Momente, die Freude bereiten Das sind unsere Glücksinseln in Mönchengladbach

Mönchengladbach · Ein guter Kaffee, raschelndes Herbstlaub, ein Specht, der zu Besuch kommt: Gerade in sorgenvollen Zeiten ist es wichtig, sich auf kleine Momente zu besinnen. Das sind die Glücksinseln unserer Redakteure.

Fotos aus Mönchengladbach: Was im Herbst glücklich macht
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Diese neun Dinge machen unsere Redakteure glücklich

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Foto: Gabi Peters

Der Balkon

Ein freier Sonntagmorgen, die Sonne scheint, also raus an die frische Luft. Für einen Spaziergang im Park müsste ich aus meinen bequemen, völlig verwaschenen Lieblingsklamotten steigen und mir zumindest die Haare bürsten. Dazu habe ich aber manchmal überhaupt keine Lust. Also setze ich mich auf unseren kleinen Balkon, mitten in der Stadt und mitten im Grünen. Der schmale Südbalkon war damals ausschlaggebend für unsere Wohnungswahl. Klar, Aufzug ist auch schön, Badewanne und Wohnzimmer mit großen Fenstern auch – aber der Freisitz in luftiger Höhe, der war und ist das Wunderbarste. Zum Sitzen haben wir gerade noch Platz. Der Rest ist zugestellt mit bepflanzten Blumentöpfen, Insektenhotels und Vogelhäuschen, was dazu führt, dass wir nie allein auf dem Balkon sind. Uns besuchen Blau- und Kohlmeisen, Grünfinken, Spechte, Eichelhäher, Hummeln, Bienen und Taubenschwänzchen. Wir haben sogar schon kleine Fledermäuse gesehen. Und seit kurzem hat ein Eichhörnchen entdeckt, dass ihm unser Vogelfutter schmeckt. Wie das Tier zu uns in den vierten Stock klettert, hat sich uns noch nicht erschlossen. Aber das kann ja noch kommen.

Die Wald-Runde

Endlich Herbst! Bei Corgi James und mir hat der Herbst unter allen Jahreszeiten die Nase vorn. Es ist nicht mehr heiß, die Wälder sind nahezu menschenleer. Dorthin gehen wir, in den Hardter Wald. Es duftet modrig-nass, Pilze in zahlreichen Formen und Größen fallen auf, die noch an den Bäumen verbliebenen Blätter liefern sich ein gelb-orange-rotes Wettrennen um die schönsten Farbnuancen. Am Boden ist das Laub schon braun, Ockertöne lockern das dichte Bett auf. An diesen verhangenen, regnerischen Tagen, die gerne auch den Nebel zulassen, blühen wir auf. Loslassen, von allem und jedem, die Natur aufnehmen und Teil von ihr sein, Teil des Großen.

Der Kaffee

Das Glück hat eine klare Note von Kakao mit Anklängen von Beeren und Rosinen und Nuss. Jeden Morgen, wenn ich die Kaffeedose öffne, strömt mir als Erstes dieser wunderbare Duft von dunklem Kakao entgegen. Sofort wird selbst der düsterste, regenwolkengraue Tag etwas heller. Zwei Löffel von dem Pulver zusammen mit etwas heißem Wasser, das auf keinen Fall gekocht haben darf, sind der perfekte Start in den Tag. Schon bei der Zubereitung macht mein Herz einen kleinen Hüpfer vor Freude. Den Glücksbringer kaufe ich in einer der Kaffee-Röstereien in Mönchengladbach. Im Moment heißt mein Favorit „Joyabaj“ und stammt aus der Rösterei Eskaro in Rheindahlen. Etwas weniger ausgeprägt ist die schokoladige Note beim „Guatemala SHB Antigua“ aus der Rösterei Arista. Dafür schmeckt das Glück mit diesem Arabica kräftiger und kündigt sich schon beim Kauf an. Zwei Mal in der Woche läuft bei Arista die Rösttrommel, dann begleitet einen der Kaffeeduft in der Albertusstraße von der Hindenburgstraße bis zur Steinmetzstraße – Glücksgefühle inklusive.

Die Schulpause

Jeden Werktag läutet vormittags eine schrille Glocke, was in mir immer wieder ein Glücksgefühl aufsteigen lässt. Egal, wie düster der Tag begonnen haben mag, egal, wie oft ich es erlebe. Die Glocke läutet an der benachbarten Grundschule die Pause ein. Es ist die große Pause. Was folgt, ist Geräusch gewordene Freude und Freiheit. Die Grundschüler schreien, toben, kreischen, lachen, rufen. Für zwei Dutzend Minuten hallt pures Leben vom Schulhof durch die Straßen. Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit, als vom Rollschuhlaufen aufgeschlagene Knie über den Kniestrümpfen mein Markenzeichen waren, wir Gummitwist oder Fangen spielten und das Leben noch vor uns lag. Zumindest von den Geräuschen her hat sich nichts geändert – das gilt auch für die Glocke, die wie ein überdimensionierter Aufziehwecker klingt. Wenn Ferien sind – oder während der monatelangen Zeit ohne Präsenzunterricht in der Pandemie – dröhnt die Stille in den Ohren. Es fehlt was. Umso schöner ist es, wenn am ersten Schultag wieder frühmorgens die plappernden Stimmchen auf dem Weg zur Schule zu hören sind. Es soll Menschen geben, die sich von Kindern gestört fühlen. Mir zeigen ihre Geräusche: Es ist alles in Ordnung.

Der Laubboden

Langsam beginnen die Temperaturen zu sinken. Langsam beginnen die Tage kürzer zu werden. Langsam beginnen die Blätter ihre Grüntöne gegen prächtige Rot- und Gelbtöne zu tauschen, bevor sie schließlich zu Boden segeln. Die Bäume bereiten sich auf ihren Winterschlaf vor, um im Frühling erneut in voller Fülle zu erwachen. Und während sie das tun, erfreue ich mich an dem Laub, das überall auf dem Boden liegt. Ich schaue den Kindern zu, die kreischend und voller Freude durch das Laub laufen und sich in die braunen Blätter fallen lassen, in dem Wissen, dass sie davon aufgefangen werden. Ich erinnere mich daran, wie sehr ich es geliebt habe, „Laubengel“ mit meinen Armen und Beinen zu zeichnen und danach stolz auf mein Werk zu blicken. Damals wie heute: Das sanfte Knirschen, das ertönt, wenn ich über das Laub laufe, erinnert mich daran, dass alles einem stetigen Wandel unterliegt. Und wenn die grünen Blätter anfangen, sich rot und gelb zu färben, weiß ich, es ist so weit, wieder mehr zu mir zu kommen und nach innen zu schauen.

Die Musik

Musik macht vieles besser – zumindest ist das bei mir der Fall. Das Putzen des Bads, langwieriges Gemüseschneiden, selbst die Laufrunde machen mit der richtigen Musik Spaß. Ist der Tag noch so grau oder die Motivation im Keller: Die richtige Musik hebt die Stimmung und macht glücklich. Das kann ein lange in der Playlist verschollener Klassiker von ABBA, schillernder Gute-Laune-Pop des Sängers MIKA oder das neue Album der Mönchengladbacher Band The Wide sein. Egal, ob in Richtung Rock oder Pop, die richtige Musik bringt schnell auf gute Gedanken. Noch glücklicher macht das Musikhören übrigens, wenn die Musik laut aufgedreht ist und man mitsingt – ob dabei auch die richtigen Töne getroffen werden, ist zweitrangig.

Die kindliche Freude am Herbst

An Bäumen schütteln, durch Pfützen springen, bunte Blätter sammeln und Kunstwerke daraus machen – es sind die kleinen Dinge, die in unserer Familie die Glücksinseln ausmachen, und im Herbst sind sie besonders reich gesät. Unser schönster Moment: Als Papa so kräftig am Baum schüttelte, dass die Äpfel und Birnen auf uns einprasselten wie der stärkste Hagelregen und wir mal besser die Bauarbeiterhelme eingepackt hätten. Schützend hielten die Kinder und ich unsere Hände über dem Kopf, um direkt als der prasselnde Guss überstanden war, ins feuchte Gras einzutauchen und so schnell es ging, die guten Früchte aufzusammeln, um sie in den Eimer plumpsen zu lassen (wer im Garten keine Obstbäume hat, kann etwa an Haus Horst sammeln gehen). Zuhause angekommen, schälten und schnippelten wir und kochten das leckerste Apfel-Birnen-Mus daraus und füllten es in die rot-karierten Einmachgläser. Wenn wir im Winter in den Keller gehen und ein Gläschen hervorholen, werden wir uns bestimmt an diesen Moment erinnern. Konserviertes Glück im Glas.

