinken im Museum – das bricht mit der konventionellen Vorstellung.

Kasten Ja, ich finde es wichtig, locker heranzugehen. Zum Beispiel wollte ich gern an meinem ersten Jour fixe als Sprecherin mit den Besuchern ein Glas Sekt trinken. Das haben wir auch gemacht. Oder sonntags gab es in Kooperation mit Tante LeMi, dem Unverpackt-Laden, Café Hoffmanns und dem Verein Eine Erde Nussecken. Museum muss doch Spaß machen.

Sie haben Mönchengladbach auch eine Herausforderung genannt. Wie empfinden Sie die Stadt?

Kasten Bei den Menschen stoße ich oft auf viel Herzlichkeit, wo ich es gar nicht erwartet habe. Und die Stadt hat überraschend schöne Seiten. Neulich habe ich mich mit einer Freundin getroffen, wir sind abends die Weiherstraße vom Geroweiher aus hinaufgelaufen. Das war wunderschön, wie eine Stadt im Mittelalter. Wir sind dann in einer Kneipe gelandet, wo eine tolle Atmosphäre herrschte ebenso wie anschließend in einem Club. Da entstand schnell Gemeinschaft, das war super und ist auch ungewöhnlich. In Berlin zum Beispiel kann man natürlich super feiern, aber jeder tanzt für sich allein.

Sie studieren nicht mehr Kunst- und Politikwissenschaften, sondern konzentrieren sich im Master auf Politikwissenschaften. Ist die Kunst nur noch ein Hobby für Sie?

Kasten Kunst bleibt für mich sehr wichtig, aber ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich beruflich im Politikbereich mehr bewegen kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort