Politik in Mönchengladbach „Erhebliches Risiko für die Finanzen der Stadt“
Mönchengladbach · Im Fachgremium hat Kämmerer Michael Heck der Politik einen Überblick über die Entwicklung der städtischen Schulden gegeben. Was die steigenden Zinsen für den Haushalt bedeuten und weshalb eine Entscheidung des Landes herbeigesehnt wird.
Es gibt einen Filmtitel, der in etwa beschreibt, was in den nächsten Jahren auf Kostenpflichtiger Inhalt Mönchengladbach zukommt: „Die fetten Jahre sind vorbei.“ Nun ja, richtig fett waren sie ohnehin nicht. Denn die Stadt ist auf Sparkurs, seitdem sie sich 2012 freiwillig und wie heute mit einer Ampel-Mehrheit im Stadtrat dem Stärkungspakt des Landes angeschlossen hat. Das Ziel war, den enormen Schuldenberg in Höhe von damals 1,33 Milliarden Euro nach und nach abzubauen, sich damit aus dem engen Korsett der Haushaltssicherung zu befreien. Der Pakt sah Rechte und Pflichten vor: Das Land ließ zur Unterstützung Geld an die beteiligten Kommunen fließen, die wiederum erklärten sich bereit, ihren Haushalt kontrolliert zu konsolidieren.
In Mönchengladbach ist die Rechnung aufgegangen. Nach 24 Jahren konnte der Kämmerer 2018 erstmals einen ausgeglichenen Haushaltsplan präsentieren, Ausgaben und Einnahmen, im Fachjargon Aufwendungen und Erträge, hielten sich die Waage. Die Gesamtverbindlichkeiten, also die Kredite für Investitionen und für Liquidität lagen zum Ende des Jahres 2022 bei rund 707 Millionen Euro, konnten innerhalb von zehn Jahren fast halbiert werden. Wobei die 476 Millionen Euro Kassenkredite die eigentlichen Schulden sind, weil bei Investitionen dem Kredit auch ein geschaffener Wert gegenüber steht. Jedenfalls konnte die Stadt trotz zusätzlicher Aufgaben durch Beschlüsse in Bund und Land den Schuldenberg deutlich verkleinern. Gelungen ist das durch einen Mix aus Sparmaßnahmen, höheren Steuern und Abgaben, vor allem aber dank niedriger Zinsen. Die lagen nämlich zehn Jahre lang bei Null oder im negativen Bereich. Wer Schulden hatte, musste dafür nichts zahlen.
Damit ist es nun vorbei, wie Kämmerer Michael Heck der Politik im Finanzausschuss ausführte. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende eingeläutet. Am Tag der Sitzung lag der Wert bei drei Prozent, was bei den hohen Beträgen, um die es geht, viel Geld bedeutet. Sei 2022 noch ein positives Saldo aus Zinsen zu verbuchen gewesen, rechnet Heck in diesem Jahr mit 18,9 Millionen Euro, die zu zahlen sein werden. Mittelfristig plant er mit einem Zinssatz von vier Prozent. Bis 2026 könne die zu zahlende Summe sogar auf jährlich fast 35 Millionen Euro steigen.
„Das ist Geld, das den Bürgern nicht mehr zur Verfügung stehen wird“, betonte Heck und sagte „Verteilungskämpfe“ in den einzelnen Fachbereichen des Rathauses voraus. Da es gleichzeitig „hohe Investitionsbedarfe“ gebe, sei Priorisierung unumgänglich. „Ich bin nicht der Zins-Guru der EZB“, so der Kämmerer, „sehe aber ein erhebliches Risiko für den städtischen Haushalt.“
Thomas Fegers (SPD) fragte nach, ob es Signale des Landes für eine Lösung für die Altschulden der Kommunen gebe. Manche Bundesländer, aktuell Rheinland-Pfalz, haben einen großen Teil davon übernommen. Der Hintergrund dafür ist, dass die Kommunen immer mehr Pflichtaufgaben übernehmen und finanzieren, die sich aus Gesetzen oder Regelungen ergeben, die von Bund oder Land beschlossen wurden. Eigentlich gilt das sogenannte Konnexitätsprinzip. Das besagt vereinfacht ausgedrückt, dass der bezahlen muss, der die Zeche bestellt. In der Praxis sieht das aber oft anders aus: Bund oder Land bestellt, die Kommunen zahlen: Oder sie bekommen nicht die volle Entlastung, weil die nicht der Realität entsprechend berechnet wurde. Einige Bundesländer sind der Forderung des Deutschen Städtetags inzwischen nachgekommen und haben nachgebessert: Rheinland-Pfalz zum Beispiel will Kommunen die Hälfte der Altschulden erlassen.
In Nordrhein-Westfalen fehlt eine solche Regelung noch. „Ministerin Ina Scharrenbach arbeitet an einer Lösung“, teilte Heck mit. Die NRW-Kommunalministerin mit CDU-Parteibuch habe ihm vor wenigen Tagen zugesagt, bis Ende dieses Jahres einen Lösungsvorschlag vorzulegen. Der muss dann allerdings noch vom Landtag beraten und beschlossen werden, bevor wirklich Geld fließt. Bis dahin gelte Disziplin bei den Ausgaben und das Vermeiden neuer Schulden, mahnte der Kämmerer.
Hinweis: In einer früheren Version hatte es geheißen, die Schulden der Stadt würden rund 707.000 Euro betragen, davon 476.000 Kassenkredite. Da fehlten jeweils drei Nullen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.