Verkehrssicherheitsprojekt an Grundschulen Elterntaxis sorgen für Chaos am Morgen

Mönchengladbach · Mit der stadtweiten Aktionswoche „Goldi go“ machen sich die Mönchengladbacher Grundschulen stark für einen sicheren Schulweg. Kinder sollen nicht mehr so oft mit dem Auto zum Unterricht gefahren werden.

 Schulkinder steigen in ein privates Auto (Symbolbild).

Schulkinder steigen in ein privates Auto (Symbolbild).

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Morgens um fünf vor acht in Mönchengladbach: Vor den Grundschulen herrscht das Chaos. Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto bis vors Schultor, lassen das Kind rasch aussteigen, wenden und fahren davon. Oder sie halten auf Gehwegen, an Fußgängerüberwegen, vor Einfahrten. Die Verkehrssituation wird unübersichtlich und damit für die zur Schule kommenden Kinder gefährlich. Auch vor der Astrid-Lindgren-Grundschule an der Schmidt-Bleibtreu-Straße ist es nicht anders. „Es herrscht oft extremes Gedränge“, sagt Jennifer Reifenscheidt, deren neunjähriger Sohn Tobias seinen relativ kurzen Schulweg inzwischen allein und zu Fuß zurücklegt. Und dass, obwohl nur 39 von mehr als 250 Kindern in dieser Schule mit dem Auto zur Schule gebracht werden.

Dass sogenannte Elterntaxis eine Gefahr für andere Kinder darstellen, ist hinlänglich bekannt. Der furchtbare Unfall, bei dem im Dezember letzten Jahres ein achtjähriges Mädchen vor einer Grundschule von einem Mercedes erfasst und tödlich verletzt wurde, ist zu tragisch, um rasch in Vergessenheit zu geraten. Der Prozess gegen die Fahrerin, die auf dem Weg zu einer anderen Schule war, um ihre Kinder dort abzuliefern, beginnt in Kürze. „Dieser Unfall hat das Problem stark ins Bewusstsein der Eltern gerückt“, sagt Polizeihauptkommissar Achim Hendrix von der Direktion Verkehr der Mönchengladbacher Polizei. „Aber es dauert lange, ehe sich das Verhalten tatsächlich ändert.“ Deshalb unterstützt die Polizei den Ansatz, das Verhalten der Eltern über die Kinder zu verändern. Das ist auch das Ziel des Projekts „Goldi go“, das am Montag wieder an den Start ging. 22 Grundschulen mit 25 Standorten nehmen teil am Verkehrsprojekt, das sich Monika Müller im vergangenen Jahr ausgedacht hat. Sie ist Fachberaterin für Verkehrserziehung beim Schulamt und außerdem Grundschullehrerin. Sie weiß, wie Kinder ticken. Und wie viel Spaß sie am gemeinsamen Schulweg haben. So funktioniert das Projekt Goldi go: Eine Woche lang sollen die Kinder den Schulweg teilweise oder ganz zu Fuß zurücklegen, mit dem Roller oder auch mit dem Bus. An jedem Tag, an dem sie selbst-bewegt zur Schule gekommen sind, dürfen sie in der Klasse auf einem Plakat einen Turnschuh bunt anmalen. Es zählt auch, wenn sie von den Eltern 100 Meter von der Schule entfernt abgesetzt werden. Hauptsache, sie gehen ein Stück zu Fuß. Für zehn bunte Turnschuhe gibt es einen goldenen Turnschuh, der auf ein großes allgemeines Schulplakat geklebt werden darf.

 Mit dem Projekt „Goldi go“ sollen Kinder motiviert werden, zumindest einen Teil des Schulwegs zu Fuß zurückzulegen. Damit wollen die Initiatoren die Flut der Elterntaxis eindämmen.

Mit dem Projekt „Goldi go“ sollen Kinder motiviert werden, zumindest einen Teil des Schulwegs zu Fuß zurückzulegen. Damit wollen die Initiatoren die Flut der Elterntaxis eindämmen.

Foto: Markus Rick (rick)

„Die Kinder sind hochmotiviert“, sagt Denise Harbers, die Konrektorin der Astrid-Lindgren-Grundschule in Odenkirchen. „Sie haben sehr viel Spaß an der Sache.“ Die Schule hat sich das Ziel gesetzt, 110 goldene Turnschuhe zu sammeln. Ist das geschafft, gibt es eine schulinterne Belohnung. „Ein Tag hausaufgabenfrei für die ganze Schule und eine Spielstunde in jeder Klasse“, sagt Harbers. Für die Pädagogen hat die Aktion neben erhöhter Verkehrssicherheit noch weitere Vorzüge: Die Kinder kommen entspannter in der Schule an, wenn sie sich bewegt haben statt im Auto zu sitzen. Sie haben schon mit ihren Freunden und Mitschülern reden können. Und sie werden selbstständiger.

„Die Eltern wollen ihre Kinder sicher zur Schule bringen“, äußert Achim Hendrix Verständnis für die Erwachsenen. „Aber die Kinder müssen die Verkehrsregeln, die sie bei uns lernen, auch anwenden können.“ Natürlich müsse der Schulweg festgelegt und unter Elternbegleitung auch eingeübt werden. Und hier liegt das eigentliche Problem: Viele Eltern wollen oder können sich für den gemeinsamen Schulweg zu Fuß nicht die Zeit nehmen. Selbst eine Initiative wie der Walking-Bus, bei dem immer nur einige Eltern die Kinder von einem festgelegten Treffpunkt aus zur Schule bringen, krankt daran, dass sich zu wenig begleitende Eltern finden. Immerhin tragen die zahlreichen Maßnahmen zur Verkehrssicherheit inzwischen Früchte: Die Schulwegunfälle in Mönchengladbach sind rückläufig.

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