Diskussion Schon die Textilindustrie brauchte Zuwanderer

Rheydt · Karl Boland und Hans Schürings von der Geschichtswerkstatt berichteten in einer Diskussionsrunde über die Historie der Zuwanderung in Mönchengladbach.

 Der Bahnhof Geneicken: 1945 kamen hier Züge mit Flüchtlingen an.

Der Bahnhof Geneicken: 1945 kamen hier Züge mit Flüchtlingen an.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

„Migration in Mönchengladbach“ heißt ihr Werk, und die Autoren Karl Boland und Hans Schürings stellen darin fest: Ohne die Zuwanderung, wäre Mönchengladbach nicht so gewachsen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist. Wie Zuwanderer  schon früher nach Mönchengladbach kamen und wie sie die Stadt geprägt haben, war Thema einer Diskussionsrunde, zu der der Rosa-Luxemburg-Club das Autoren-Duo Schürings und Boland in die Galerie „Lebende Wände“ eingeladen hatte.

„Man muss festhalten, dass es ohne die Binnenwanderer und Zuwanderer die Industrialisierung in Mönchengladbach nicht gegeben hätte“, sagt Schürings. Nach Gladbach zog es vor allem Menschen aus der Eifel oder der Rhön. „Das Land konnte die Menschen nicht mehr ernähren“, so Schürings. Den ersten Wachstumssprung der Bevölkerung gab es um 1850. Der Zuwachs brachte auch Probleme mit sich: Es gab Frauen und Kinderarbeit, in Gladbach wurden nur geringe Löhne gezahlt und es herrschte Wohnungsnot. In vielen Fabriken gab es Schlafsäle, oder die Menschen suchten sich gezielt eine Unterkunft nur zur Übernachtung. Am Tag waren sie in der Fabrik.

Karl Boland widmete sich der Aufnahme der Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg. „Die Siegermächte trauten den Deutschen, die in Ungarn, Böhmen oder Mähren lebten, nicht zu, dort dauerhaft friedlich zu leben“, sagt er. In Mönchengladbach kamen im Winter 1945 Züge mit Flüchtlingen am Geneickener Bahnhof an. Anschließend wurden die Menschen, zum Beispiel in Schulen, untergebracht. „Auf dem Land wurden die Bauern zwangsverpflichtet, ihre Räume zur Verfügung zu stellen“, erzählt Boland. „Menschen aus Ostpreußen oder Schlesien bildeten die größte Gruppe.“

Und wie sieht es heute aus?  Menschen mit Migrationshintergrund tragen das höchste Armutsrisiko. „Die Stadt soll wachsen und nach vorn kommen“, sagt Hans Schürings und spielt dabei auf das Projekt „MG+ wachsende Stadt“ an. „Aber Wachstum soll für alle sein“, findet er. Boland macht deutlich, wie es nicht laufen sollte: „Projekte wie das ehemalige Maria-Hilf-Gelände, sind konzipiert, um Menschen nach Gladbach zu holen, die sich Düsseldorf nicht leisten können. So holen wir sozial besser gestellte Menschen her und ändern die Statistik.“

Mönchengladbach hat eine Arbeitslosenquote von neun Prozent und viele Geringverdiener. Besser wäre es nach Meinung der beiden Autoren den Menschen, die jetzt in der Stadt leben, durch Zugang zu Bildung und Kultur, die Chance zu geben, aus Hartz IV oder dem Niedriglohnsektor zu kommen.

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