Prozess Grausame Details zu Tod von Baby Ben

Am dritten Prozesstag sagten Zeugen, Angehörige und auch der der Leiter der Mordkommission, Ingo Thiel, aus: Die Eltern des Säuglings hatten zunächst versucht, eine heile Welt vorzuspielen. Schließlich folgte doch ein Geständnis.

 Der Prozess gegen den Vater des Babys Ben (hier mit einem Ordner verdeckt). Er soll den Säugling laut Anklage getötet haben, weil das Kind ihn störte.

Der Prozess gegen den Vater des Babys Ben (hier mit einem Ordner verdeckt). Er soll den Säugling laut Anklage getötet haben, weil das Kind ihn störte.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Der dritte Prozesstag im Mordprozess um Baby Ben: Dominik H. soll seinen Sohn getötet haben, um Misshandlungen zu vertuschen, Charlene D. (beide 30) soll ihr Kind nicht vor den Angriffen beschützt haben.An diesem Tag sagt die Zeugin Manuela B. (50) vor Gericht aus. Sie erklärt, einmal einen blauen Fleck und eine Beule am Auge des Babys gesehen zu haben. Beide Eltern hätten jedoch ihren Vorschlag, ins Krankenhaus zu fahren, abgelehnt. Später habe D. erklärt, der Kinderarzt hätte eine allergische Reaktion festgestellt, was B. jedoch nicht glaubte.

Auch der Vater des Angeklagten, Joachim H. (59), sagt aus. Er erklärt, sein Sohn sei sehr stolz auf Ben gewesen, habe um Rat gefragt. Charlene D. hingegen habe häufig ferngesehen oder mit dem Handy gespielt, während ihr Sohn hinter ihr auf der Couch lag. Einmal habe Dominik erzählt, das Baby würde „grün spucken“, am Abend vor dem Tod des Kindes jedoch erklärt, es sei alles klar, man wolle jedoch in den nächsten Tagen mit Ben zum Arzt gehen. Ein Rettungssanitäter, der mit der Notärztin als erstes bei Ben eintraf, erklärt, es  seien blaue Flecken am Knie des Babys aufgefallen.

Auch der Leiter der Mordkommission, Ingo Thiel (55), sagt aus. Das Baby, dessen Leichenbeschreibung er vorgenommen habe, sei den typischen Merkmalen zufolge schon einige Stunden tot gewesen. Laut Obduktionsbericht trat der Tod bis zu sieben Stunden vor dem Eintreffen der Polizei, also gegen 3 Uhr nachts, ein. In der ersten Vernehmung habe die Angeklagte eine „heile Rosamunde-Pilcher-Welt“ beschrieben, erst am zweiten Vernehmungstag sei es aus ihr herausgesprudelt: Dominik H. sei viel zu grob mit Ben umgegangen, sagte sie aus, habe ihn zu fest gedrückt. Nun habe sie sich an Verletzungen des Babys erinnern und diese zeitlich einordnen können, sagt Thiel: So sei ihr am 19. Januar eine Verletzung an Bens Auge aufgefallen. In den Tagen darauf habe sie die Wohnung ab und zu verlassen müssen, später habe sie Hämatome an dem Kind bemerkt. Danach sei es „extrem“ geworden: H. habe sein altes Leben wiederhaben, kiffen, trinken und lange schlafen wollen, das Kind habe ihn dabei gestört. Am Tatmorgen habe sie das Kind nicht anfassen wollen, ahnte, dass etwas nicht in Ordnung sei.

Trotz des Einwandes des Verteidigers sagt auch der Kriminalhauptkommissar aus, der die Vernehmung von Dominik H. leitete. Der Angeklagte hatte zuvor erklärt, Polizeibeamte hätten eine nicht von ihm getätigte Aussage notiert, er sei ungebeten geduzt worden und habe keinen Anwalt bekommen. Die Kammer fand jedoch keine Belege für diese Vorwürfe. So sagt der Ermittler aus: H. habe bei der Vernehmung zunächst eine heile Welt innerhalb der kleinen Familie dargestellt.

Damit konfrontiert, dass man „nicht hier sitzen würde, wenn das alles so war“, habe er das erste Mal über Verletzungen gesprochen sowie über sein „Drücken“ des Kindes. Über Charlenes Aussage, dass dies deutlich rabiater ausgefallen sei als von ihm beschrieben, sei er erbost gewesen. Er habe dem Baby nur helfen wollen, wenn er mit seinen Händen auf den Brust- und Bauchbereich des Säuglings gedrückt habe. Angeblich sei dies geschehen, wenn Ben schlecht atmen konnte.

Schließlich habe H. zugegeben,  Ben an jenem Morgen bereits leblos aufgefunden zu haben. Er sei dann einkaufen gefahren, in der Hoffnung, dass Charlene das Kind so vorfinde und es ihm mitteile. Später dann das Geständnis: In der Nacht sei das Kind quengelig gewesen, habe nicht trinken wollen und sich nicht beruhigen lassen. Daraufhin habe er nicht mehr gekonnt und das Baby bäuchlings auf eine Decke gedrückt, bis es nicht mehr geatmet habe.

An dieser Stelle weint Charlene D. heftig auf, schreit mehrmals „Warum?“. Nach einer Unterbrechung kann der Zeuge fortfahren: Am nächsten Tag habe H. erklärt, es tue ihm leid, er könne es nicht rückgängig machen. Charlene D. habe er zu keiner Zeit belastet, habe kritische Situationen mit dem Kind immer so beschrieben, dass seine Freundin währenddessen nicht im Raum war. An eine von der Staatsanwaltschaft vorgetragene Aussage des Angeklagten während der Vernehmung erinnert der Kommissar sich deutlich: „Ich wusste aber, dass Charlene früher oder später zum Arzt gehen würde, das hätte ich nicht ausgehalten.“

Der Prozess wird fortgesetzt.

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