Vortrags-Reihe in Mönchengladbach Der Dirigent als Brückenbauer zwischen Musik und Publikum

Mönchengladbach · In der Reihe „Brückenpfeiler zum Himmel“ sprach Florian Merz-Betz, Chefdirigent und Generalmusikdirektor im sächsischen Bad Elster, in der Franziskuskirche.

Chefdirigent und Generalmusikdirektor Florian Merz-Betz sprach anlässlich des Jubiläums der Franziskuskirche über seinen Weg zur Musik.

Chefdirigent und Generalmusikdirektor Florian Merz-Betz sprach anlässlich des Jubiläums der Franziskuskirche über seinen Weg zur Musik.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Musik und Religion haben vieles gemeinsam: Sie sind weltumspannend, überschreiten Grenzen der Sprache und kulturelle Unterschiede, bauen im besten Fall Brücken, wo Fronten sind. Deshalb hatte Pfarrer Klaus Hurtz als Schlusspunkt der dreiteiligen Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Brückenpfeiler zum Himmel“ der Musik die Bühne zu überlassen. Redner war diesmal Florian Merz-Betz. Der Düsseldorfer wurde mit 24 Jahren der jüngste Chefdirigent Deutschlands. Er ist Generalmusikdirektor in der sächsischen Kultur- und Festspielstadt Bad Elster, dort auch Chefdirigent der Chursächsischen Philharmonie. Merz-Betz ist auch Herausgeber der Rheinischen Post.

Anlass der Reihe ist ein Jubiläum: Vor 90 Jahren wurde die Kirche St. Franziskus in Geneicken eröffnet. Erbaut wurde sie nach einem Entwurf des renommierten Kirchen-Architekten Dominikus Böhm. Der Generalvikar des Bistums Aachen, Andreas Frick, und die Sozialethikerin Prof. Elisabeth Jünemann waren als Vortragende zu Gast. Zu der Muse der Architektur Böhms, der Muse der Malerei mit dem „Totentanz“ von Markus Lüpertz im Inneren der Kirche und der dort stets präsenten Muse des Wortes komme mit dem Referenten Merz-Betz die Muse der Musik hinzu. Damit verbunden sei ein „tiefer Verkündungscharakter“, denn Musik berühre direkt das Herz.

Das wurde auch im Vortrag deutlich. Merz-Betz gab interessante Einblicke in das Innenleben eines Orchesters, in die Rolle des Dirigenten und auch in sehr Persönliches: Seine Berufung fand der 55-Jährige in einer Kirche. An einem Sonntag, knapp vor der Orgelempore sitzend, habe es ihn vor mehr als 40 Jahren „erwischt“. Vor seinem inneren Auge habe er die Komponisten Haydn, Mozart, Beethoven und Lortzing gesehen, und sich entschlossen, als Dirigent „ihr Anwalt auf Erden“ zu werden. „Dieser Moment hat mich und mein Leben signifikant verändert“, sagt Merz-Betz.

Er studierte an der Musikhochschule in Wien, wo er mit 21 Jahren sein staatliches Diplom machte. Er dirigierte bei mehr als 70 Orchestern weltweit ein Repertoire von Frühbarock bis zur zeitgenössischen Musik und ist dankbar für das „Glück, meine Leidenschaft zu leben“. Musik sei emotional, verbinde, werde von allen Menschen verstanden, „egal welcher Nationalität, welchen Glaubens oder welcher Generation“. Das sei sein „Brückenpfeiler zum Himmel“.

Emotional ist auch der Prozess, den der Dirigent mit seinen Musikern bis zur Aufführung durchläuft. Am Anfang stehe die Frage, mit welchem Musikwerk zu welchem Anlass welche Stimmung beim Publikum erzeugt werden solle. Inspiration, Freude, Begeisterung, Liebe und Leidenschaft oder Dramatik und Trauer? Die Vielfalt der Emotionen ist in der klassischen Musik groß.

Das gilt auch für Instrumentengruppen und Tonarten, wie Merz-Betz beispielhaft an den „Sturm und Drang Symphonien“ von Joseph Haydn aufzeigt: Die Hörner stehen für das freudige Landleben, Fagotte machten es noch lustiger, das alles in harmonischem F-Dur. Die Obrigkeit bringt sich mit einem kurzen Marschmotiv aus Trompeten und Pauken im D-Dur der Macht in Erinnerung. Die Tonart wechselt in D-Moll, aus der Ferne erklingen Posaunen, in der Wiener Klassik Symbole des Todes.

Der Dirigent studiert die Werke mit dem Orchester, wird zum „Brückenbauer“ zwischen Musik und Orchester, formt das Individuelle jedes einzelnen Musikers zu einer gemeinsamen Botschaft. Beim Konzert springt der Funke der Musik von Dirigent und Orchester aufs Publikum über. Der emotionalste Moment. Auch das sei ein „Brückenpfeiler zum Himmel“.

Hurtz griff das persönliche Erlebnis von Merz-Betz in der Kirche auf: Seine kulturellen Helden, Goethe und Schiller, seien ihm leider noch nicht begegnet, so der Geistliche. Aber wer meine, „es möge langweilig werden in der Ewigkeit, der sollte sich deutlich machen, wie vielen interessanten Menschen er dort begegnen wird“.

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