Das gemeinsame Bier

Bier kommt mal herb und mal ganz weich daher. Es legt sich vollmundig auf die Zunge oder gleitet süffig über sie hinweg. Für mich schmecken Alt, Pils, Kölsch und Co. aber vor allem nach einem: Geselligkeit. Auf meiner Glücksinsel stehen eine oder zwei Flaschen auf dem Tisch, das Handy bleibt stummgeschaltet in der Tasche, und Gespräche über frühere Zeiten, die Zukunft, Politik und gute Musik führen durch den Abend. Wir alle brauchen diese ruhigen Momente. Stunden, in denen wir uns Sorgen von der Seele reden, gemeinsam mit neuen und alten Freunden lachen können. Seit der Corona-Pandemie weiß ich das umso mehr zu schätzen. Bier spielt dabei nur eine untergeordnete, aber genussvolle Rolle. Egal, ob mit oder ohne Alkohol. Und: Aus der Region sollte es sein. Denn Marken wie das Mönchengladbacher Hensen-Bier spiegeln auch den Charakter einer Stadt wider, sind Teil der Kultur und schmecken deswegen finde ich umso besser.

Das Vögel Beobachten

Eine köstliche Tasse Kaffee macht glücklich.

Eine köstliche Tasse Kaffee macht glücklich.

Foto: Garnet Manecke
 So schön ist der Wald im Herbst.

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Foto: Susanne Jordans
 Die Erich-Kästner-Grundschule in Geneicken.

Die Erich-Kästner-Grundschule in Geneicken.

Foto: Denisa Richters
Laub bedeckt den Boden im Bunten Garten.

Laub bedeckt den Boden im Bunten Garten.

Foto: Pardis Shafein
 Bei einem Getränk zusammensitzen und quatschen tut einfach gut.

Bei einem Getränk zusammensitzen und quatschen tut einfach gut.

Foto: dpa/Angelika Warmuth
Obstammeln ist zum Beispiel an der Streuobstwiese Haus Horst möglich.

Obstammeln ist zum Beispiel an der Streuobstwiese Haus Horst möglich.

Foto: Markus Rick (rick)
Zu den Glücksmomenten gehört, wenn man Vögel in der Natur beobachten kann - wie dieses Rotkehlchen in Geneicken.

Zu den Glücksmomenten gehört, wenn man Vögel in der Natur beobachten kann - wie dieses Rotkehlchen in Geneicken.

Foto: Carsten Pfarr
DIe Lieblingsmusik sorgt schnell für gute Laune.

DIe Lieblingsmusik sorgt schnell für gute Laune.

Foto: Anna Kirsten

Die bunten Herbstblätter sind eine Augenweide. Und während meine Kolleginnen sich freuen, durch das Laub zu laufen und es bestenfalls sogar mit Kind oder Hund zu genießen, hat der Blätterfall für mich einen positiven Nebeneffekt: Er gibt die Sicht frei auf das putzige Treiben der Piepmatze. Da hüpft ein Rotkehlchen von einem Ast zum nächsten und trällert ausgelassen. Ein Kleiber arbeitet sich auf der Suche nach Nahrung an einem Baumstamm ab. Und sogar der sonst so scheue Eichelhäher ist durch das offene Blättermeer zu erblicken. Kaum etwas entspannt mich mehr, erlaubt mir mehr, meine Gedanken kreisen zu lassen, als das stille Beobachten der Vögel. Ihr Gesang ersetzt die Musik. Auf der Suche nach ihnen wird der Baum zum natürlichen Wimmelbild. Und gleichzeitig ist es ein Ratespiel: Erkenne ich auf Anhieb, welcher Piepmatz das ist? Kann ich das Zwitschern schon vor Erspähen des Vogels der Art zuweisen? Und das Beste dabei: Es kostet rein gar nichts und ist quasi überall möglich. Es braucht nur einen Baum und eine Sitzmöglichkeit. Viel Spaß!

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