Mönchengladbach Jetzt muss die Stadt Farbe bekennen

Analyse Die rätselhaften Vorgänge um den Hardterbroicher Markt werden in diesem Ratszug Thema. Bau- und Planungsdezernent Gregor Bonin muss erklären, warum die Stadt nicht auf eine Umsetzung drängte. Denn es gibt dazu einen städtebaulichen Vertrag.

 Der Hardterbroicher Markt an der Ecke Hofstraße / Grevenbroicher Straße: Das bisher nicht verwirklichte Vorhaben wird neu diskutiert.

Der Hardterbroicher Markt an der Ecke Hofstraße / Grevenbroicher Straße: Das bisher nicht verwirklichte Vorhaben wird neu diskutiert.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

Am heutigen Donnerstag sind die Vorgänge um den Kindergarten Mummpitz und den Hardterbroicher Markt Thema in der Bezirksvertretung Ost (16 Uhr, Pfarrjugendheim Uedding), am 25. September folgt der Bau- und Planungsausschuss. Auch wenn die Kita-Situation mittlerweile entschärft ist – das Grundstück ging nicht an das Bauunternehmen Jessen, sondern an die NEW zurück – sind Fragen rund um den Hardterbroicher Markt offen. Und die muss Bau- und Planungsdezernent Gregor Bonin beantworten.

Was war der Auslöser?


Der Kindergarten Mummpitz, Träger ist der Mumm-Familienservice, ist auf dem Gelände an der August-Monforts-Straße übergangsweise untergebracht. Es gab klare Vereinbarungen mit dem Unternehmen Jessen, dass der Bau des Hardterbroicher Marktes Ende 2015 abgeschlossen sein sollte. Da sollte auch ein Kindergarten integriert sein, den der Mumm-Familienservice dann betrieben hätte. Darauf hatte sich der Träger verlassen und deshalb Kindergarten-Container vorläufig auf dem Grundstück neben dem neuen Altenheim der Sozial-Holding aufgestellt. Dieses NEW-Grundstück, für das das Unternehmen ein Vorkaufsrecht hatte, stellte Jessen dem Kindergartenträger zur Verfügung. Die Baufirma wollte das Grundstück jetzt an ein Sozialunternehmen weiterverkaufen, ohne aber dass es dem Kindergarten eine akzeptable Unterbringungsalternative anbieten konnte. Die Möglichkeit Hardterbroicher Markt schied aus – hier wurde bis heute kein Stein bewegt. Dass die Kita am jetzigen Standort bleiben kann, ist nur darauf zurückzuführen, dass sich Jessen in einem Insolvenzverfahren befindet und eine wichtige Frist verstreichen ließ, innerhalb der das Unternehmen den Kauf des Grundstücks noch einmal hätte bestätigen müssen. So erfolgt die Rückabwicklung zur NEW, der Kindergarten Mummpitz kann bleiben.

Wie wirkt sich das auf die Pläne für den Hardterbroicher Markt aus?

Die Kita-Probleme rückten den Hardterbroicher Markt ins Blickfeld. Ost-Bezirksvorsteher Hermann-Josef Krichel-Mäurer (SPD) stellte das Vorhaben in einem Bericht unserer Zeitung so dar: Der Hardterbroicher Markt gehörte zu einer Gesamtplanung für das ganze Gebiet, zu dem auch die Einkaufsmärkte an der Hofstraße zählen. Im Zuge dieser Planung war immer ein Komplex mit Wohnungen, Ladenzeile, Gastronomie, einer Geschäftsstelle der Stadtsparkasse und einem Platz für Veranstaltungen an der Grevenbroicher Straße vorgesehen. Das alles steckt hinter dem Titel Hardterbroicher Markt. Darüber hat die Stadt mit Jessen 2011 einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen. Für die Umsetzung brachte die Stadt ein eigenes Grundstück mit ein, Jessen kaufte es. Planungsdezernent Bonin muss beantworten, zu welchen Konditionen die Stadt verkaufte: zum Richtwert (heute 250 Euro/qm) oder zum Sonderpreis?

Warum hat die Stadt die Umsetzung nicht häufiger kontrolliert und darauf geachtet, dass das Unternehmen seinen Verpflichtungen auch nachkommt?


Das ist sehr rätselhaft. Im Vertrag steht, dass „unmittelbar nach Erwerb der Flurstücke, spätestens jedoch bis zum 31.12.2014“ mit dem Bau begonnen werden muss. Außerdem ist festgelegt: „Die Fertigstellung der Maßnahmen erfolgt bis 31.12.2015.“ Bis heute ist das Gelände aber immer noch eine Brache. Das Argument, Jessen befinde sich in der Teilinsolvenz, zieht da nicht: Diese wurde Ende 2017 eröffnet – da hätte der Hardterbroicher Markt längst fertig sein sollen.

Hat die Stadt ein Druckmittel, um auf das Unternehmen einzuwirken?

Ja, hat sie. Es gibt eine Konventionalstrafe im sechsstelligen Bereich, die das Unternehmen Jessen zahlen muss, wenn es gegen die Auflagen des städtebaulichen Vertrags verstößt. Auch darüber rätseln Politiker: Warum hat die Stadt dieses Druckmittel nicht angewendet?


Zieht die Konventionalstrafe noch?


Eine Vertragsstrafe könne noch erhoben werden, sie sei nicht „verfristet“, sagt die Stadt. Ist das wirklich so? Jessen ist in der Teilinsolvenz.

Wie geht es mit den Plänen für den Hardterbroicher Markt weiter?


Es gibt Zweifel, dass die Umsetzung noch mit Jessen gelingen kann. Alternativen gibt es: Man kann mit einem anderen Investor arbeiten. Es ist auch möglich, den Komplex mit einer städtischen Tochter umzusetzen. Etwa mit Kreisbau, GWSG, EWMG oder Stadtsparkasse. Oder mit mehreren Töchtern als Investoren-Gemeinschaft. Voraussetzung ist, dass Jessen seine Grundstücke an den Investor verkauft und das ehemalige städtische Grundstück wieder zurück an die Stadt geht. Ein Druckmittel, so äußern Politiker sehr deutlich, sollte die Stadt dabei haben: die Konventionalstrafe.

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