Erster Roman von Jeannette Deckers 39 kritische Briefe an den verstorbenen Opa

Mönchengladbach · In ihrem ersten Roman „O-PAndemie“ befasst sich die Mönchengladbacher Autorin Jeannette Deckers mit den aktuellen Themen der Zeit. Nachdenklich blickt sie auf die Corona-Pandemie und gesellschaftliche Entwicklungen. Welche Rolle ihr Großvater im Buch spielt und was eine Heuschrecke damit zu tun hat.

 Die Mönchengladbacher Autorin Jeannette Deckers mit ihrem geliebten Opa, der in ihrem Buch eine große Rolle spielt.

Die Mönchengladbacher Autorin Jeannette Deckers mit ihrem geliebten Opa, der in ihrem Buch eine große Rolle spielt.

Foto: Andreas Neuser

Wegwerfgesellschaft, Konsumwahnsinn, Klimakleber – all das sind bekannte mediale Schlagwörter. Täglich erscheinen neue Meldungen über unzufriedene Bürger, Proteste und Demonstrationen, und dann gibt es da ja auch noch die Pandemie. Deutschland ist in Aufruhr und die Mönchengladbacher Autorin Jeannette Deckers ebenfalls.

In ihrem ersten Roman „O-PAndemie“ befasst sie sich kritisch mit „gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen“ wie der Digitalisierung, dem Klimawandel und der Konsumgesellschaft. Der Titel „O-PAndemie“ ist dabei eine Anlehnung an die Pandemie und ihren vor der Pandemie verstorbenen Opa, sagt die Autorin.

Der Tod ihres Opas war für sie ein sehr prägendes Erlebnis. Daher begann sie während der Pandemie, „als der Alltag komplett über Bord geworfen wurde“, über ihr Leben und das Leben ihres Opas nachzudenken. „O-PAndemie“ sei dabei wie ein Aufschrei im Sinne von „Oh Gott, Pandemie“ zu verstehen, sagt sie. Denn in dieser Zeit, in der das gesellschaftliche Leben fast vollständig zum Stillstand kam, die Geschäfte schließen mussten und in der Schule die Distanzlehre eingeführt wurde, fiel Deckers auf, wie gegensätzlich ihr eigenes Leben im Vergleich zum Leben ihres Opas war. Während der bescheiden und einfach in einer analogen Welt lebte, „ist das Leben heute geprägt von „Konsum, Selbstoptimierung, Digitalisierung und Hektik“, sagt die Autorin.

In rund 39 Briefen, adressiert an ihren verstorbenen Großvater, nimmt Jeannette Deckers den Leser mit auf eine Reise durch die Corona-Pandemie und beschreibt die zwei scheinbar so gegensätzlichen Leben. Ihren Roman beschreibt sie als „eine Mischung aus Gesellschaftskritik und Corona-Pandemie-Tagebuch“. Ihr Opa lebte damals sehr ländlich und verbrachte viel Zeit in seinem Garten. „Es war immer eine schöne Zeit, auch wenn ich nur alle zwei Wochen dort zu Besuch war“, erinnert sich die Mönchengladbacherin.

Der Großvater lebte sehr analog, flickte seine Kleidung, bis es nicht mehr ging, und verreiste nie per Flugzeug. Er hat Deckers Leben trotz der räumlichen Distanz sehr geprägt. So ist es auch ihr sehr wichtig, nachhaltig zu leben. Ein Fan des Kapitalismus und des Konsums sei sie nicht. Stattdessen bestehe ihr Kleiderschrank aus mehrere Jahre alten Sachen, auch ihre zwei Kinder würden gebrauchte Kleidung tragen, und ihr Mann fahre immer mit dem Fahrrad nach Krefeld zur Arbeit – egal bei welchem Wetter.

Ihren Großvater charakterisiert Jeannette Deckers als sehr humorvollen und fröhlichen Menschen. Er habe „seinen Humor nie verloren“, selbst als er viele Jahre seine an Demenz erkrankte Frau pflegte.

Die Autorin erinnert sich gerne an eine kuriose Geschichte aus der Vergangenheit. Im Gegensatz zu ihrem Großvater ist sie selbst keineswegs gläubig. In der Kirche sei sie zwar noch, würde aber nicht mehr hingehen. Auch an das Konzept der Wiedergeburt glaubt sie nicht. Und dennoch denkt sie oft an ein Erlebnis mit einer Heuschrecke und ihren Kindern zurück, was wie ein Widerspruch zu ihrer Ungläubigkeit wirkt. Damals hüpfte eine Heuschrecke in den Wintergarten der Familie. Sie wurde draußen in der Natur ausgesetzt, aber kehrte immer wieder zurück und blieb am Ende eine ganze Woche bei der Familie. Die Heuschrecke wurde im Gespräch mit ihren Kindern zu einem Zeichen, dass der Großvater wieder zur Familie zurückgekehrt war, sagt sie. Ihren Roman nutzte Jeannette Deckers zur „Verarbeitung des Todes“, aber auch, um „die Erlebnisse der Pandemie“ niederzuschreiben, als eine Art „Rückblick“ einer „Zeitzeugin“.

„Schreiben fällt mir leichter, als spontan Dinge in Worte zu fassen“, sagt Jeannette Deckers. Schon als Kind schrieb sie Tagebuch, später im Rahmen ihres Studiums dann Beiträge für pädagogische Zeitschriften. Ziel der Geisteswissenschaftlerin ist es, mit ihrem Buch die Menschen zum Nachdenken über ihr eigenes Leben zu animieren. In ihrer idealen Welt würden die Menschen „weniger konsumieren, weniger fliegen und weniger Autofahren und viel mehr Zeit füreinander haben“. Sie kritisiert stark die Ausbeutung der Natur, die digitalisierte Bildung und das Leben „auf Kosten anderer“.

Ihr Buch soll sich an die Gesellschaft richten, eigentlich „an alle, die das Spiel mitspielen“ – das Spiel des Kapitalismus. Es richtet sich an Unternehmen, an die Politik und die Konsumenten, führt sie fort. Ihre achtjährige Tochter hat bereits die elterliche „kritische Einstellung“ zur Tabletnutzung in der Schule übernommen, sagt Jeannette Deckers. Mit ihrem Roman möchte sie „die negativen Seiten“ der digitalen Medien verdeutlichen. So stellt sie sich in ihrem Buch den Fragen: „Erleichtert und verbessert die Digitalisierung wirklich unseren Alltag und die Bildung unserer Kinder? Und was ist an den sozialen Medien eigentlich sozial?“ Denn sie sagt „Nein“ zu Konsum, Kapitalismus und digitalisierter Bildung.

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