Spielgruppen in Rheydt Ein kleiner Teil Heimat für ukrainische Kinder

Mönchengladbach · Mehr als 20 Kinder zwischen eineinhalb und sechs Jahren sind es schon, die das Angebot der Diakonie Mönchengladbach nutzen. Die Geflüchteten sollen durch das angebotene Programm im Alltag Halt finden.

 Von montags bis freitags spielen die Kinder vormittags gemeinsam im Haus der Jugendkirche Rheydt an der Wilhelm-Strauß-Straße.

Von montags bis freitags spielen die Kinder vormittags gemeinsam im Haus der Jugendkirche Rheydt an der Wilhelm-Strauß-Straße.

Foto: Diakonie MG/Marta Schwieger

Drei helle Räume voller Spielzeug und Bücher, eine große Wohnküche mit Blick ins Grüne: Im Haus der Jugendkirche Rheydt an der Wilhelm-Strauß-Straße treffen sich täglich Kinder, um Zeit miteinander zu verbringen, sich altersgerecht zu beschäftigen und Struktur im Alltag zu haben. Ihre Mütter sind mit ihnen aus der Ukraine vor Krieg und Zerstörung geflohen. Die Gruppe hilft Ihnen, in Deutschland anzukommen und Vertrauen im neuen Land aufzubauen.

„Als die Ukraine ab dem 24. Februar kriegerisch überfallen wurde, ahnten wir, dass auch zahlreiche ukrainische Kinder nach Deutschland fliehen würden“, sagt Marta Schwieger, Diplom-Sozialpädagogin und Fachbereichsleitung Erziehungshilfe beim Diakonischen Werk Mönchengladbach. In der Stadt sei es schwierig, einen freien Kita-Platz zu finden. „Also entwickelten wir das Konzept für unsere Spielgruppen ein Angebot, das Kita-Ersatz sein soll. Die Teilnahme ist freiwillig und anmelden muss man sich auch nicht“, sagt Schwieger.

Mehr als 20 Kinder zwischen eineinhalb und sechs Jahren sind es schon, die das Angebot nutzen. Betreut werden sie von der Sozialpädagogin Alina Bessler, die selbst Ukrainerin ist und bei Kriegsausbruch nach Mönchengladbach floh, wo sie zunächst bei der Mutter einer Freundin unterkam. Ihr zur Seite stehen die ukrainische Psychologin Julia Holub und die Kinderpflegerin Irene Ehrenberg von der Kirchengemeinde Rheydt, die mit den Kindern ausschließlich Deutsch spricht. Alina Bessler übersetzt für sie. So lernen die Kinder ganz nebenbei erste Begriffe der deutschen Sprache.

Von montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr spielen die Kinder gemeinsam. Ihre Mütter, aber auch zwei Väter und zwei Großmütter, sind mit dabei. Immer wiederkehrende Rituale wie das gemeinsame Singen um 9 und um 12 Uhr sollen den Geflüchteten Halt und Orientierung geben. Montags liest Alina Bessler den Kindern auf Ukrainisch Märchen vor, dienstags ist Basteltag, mittwochs geht es auf den Rheydter Wochenmarkt, um gemeinsam Obst und Gemüse einzukaufen. Wieder zurück, werden die frischen Lebensmittel in der Wohnküche gewaschen, geschnitten und natürlich auch gegessen. Donnerstags wird zusammen gekocht und freitags besuchen die Kinder den Spielplatz. „Geplant sind demnächst auch größere Ausflüge, etwa zu einem Bauernhof oder einem Indoor-Spielplatz“, sagt Alina Bessler.

Das Angebot der Diakonie werde sehr gut angenommen, sagt Marta Schwieger. „Die Kinder sind sehr traurig, wenn sie um 12 Uhr gehen müssen. Ihre Lieblingsspielzeuge verstecken sie dann für den nächsten Tag.“ Die Gemeinschaft und das Gefühl, in der Gruppe einen Teil der Heimat zu haben, wo nicht alles so fremd ist wie „da draußen“, sei immens wichtig. „Die Kinder haben hier definitiv weniger Stress“, bestätigt Alina Bessler. Hier finden sie Ruhe, Sicherheit und haben Zeit, sich miteinander auszutauschen. So wie Rostik (3) und Rajana (5). Sie sind mit ihren Müttern aus dem ostukrainischen Charkiw geflüchtet und kommen regelmäßig in die Gruppen. Beim gemeinsamen Spielen reden sie über den Krieg, verarbeiten vielleicht so in ihrer Muttersprache das erlittene Trauma. Gerade bauen sie ein Haus aus Lego-Steinen. Rajana hat die Außenwände des Hauses hier und da mit Fenstern versehen. „Das geht nicht“, sagt Rostik. „Im Krieg müssen wir die Fenster zu machen.“

Finanziert wird das Projekt von der Ukraine-Hilfe der Förderorganisation Aktion Mensch und ist zunächst auf ein Jahr angelegt.

(RP)
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