Mönchengladbacherin in Wohnung angegriffen Prozess um versuchten Totschlag: Verteidigung will zweites Gutachten

Mönchengladbach · Ein 41-jähriger aus Viersen soll eine Mönchengladbacherin in ihrer Wohnung gewürgt und mit einem Messer angegriffen haben. Seine Verteidigung greift vor Gericht die psychiatrische Gutachterin an.

 Der Prozess gegen den 41-jährigen Viersener soll am 9. Juli vor dem Landgericht in Mönchengladbach fortgesetzt werden.

Der Prozess gegen den 41-jährigen Viersener soll am 9. Juli vor dem Landgericht in Mönchengladbach fortgesetzt werden.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Die Verteidigung fährt am fünften Prozesstag im Verfahren wegen versuchten Totschlags sowie gefährlicher Körperverletzung große Geschütze auf: „Die Sachverständige vertraut allein auf die Aussage des Opfers, doch wieso sollte diese psychologisch tätig werden, während sie um ihr Leben fürchtet?“

Nachdem eine psychiatrische Gutachterin in der Woche zuvor ihre Einschätzung zum Angeklagten abgegeben und ihn für schuldfähig erklärt hatte, stand nun ihre Befragung durch den Verteidiger an. Und dieser ließ keinen Zweifel daran, dass er das Gutachten für fehlerhaft hält. Angeklagt ist ein heute 41-jähriger gebürtiger Viersener. Laut Staatsanwaltschaft soll der Mann 2012 eine Frau in ihrer Wohnung in Mönchengladbach überfallen, sie gewürgt und mit einem Messer angegriffen haben. Nachdem er unerkannt vom Tatort fliehen konnte, wurde er vergangenes Jahr durch eine DNA-Spur überführt.

Laut eigener Aussage hat der Angeklagte über mehrere Jahre hinweg Kokain sowie Amphetamine konsumiert, kann sich weder an die Tat noch an den Tatzeitraum erinnern. Laut Gutachterin hatte der Mann erklärt, für einen längeren Zeitraum pauschal unter einer Amnesie gelitten zu haben. Der Vorsitzende Richter Lothar Beckers zeigte sich überrascht: „Der Angeklagte gibt an, sich an ein ganzes Jahr nicht erinnern zu können. Ich habe schon vieles erlebt, so etwas noch nicht.“

Als nächstes fragt der Verteidiger, ob ein so genannter Tunnelblick unter Rauschmitteln entstehen könne. Die Sachverständige erklärt, dass es möglich sei, dass man Dinge unter Drogen eingeschränkt wahrnehme. Der Verteidiger hakt nach: „Kann es sein, dass mein Mandant das Verweisen aus ihrer Wohnung durch das spätere Opfer als Angriff auf seine Person hätte verstehen können?“ Die Gutachterin wiederspricht, dann hätte es sich um eine psychotische Fehldeutung gehandelt. Auch das ruhige Verhalten des Mannes nach der Tat, das langsame Weggehen aus dem Haus, das von Zeugen beobachtete Starren von einer nahe gelegenen Brücke stelle „keinen Brückenschlag zu einem Amphetaminkonsum“ her. Es spreche nichts für eine forensische Berauschung, jedoch sei ein tatbegleitender Konsum möglich, dieser sei sieben Jahre später allerdings nicht mehr nachweisbar.

Am Tag nach der Tat hatte der Mann sich in eine Klinik einweisen lassen, dort wurde eine Amphetaminabhängigkeit dokumentiert, jedoch ohne körperliche oder neurologische Befunde. Laut Verteidigung habe die Gutachterin eine vollständige Anamnese und wichtige Untersuchungen zum Beleg eines Amphetaminmissbrauchs nicht vorgenommen. Daher stellte sie den Antrag, einen zweiten Sachverständigen zu beauftragen, der eine Enthemmungssymptomatik durch einen Mischkonsum verschiedener Drogen zum Tatzeitpunkt belegen soll. Darüber wird die Kammer beim nächsten Prozesstag am 9. Juli entscheiden.

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