Denkanstoß aus Mönchengladbach Ewigkeitssonntag und Christkönig

Mönchengladbach · Zum Totensonntag beschäftigt sich Pfarrer Peter Blättler mit dem Gedenken an die Verstorbenen und dem schwindenden gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kommt zuletzt doch das dicke Ende unweigerlich auf uns zu?

 Am Totensonntag wird der Verstorbenen gedacht.

Am Totensonntag wird der Verstorbenen gedacht.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Am kommenden Sonntag ist der Totensonntag. Er ist ein Hinweis auf das Totengedenken am Ende des Kirchenjahres. Mit dem Gedenken an die Verstorbenen verbindet sich die Frage nach dem Ende. Ist der Tod am Ende die Sackgasse, aus der es kein Zurück mehr gibt? Kommt zuletzt doch das dicke Ende unweigerlich auf uns zu? Das Sprichwort vom „dicken Ende, das zuletzt kommt“, rührt her vom Gewehrkolben, der zuletzt brutal im Nahkampf zum Einsatz kommt.

Die Flüchtlinge an der polnisch-belarussischen Grenze sind in die Sackgasse geraten. Wir erfahren erst gar nicht, wie viele Menschen dort eingekesselt sind und wie viele dort schon ihr Leben lassen mussten. Was dort an einer europäischen Außengrenze geschieht, ist so unappetitlich, dass wir nicht hinsehen mögen. Das dicke Ende dieser ausweglosen Situation und eines brutalen politischen Kalküls ist für zivilisierte Menschen nicht hinnehmbar. Die Frage nach einer menschlichen Zivilisation steht im Raum. Der Ton zwischen Menschen und gesellschaftlichen Lagern wird rauer und Auseinandersetzungen werden aggressiver geführt.

Der gesellschaftliche Zusammenhalt bereitet auch am Beginn der vierten Welle der Corona Pandemie Sorge. An die Stelle von Überzeugungsarbeit treten zunehmend Schuldzuweisungen. Ich frage mich, was erst auf die Menschheit zukommt, wenn die ersten größeren Wellen der Klimakrise uns erreichen. Wird die menschliche Zivilisation stark genug sein, heranziehende Krisen friedlich und konstruktiv zu lösen? Die Flutkatastrophe im Sommer hat Gott sei Dank zu einer großen Solidarität geführt und ist ein Hinweis, in welche Richtung es gehen muss. Zu den gesellschaftlichen Hausaufgaben gehören daher gemeinsame Lernschritte. Im derzeit angespannten gesellschaftlichen Klima geht es darum, Auseinandersetzungen klar in der Sache zu führen, hartes Ringen um Lösungswege im Miteinander zu üben und gegenseitige Korrektur im Verständnis von individueller Freiheit zu akzeptieren.

Es braucht aber auch eine gemeinsame Utopie wie sie beispielsweise im christlichen Glauben zu finden ist. Der Ewigkeitssonntag (evangelisch) beziehungsweise das Christkönigsfest (katholisch) rücken den Totensonntag in ein anderes Licht. Der Totensonntag bleibt zwar der Totensonntag. Aber das Ende, das ins Gedächtnis gerufen wird, steht nicht mehr unter dem Diktat des Gewehrkolbens oder der puren Sackgasse. Eine Mut machende Verheißung steht am Ende: Die Möglichkeit eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Die Bibel kennt viele dunkle und Angst machende Bilder vom Ende der Zeit. Aber sie beschreibt das Ende letztendlich immer mit der Verheißung von etwas ganz Neuem.

Dieses Neue feiern evangelische und katholische Christen in ökumenischer Verbundenheit, wenn sie am Totensonntag den „Ewigkeitssonntag“ und das „Christkönigsfest“ begehen. Christus der König denkt eben nicht nur an sich: Bei ihm zählt, was für die Geringsten getan wurde. So entsteht der neue Himmel und die neue Erde, die am Ewigkeitssonntag in den Blick genommen wird. Der biblischen Botschaft wohnt eine enorm verändernde Kraft inne. Hätte unser christlicher Glaube doch wieder die Klarheit und die Kraft, sogar an der polnisch-belarussischen Grenze etwas zu verändern. Das wäre eine wunderbare Verheißung in Richtung einer wünschenswerten menschlichen Zivilisation.

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