Armes Mönchengladbach Jedes dritte Kind lebt von Hartz IV

Mönchengladbach · Viele Langzeitarbeitslose, viele Menschen ohne Berufsausbildung und viele Kleinkinder, die in armen Familien aufwachsen – Mönchengladbach bleibt eine Stadt mit einer schwierigen Sozialstruktur.

 In der Stadt wachsen viele Kinder in Hartz-IV-Familien auf.

In der Stadt wachsen viele Kinder in Hartz-IV-Familien auf.

Foto: Julian Stratenschulte

Trotz neuer Gewerbeansiedlungen und damit neu geschaffener Arbeitsplätze hat Mönchengladbach immer noch ein Armutsproblem. 39.205 Menschen können ihr Leben nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Sie beziehen Sozialgeld. Die Zahl der Leistungsempfänger ist zwar etwas zurückgegangen, aber mit einer Quote von 17,8 Prozent liegt die Stadt im NRW-Vergleich immer noch weit oben.  Nur in Gelsenkirchen, Essen, Herne, Duisburg und Dortmund beziehen noch mehr Menschen Leistungen. Zum Vergleich: In Viersen liegt die Quote bei 8,0 Prozent, im NRW-Schnitt bei 11,7 Prozent. Immerhin: In der 2015 veröffentlichten Armutsstatistik des Statistischen Landesamtes war Mönchengladbach hinter Gelsenkirchen und Düren noch die drittärmste Stadt in NRW.

Betroffen von der Erwerbslosigkeit und damit abhängig von Transferleistungen sind auch viele Kinder. In Mönchengladbach liegt die Quote bei knapp 30 Prozent, bei den unter Dreijährigen sogar bei 31,5 Prozent. Das heißt: Fast jedes dritte Kleinkind wächst in der Stadt in einer Hartz-IV-Familie auf. Mönchengladbach liegt damit im Ranking auf dem vierten Platz hinter Gelsenkirchen, Essen und Herne.

Statistisch gesehen besteht ein erhöhtes Risiko für Kinder aus Hartz-IV-Familien, später selbst in die Armut zu rutschen. Das ist nicht nur in Mönchengladbach so und stellt deshalb Staat und Kommunen vor Probleme. Denn offenbar gibt es noch keine Antwort auf die Frage, wie man Kinder aus der „Einmal arm, immer arm“-Endlosschleife herausholt. „Wenn wir genau wüssten, woran es liegt, würden wir es ändern“, sagt Sozialdezernentin Dörte Schall. Präventions- und Unterstützungsprogramme für Kinder und Familien gibt es in Mönchengladbach viele. „Außerdem versuchen wir, mehr Kita-Plätze zu schaffen“, sagt Dörte Schall.

Auch beim Job-Center gibt es Programme für junge Erwerbslose und Langzeitarbeitslose. Dennoch: Wer einmal in die Armut abgerutscht ist, hat es offenbar schwer wieder aus dem Dilemma herauszukommen. Das Jobcenter betreut zurzeit rund 25.600 erwerbsfähige Leistungsberechtigte, 72 Prozent davon sind Langzeitbezieher. Die Fluktuation ist dabei gering,  60,6 Prozent bekommen vier Jahre und länger eine Grundsicherung vom Jobcenter.

Der Grund für Langzeitbezug und Langzeitarbeitslosigkeit liegt sicherlich auch an dem hohen Prozentsatz an Menschen in Mönchengladbach, die keinen Schulabschluss oder keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzen. Von den 4371 Langzeitleistungsbeziehern zwischen 25 und 35 Jahren haben 3542, also 81 Prozent, keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Zahl hat zugenommen, wie im jüngsten Sozialausschuss berichtet wurde. 22 Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, oder 5700 Menschen, haben keinen Schulabschluss

„Dass zurzeit viele Fachkräfte gesucht werden, hilft diesen Menschen nicht“, sagte Schall. Zwar haben sich in den vergangenen Jahren in der Stadt auch Unternehmen angesiedelt, die Jobs für geringer Qualifizierte bieten, „dafür sind aber andere, alt eingesessene Betriebe in Schwierigkeiten geraten“, sagt die Sozialdezernentin. Außerdem: „Bei den immer weiter spezialisierten Berufen wird es auch zunehmend schwerer, nach einer langen Pause wieder einzusteigen.“ Das gelte nicht nur für den Computerbereich mit den rasanten Neuerungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort