„Eis essen für den Frieden“ Wie Mönchengladbacher Einzelhändler Geld für Ukrainer sammeln

Mönchengladbach · Eiscafé-Besitzer Michael Barke will drei Projekte unterstützen, die Menschen im Kriegsgebiet helfen. Was seine Kunden von der Aktion halten und welche Händler außerdem Spenden sammeln.

Am Montag gingen die Einnahmen der „Eisdealer“ in einen Spendentopf. 1700 Euro sind zusammengekommen.

Am Montag gingen die Einnahmen der „Eisdealer“ in einen Spendentopf. 1700 Euro sind zusammengekommen.

Foto: bauch, jana (jaba)

Sein Zuhause und das Land zu verlieren, in dem man aufgewachsen ist, sei nicht vorstellbar, sagt Franziska Schubert. Sie kam am Montagmittag zur Albertusstraße in die Innenstadt, nur wenige Meter von ihrem eigenen sicheren Zuhause entfernt, um bei den „Eisdealern“ ein Eis zu essen und sich zu solidarisieren. Denn der Inhaber, Michael Bahrke, hat in den sozialen Netzwerken zu einer Aktion aufgerufen und will mit dem Geld, das am Montag eingenommen wurde, drei verschiedene Projekte unterstützen. Diese sollen Menschen im Ukraine-Krieg helfen. 1700 Euro sind beim Eiscafé zusammengekommen.

 Franziska Schubert hat an der Spendenaktion teilgenommen. Sie sagt, Eis essen bringe einen zwar nicht näher zu den Menschen, aber es sei ein Anfang.

Franziska Schubert hat an der Spendenaktion teilgenommen. Sie sagt, Eis essen bringe einen zwar nicht näher zu den Menschen, aber es sei ein Anfang.

Foto: bauch, jana (jaba)

Was Kunden von der Aktion halten

Das Eis hat an diesem Tag für viele Besucher allerdings anders geschmeckt als sonst – weil „Eis essen für den Frieden“ so absurd sei, sagt eine Mönchengladbacherin. Franziska Schubert meint: Der Verzehr, bringe sie den Menschen im Kriegsgebiet nicht näher. „Aber wenn ich eine Möglichkeit habe, die Ukraine zu unterstützen, die Krankenhäuser, und an den Stellen, an denen es gerade gebraucht wird, finde ich das toll.“

„Eis essen für den Frieden“, drei junge Mönchengladbacherinnen, die lieber anonym bleiben wollen, finden das befremdlich und sprechen am Montag darüber auf einer Bank vor dem Geschäft, während sie den kühlen Snack zu sich nehmen. Sie reden über die Aktion der „Eisdealer“, die sie eigentlich toll finden, weil etwas getan wird. Sie unterhalten sich über den Krieg, weshalb sie hergekommen sind, denn sie wollten auch etwas tun. Helfen. Aber wie können sie ein Eis essen, während andere Menschen sterben, fragen sie sich: „Wie passt das zusammen?“

Bahrke erklärt dazu den Hintergrund der Aktion seines Eiscafés: Es sei aus der Situation heraus entstanden. „Was können wir machen“, habe er sich gefragt und führt aus: „Das ist mit Sicherheit nicht das Ultimative, das will ich auch gar nicht sagen, aber wir laufen in eine humanitäre Krise und das sind meine Mittel, um zu helfen.“ Mit der Aktion wollen sie aber auch das Bewusstsein für den Krieg und die Situation der Menschen vor Ort schärfen, sagt Bahrke.

Bei den drei jungen Mönchengladbacherinnen hat das geklappt. Während sie vor dem Café sitzen, sprechen sie darüber, dass sie eigentlich nicht viel wissen über die Situation in der Ukraine, die seit Jahren anhält. Auch ihrer Ansicht nach zu wenig über die Beweggründe des russischen Präsidenten und über die Geschichte der beiden Staaten. Das, was dort passiert ist. Über die propagandistischen Nachrichten in Russland, dass einige Menschen dort kaum Zugang zu unabhängigen Informationen haben. Sie stellen fest, dass sie sich selbst mehr reinlesen müssen, um die komplizierte Situation zu verstehen und sie sprechen über das, was sie schon gelesen haben. Alles während sie ihr Eis essen und versuchen ihr Handeln kritisch zu hinterfragen. Denn sie wollen damit nicht ihr Gewissen beruhigen, sagen sie.

Dem „Eisdealer“-Chef Michael Bahrke ist die Idee für die Aktion spontan gekommen.

Dem „Eisdealer“-Chef Michael Bahrke ist die Idee für die Aktion spontan gekommen.

Foto: bauch, jana (jaba)

Wer mit der Eis-Ess-Aktion unterstützt werden soll

Zunächst eine Gruppe Mönchengladbacher, die gemeinsam Sachspenden sammeln, um sie in einem Bus an eine ukrainische Grenze zu fahren und dort zu helfen. Welche Grenze das sein wird, wissen sie noch nicht genau, weil die Situation vor Ort chaotisch sei, erklärt die Gruppe. Die polnische und die rumänische Grenze kommen für sie zurzeit in Frage. Auf dem Rückweg wollen sie Geflüchtete in Sicherheit nach Mönchengladbach bringen. Dimitri Gerdt und Henrik Stelter haben die Idee dazu am Wochenende gehabt und „super viel Zuspruch bekommen“, sagen sie. Mehr als erwartet. Sie haben sich mit der Initiative Altstadt und dem CVJM Rheydt zusammengetan. Über ein Paypal-Spendenkonto sind bisher über 2000 Euro zusammengekommen, sodass davon nun unter anderem Benzin und ein Bus für die Reise bezahlt werden kann.

Zusätzlich zu dem Mönchengladbacher Projekt will Eiscafé-Besitzer Bahrke das deutsche Print-Magazin Katapult unterstützen, das gewöhnlich sozialwissenschaftliche Daten in Karten aufbereitet und seit Beginn des Krieges seine reguläre Arbeit zurückstellt und über die Situation in der Ukraine berichtet.

Das restliche Geld geht an das deutsche Medikamenten-Hilfswerk Action Medeor. Krankenhäuser vor Ort sollen dadurch unterstützt werden.

Welche Händler in Mönchengladbach unterstützen die Ukrainer zurzeit noch?

Bis Mittwoch, 2. März, können Menschen Sachspenden in der Fashionbox und im Café Cup of Chino in der Innenstadt an der Hindenburgstraße 12 abgeben. Die bringen Dimitri Gerdt und Henrik Stelter dann an die Grenze. Warme Kleidung, Konserven und Babynahrung, Medikamente und Verbände, Hygieneartikel, sowie Powerriegel, Kindersitze für den Transport und Decken werden noch gebraucht.

Wer als Dolmetscher helfen oder Geflüchtete unterbringen kann, soll sich unter koentges@ai-mg.de bei der Gruppe melden. Etwa 40 Unterkünfte werden zurzeit noch gesucht, sagt Dimitri Gerdt.

Insgesamt helfen in Mönchengladbach zuzeit viele Unternehmen. Der Online-Steakhändler Gourmetfleisch.de aus Mönchengladbach etwa spendet 5000 Euro an das Ukraine-Hilfsprojekt der Caritas International. Außerdem gehen seitdem weitere 2 Euro pro Kundenbestellung an das Projekt.

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