Katholisches Forum in Mönchengladbach Kirche debattiert über Missbrauch

Mönchengladbach · Anlaufstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche soll es künftig auch in Gladbach geben. Das kündigte Andreas Frick, Generalvikar im Bistum Aachen, beim Forum für Erwachsenenbildung im Haus der Regionen an.

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Unter dem Leitgedanken „Fromme Täter“ ging es imHaus der Region um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Etwa 70 interessierte waren der Einladung des Katholischen Forums für Erwachsenen- und Familienbildung Mönchengladbach und Heinsberg gefolgt. Zum ersten Mal wurde im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz eine Studie zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige erstellt („MHG-Studie“). Das Projekt erstreckte sich von Juli 2014 bis September 2018.

Zunächst stellte Alexandra Schiffers, Referentin des Bistums Aachen, die wichtigsten  Ergebnisse der Studie vor. In allen 27 römisch-katholischen Diözesen in Deutschland wurden im Zeitraum 1946 bis 2014 die Häufigkeit des sexuellen Missbrauchs, die unterschiedlichen Formen und die den Missbrauch begünstigenden kirchlichen Strukturen untersucht. Demnach wurden insgesamt 3677 Minderjährige missbraucht, davon sind 63 Prozent männlich. Die Dunkelziffer wird von Experten jedoch mit 114.000 Betroffenen angegeben. 1670 Kleriker wurden belastet.

 v.l. Annett Pudlosky (Kinderschutzbund Erkelenz), Helmut Keyner, Alexandra Schiffers (Referentin) und Generalvikar  Andreas Frick.

v.l. Annett Pudlosky (Kinderschutzbund Erkelenz), Helmut Keyner, Alexandra Schiffers (Referentin) und Generalvikar  Andreas Frick.

Foto: Markus Rick (rick)

Der Generalvikar Andreas Frick befasste sich dann mit den Konsequenzen, die seine Kirche aus den Ergebnissen der Studie ziehen will. „Wir werden unabhängige Anlaufstellen in Mönchengladbach und der Region Heinsberg einrichten. Und zwar angesiedelt vor Ort jeweils nach Zielgruppen.“ Auch die Kooperation mit den örtlichen Beratungsstellen ist für Frick unverzichtbar. Um auch eine unabhängige Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zu gewährleisten, werde das Bistum die Personalakten der Beschuldigten an eine Rechtsanwaltskanzlei übergeben. „Wir haben noch sehr viel zu tun“, bilanzierte der Theologe.

Annett Pudlowsky vom Kinderschutzbund Erkelenz berichtete, dass Opfer meistens in die Aufarbeitung ihrer Missbrauchserfahrungen einbezogen werden wollen. „Leider haben die Betroffenen oft die Ablehnung von Kirche erfahren und wenden sich dann tief enttäuscht an uns“, sagt sie. Pudlowsky empfahl der Kirche, ihre Kleriker vor allem in den Themen Achtsamkeit und Besonnenheit zu schulen. „Denn die Menschen, die von Würdenträgern missbraucht wurden, brauchen danach eine lebenslange Begleitung.“

In der anschließenden Diskussion wurde kritisiert, zu viel Abstraktes sei in der Studie präsentiert worden. Besucher hatten eher erwartet, aus berufenem Munde zu erfahren, wie die katholische Kirche den Opfern ganz konkret helfen will. Außerdem vermissten sie den Ansatz dazu, wie genau die Kirche ihr Auftreten verändern will, um Glaubwürdigkeit zurück zu erlangen.

Insbesondere Generalvikar Frick sah sich mit vielen Fragen konfrontiert. „Warum hat das Bistum die Priester vor Ort nicht viel früher in den Prozess der Aufarbeitung einbezogen?“ Oder: „Wieso werden die Opferverbände nicht beteiligt?“ Und:„Warum dauern notwendige Veränderungen so lange?“ Auch der Blick auf die Zusammensetzung der Besucher irritierte. Vor Ort oder in der Region tätige Priester waren kaum anwesend und die Zielgruppe der jungen Eltern war auch nur spätlich vertreten.

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