Jugendfestival in Mönchengladbach So war das Youtopia-Festival

Mönchengladbach · Die Idee klingt simpel: Jugendliche aus der Stadt planen ein Festival für Jugendliche aus der Stadt. Näher können Veranstalter nicht an ihrer Zielgruppe sein. Doch was Besucher schnell merken: Youtopia bietet weit mehr als einen ereignisreichen Tag voll junger Kultur und Kreativität.

Im Skulpturengarten picknickten die Jugendlichen auf ihren Decken und lauschten der Musik der Bands.

Foto: Ansgar Fabri

Ein Besuch bei Youtopia gestaltet sich schnell zu einer Expedition in den Kosmos der Jugendkulturen der Stadt, die sonst an verschiedenen Orten zu finden sind und sich zu Youtopia rund um das Museum Abteiberg versammeln. Wer sich über die Abteistraße dem Festival nähert, dem springt ein ungewöhnlicher Anblick ins Auge: Die Wiese, auf der das Kunstwerk „Steam“ von Gregor Schneider sonst Dampf spuckt, hat sich in ein buntes Festivalgelände verwandelt. In einem Boxring treten junge Sportler zu Showkämpfen an. Manchmal weht Rauch von verbrannten Holzscheiten über die Kämpfer hinweg, denn nur wenige Schritte entfernt haben Pfadfinder vom Stamm Matthias Claudius eine Jurte aufgebaut und rösten mit allen, die Lust dazu haben, über einer Feuerschale Stockbrot.

Der Weg führt weiter zu einem Stand, an dem man Kleider tauschen kann, einem der „Kulturlöwen“ und dem Bus der Mobilen Jugendarbeit, die zudem auch noch mit einem Stand dabei ist. Neben Musik hört man hier auch das Zischen von Farbspraydosen. Etliche Jugendliche stehen vor Graffitiwänden, die zu Youtopia die Straße vor dem Boelling-Garten zieren und sprayen ihre Ideen an die Wände. „Ich finde das super. Hier darf man sich einfach mal ausprobieren. Es gibt ja nicht so viele Flächen in der Stadt, an denen das erlaubt ist“, findet die 16-jährige Luisa

Wenn sie hier fertig ist, wolle sie weiter zum „Team-Craft“, verrät sie. Dabei handelt es sich um ein „Live-Computerspiel“, wie Kai Kyas, der Mann hinter Team-Craft, erklärt. Auf dem Johannes-Cladders-Platz, direkt unter der Brücke, die zu den Terrassen des Museums Abteiberg führt, hat er zwei Geräte aufgestellt. Sie sehen auf den ersten Blick wie Home-Fahrradtrainer aus, die jeweils vor einem Bildschirm stehen. Beim genaueren Hinsehen erkennen die Besucher aber, dass an den Lenkern Controller befestigt sind, die an Spielekonsolen erinnern. „Wenn man spielt, tritt man in die Pedale. Je schneller, desto schneller fährt das Auto auf dem Bildschirm. Das muss man mit den Tasten steuern, genauso wie bei einem Computerspiel“, erklärt Kyas die Idee von „Team-Craft“. Wer das digitale Auto über die virtuelle Rennstrecke rasen lässt, kommt bald ins Schwitzen, was nicht nur damit zu tun hat, möglichst kräftig in die Pedale zu treten, sondern auch, weil zu Youtopia die Sommersonne den ganzen Tag über brennt.

Bei Wartezeiten glänzt bei so manchem der Schweiß auf der Stirn, und Geduld ist immer wieder nötig. Das Festival bietet vor allem Partizipation statt Konsum, und die Veranstalter nehmen sich Zeit, um Besucher bei kreativen Angeboten zu unterstützen. Wer am Stand von Siebdrucker Sebastian eine Stofftasche bedrucken will, ist mit diesem Wunsch nicht allein, und die Zeit in der Warteschlange bietet die Möglichkeit, sich Gedanken zu machen, welches Motiv und welche Farben auf die selbst bedruckte Tasche kommen soll. Der elfjährige Tymur hat sich für eine Tänzerin entschieden. Die Farben: blau und gelb, wie die Flagge seiner Heimat, der Ukraine. Nachdem ein Motiv ausgesucht ist, die Farben mit Hilfe von Sebastian aufgetragen sind, muss der Aufdruck nur noch mit einem Heißluftföhn getrocknet werden, dann kann es weitergehen. Und eine Tasche dabei zu haben lohnt sich: An vielen Ständen gibt es Infomaterial, Preise oder Dinge, die noch lange an das Festival erinnern werden.

Am Stand der MG Connect sitzen Björn Hollburg und Lia Grzesik mit einem Desktop-Laser-Cutter, der für Besucher kleine Holzscheiben für Schlüsselanhänger graviert. Hier auf der Ebene des Museums trifft die Sommerhitze die Besucher mit voller Wucht. Einige stört das offenbar nicht. Sie steigen über die Treppen hinab zur Abteistraße, wo die Rollbrettunion mit einem kleinen Parcours dazu einlädt, sich mit Unterstützung auf dem Skateboard auszuprobieren. Andere strömen am Südhang des Museums hinunter in den Skulpturengarten. Auf Picknickdecken und in Liegestühlen, umgeben von Kunst im Schatten der hohen Bäume, lassen sie hier den Festival-Tag ausklingen. Die eher kleine Bühne ist mit CDs und Schallplatten dekoriert – Tonträger, mit denen die Generation, die hier auftritt, wohl keine Musik mehr gehört hat. Doch Youtopia verwischt die Grenzen – zwischen jugendlichen Subkulturen, Lebensstilen und Generationen.