Gastbeitrag Neue Regeln stärken den Radverkehr

Mönchengladbach · Gastbeitrag Ob Falschparken oder Tempoüberschreitungen – mit der neuen Straßenverkehrsordnung, die seit 28. April in Kraft tritt, ändert sich einiges. Was das für den Radverkehr bedeutet, analysiert unser Gastautor vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Mönchengladbach.

 Thomas M. Claßen bei einer Radtour durch Wesel-Bislich.

Thomas M. Claßen bei einer Radtour durch Wesel-Bislich.

Foto: Andreas Gruhn

Es war keine leichte Geburt. Die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Mai 2019 auf dem Nationalen Radverkehrskongress in Dresden angekündigte Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO), hat es geschafft und ist jetzt in Kraft. Was ändert sich?

Überholabstand Der längst in der Rechtsprechung angewandte Mindestabstand beim Überholen ist nun in der StVO festgeschrieben. Innerorts müssen Autofahrende einen Abstand von 1,5 Metern zu Radfahrern einhalten, außerorts zwei Meter. Die präzise Festlegung stellt die Polizei vor die anspruchsvolle Aufgabe, das Fahrverhalten im fließenden Verkehr zu kontrollieren.

Erweitertes Parkverbot vor Kreuzungen Das Parkverbot für Kraftfahrzeuge (Kfz) an Kreuzungen mit baulichem Radweg wird von fünf auf acht Meter erhöht. Damit sollen Sichtbehinderungen und daraus resultierende gefährliche Situationen minimiert werden.

Besserer Schutz vor Lkw Rechtsabbiegende Lkw sind eine erhebliche Gefahr für Radfahrende. Für mehr Sicherheit soll nun sorgen, dass Lkw mit Schrittgeschwindigkeit abbiegen müssen, wenn mit Radfahrern oder Fußgängern zu rechnen ist. Allerdings ist der Begriff der Schrittgeschwindigkeit nicht eindeutig. Das Bundesverkehrsministerium definiert sie mit immerhin „bis zu elf Stundenkilometer“ und daher warten Radler weiterhin auf eine EU-weite Regelung zur Ausrüstung von Lkw mit Abbiegeassistenzsystemen.

Falschparken Für Parken auf Geh- und Radwegen sowie für Halten in zweiter Reihe gelten höhere Bußgelder von 55 bis 100 Euro. Für Parkverstöße mit Gefährdung gibt es zusätzlich einen Punkt in Flensburg. Die neue Regelung gilt nun ausdrücklich auch für das Halten auf Radschutzstreifen. Das bisher erlaubte Halten bis zu drei Minuten entfällt.

Grüner Pfeil Radfahrende dürfen ab sofort Grüne Pfeile für den Kfz-Verkehr nutzen, wenn sie von einem Radweg oder Radfahrstreifen nach rechts abbiegen. Außerdem können Kommunen Grünpfeile für Radfahrer einführen. Der Grünpfeil muss für jede Kreuzung gesondert angeordnet werden. Das könnte zu einer Mammutaufgabe für die ohnehin schon überlasteten Ordnungsbehörden werden.

Nebeneinander Fahren Radfahrer dürfen nebeneinander fahren, wenn der übrige Verkehr dadurch nicht behindert wird. Das steht nun auch ausdrücklich in der neuen StVO.

Personenbeförderung von Erwachsenen Die Mitnahme von Erwachsenen auf geeigneten Fahrrädern mit Beförderungsmöglichkeiten ist erlaubt. Rikschas, Lastenräder oder Rollfiets (Rollstuhl-Fahrrad-Kombinationen) sind nun legal zu fahren. So können auch Jugendliche oder ältere Personen auf dem Rad gesetzeskonform transportiert werden.

Verkehrszeichen Radschnellweg wird in die StVO aufgenommen. Eine schöne Symbolmaßnahme. Rad-Pendler hoffen, dass das neue Schild bald viele Anwendungen erfahren wird.

Einführung von Fahrradzonen Analog zu Tempo-30-Zonen können in Zukunft auch Fahrradzonen angeordnet werden. Wie bei Fahrradstraßen gilt dann Tempo 30, Radfahrer haben Vorfahrt und dürfen nicht gefährdet oder behindert werden. Unklar ist noch, unter welchen Voraussetzungen Fahrradzonen eingeführt werden dürfen.

Radfahren auf Gehwegen Eine saftige Bußgelderhöhung trifft Radfahrende auf Gehwegen. 55 bis 100 Euro listet der neue Bußgeldkatalog auf (bisher waren es 10 bis 25 Euro). Das entspricht dem neuen Kfz-Niveau, und es stellt sich die Frage, wie die Ordnungsbehörden die Regelung bei 14-jährigen Schülern anwenden werden.

Was von der Novelle übrig bleibt Die Forderung nach flächendeckendem Tempo 30 in Innenstädten wurde (noch) nicht aufgegriffen. Beispiele aus dem europäischen Ausland zeigen, dass dadurch die Sicherheit im Straßenverkehr wesentlich verbessert werden kann.

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