Wirtschaft Ein Hoch aufs Scheitern

Mönchengladbach · Scheitern ist ein Makel, kein Qualitätssiegel. In der Start-up- und Gründerszene macht sich allerdings eine andere Fehlerkultur breit: Wer gescheitert ist, hat viel gelernt. Am Freitag sprechen Experten darüber bei der „FuckUp-Night“.

 Ein Unternehmen in den Sand gesetzt zu haben gilt als Makel. In der Gründerszene macht sich eine neue Fehlerkultur breit

Ein Unternehmen in den Sand gesetzt zu haben gilt als Makel. In der Gründerszene macht sich eine neue Fehlerkultur breit

Foto: Shutterstock.com

Wenn etwas misslingt, ist das erst einmal nicht schön. Und zweitens meistens teuer. Knapp 33 Millionen Euro setzten Mönchengladbacher Unternehmen und Privatleute in Insolvenzverfahren zwischen 2012 und 2016 in den Sand. Zur Verteilung an die Gläubiger standen in diesne beendeten Insolvenzverfahren gerade einmal gut 430.000 Euro zur Verfügung, wie it.NRW gestern mitteilte. Wer einmal gescheitert ist und Geld verbrannt hat, der gilt auch hierzulande als verbrannt. Fragt man Geldgeber etwa nach der Kultur des Scheiterns, bekommt man oft zu hören, dass Scheitern nun nicht gerade ein Qualitätssiegel sei, das für besondere Fähigkeiten stehe. Es gibt Leute, die sehen das etwas anders. Peter Godulla zum Beispiel. Der Mönchengladbacher Marketing- und Werbungsexperte findet: „Wir befinden uns in einer vierten industriellen Revolution, im digitalen Wandel. Und dazu gehört eine neue Fehlerkultur. Nur so können wir mithalten.“

Denn genau die Angst vorm Scheitern verhindere in seien Augen, dass sich kluge Menschen mit raffinierten Ideen auch trauen, ein Start-up zu gründen. „Unternehmen müssen ihre Fehlerkultur anpassen, um Innovationen schnell genug gestalten zu können, um vorne mitzuspielen.“ Fehlerkultur bedeutet für ihn: „Fail fast, learn fast.“ Also schnell falsch liegen, und daraus aber auch ganz schnell die richtigen Schlüsse zu ziehen. Scheitern muss man erst einmal akzeptieren. „Aber dann wird Scheitern die Grundlage des Erfolgs“, glaubt er. Erfolgreiche Start-ups seien, auch im Silicon Valley, meist erst im zweiten oder dritten Versuch entstanden. Nur trifft ein Gescheiterter im Schlaraffenland der Gründer und Start-ups eben nicht von Anfang an auf Misstrauen. Wer einmal auf die Nase gefallen ist, sich getäuscht hat, der weiß seine Risiken einzuschätzen.

Um solche Geschichten geht es am kommenden Freitag im Theater im Gründungshaus (TIG) in Eicken. Dann treffen sich Gründer und Interessierte zur „FuckUp Night“, eine Nacht lang gibt es Geschichten vom Scheitern. Dieses Format gibt es weltweit und soll die Scheu davor nehmen, übers Scheitern zu sprechen. Peter Godulla organisiert den Abend in Mönchengladbach gemeinsam mit dem Verein „NextMG“.

 Peter Godulla ist Organisator der ersten FuckUp Night in Mönchengladbach im Theater im Gründungshaus in Eicken.

Peter Godulla ist Organisator der ersten FuckUp Night in Mönchengladbach im Theater im Gründungshaus in Eicken.

Foto: Andreas Gruhn

Vier Redner sind am Freitag dabei, die jeweils sieben Minuten Redezeit haben: Patrick Schiffer war von 2013 bis 2016 Vorsitzender der Piratenpartei in NRW und bis Oktober 2017 Bundesvorsitzender der Piraten. Er stand also auf er Brücke, als die Partei nach ihrem Höhenflug vor fünf Jahren krachend aus dem Bundestag flog - gescheitert. Ihm folgt Pastor Jan Hanser von der freien evangelischen Gemeinde in Mönchengladbach, der über Fehlerkultur, Versagensängste und Raum für Fehler spricht. Boris Thienert hat sich mit einem Start-up selbstständig gemacht und unterstützt Unternehmen bei der digitalen Transformation. Er berichtet, warum sich dazu entschloss, parallel zu seinem sicheren Job in eine fremde Branche einzutauchen. Und Bouke Stoffelsma, Vorstand der Hausheld AG in Mönchengladbach, die intelligente Messsysteme Stromverbrauch vertreibt, berichtet, wie er mit seiner Idee nach einem High-Tech-Dosenpfand vor jahren gescheitert ist. „Die größten Projekte scheitern an den banalsten Dingen“, sagt Stoffelsma. „Du sammelst hundert Ja’s, und ein Nein stoppt alles.“

Das Datum für die erste Mönchengladbacher FuckUp-Night ist im Übrigen nicht zufällig gewählt: Freitag, der 13.

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