Kolumne Denkanstoß Gemeinsam die Energienot besiegen

Mönchengladbach · Jeder Einzelne ist gefragt, um eine der größten Herausforderungen der Gegenwart zu überwinden, findet unser Autor. Auch wenn das manchmal nicht einfach ist.

 Straßenlaternen an der Wallstraße in Mönchengladbach

Straßenlaternen an der Wallstraße in Mönchengladbach

Foto: Andreas Gruhn

Am 3. Januar 1991 notierte der damals 96-jährige Schriftsteller Ernst Jünger in sein Tagebuch: „Beim nächtlichen Flug über die Kontinente leuchten die Städte wie entzündete Knoten im Nervengeflecht. Das ist nicht das Licht friedlicher Hausungen. Sehr fremd – und der Energiehunger wächst.“ Dieser Hunger scheint unstillbar zu sein, denn auch 32 Jahre nach diesem Eintrag ist die Energiefrage noch immer eine Hauptnot unserer Zeit.

Man muss kein Fachwissen besitzen, um zu erkennen, dass unser Wohlstand und unsere Bequemlichkeit, unsere Möglichkeiten und unsere Mobilität, unsere Umwelt und unser Klima mit dieser Frage eng verflochten sind. Auch die Problematik der globalen Gerechtigkeit spielt hinein, dürfen und können wir anderen Teilen der Welt verwehren, was wir munter über Jahrhunderte praktiziert haben? Und gelingt uns der Umschwung auf erneuerbare Energie, bevor wir die Ressourcen der Welt endgültig geschädigt haben? Bereits solche Vorüberlegungen lassen die Weite und Größe der Dimensionen ahnen, in die unsere jeweiligen Entscheidungen führen können.

Daher wird man leider festhalten müssen, dass es einfache Antworten in der Energiefrage nicht gibt und dass das Ringen um den richtigen Weg uns noch lange in die Zukunft begleiten wird. Dass hier unsere Jugend mahnt und fordert, dafür müssen wir ihr dankbar sein, selbst wenn man manche Protestformen als fragwürdig empfindet.

Aber der Verlauf dieses Winters schenkt uns in seiner Entwicklung zumindest ein Hoffnungszeichen. Wir sind fähig, Energie einzusparen, wenn der (finanzielle) Druck groß genug ist. Damit scheint mir eine Grund-Voraussetzung erfüllt zu sein, ohne die es auf keinen Fall gehen kann, wenn es weiter gehen soll: Wir müssen lernen, uns zu beschneiden, aber am besten nicht durch äußeren Druck, sondern durch unseren inneren Anspruch.

Allerdings müssen wir beachten, dass „Verzicht“ nicht die Lieblingstugend der Menschen ist. Natürlich kann jeder leicht dem entsagen, was er gar nicht mag oder braucht. Das alte „Fleischverbot“ am Freitag konnte beispielsweise die Menschen nicht schrecken, die gerne Fisch aßen.

Doch sich einzuschränken bei den Unternehmungen und Verführungen, die man gerne hat oder macht oder genießt, fällt keinem leicht. Aber ich fürchte, genau hier muss jeder bei seinem eigenen Lebensstil anfangen, wollen wir gemeinsam den Energiehunger besiegen. Dazu haben wir keine Alternative, denn eine „Entzündung“, die chronisch geworden ist, schwächt nicht nur, sondern kann lebensbedrohlich werden. Am 17. Februar 2023 ist der 25. Todestag von Ernst Jünger; wenige Tage später beginnt die Fastenzeit, seit alters her die große Einladung, sich endlich im Verzicht einzuüben.

Klaus Hurtz, Pfarrer von St. Marien und vom Trostraum, St. Josef, Grabeskirche

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