Mönchengladbach Denkanstoß Jesus unter das Volk bringen

Mönchengladbach · Dietrich Denker denkt darüber nach, wo er die Anwesenheit von Jesus in seinem Alltag überall sieht. Der evangelische Superintendent empfiehlt, die Augen dafür offen zu halten.

 Jesus am Kreuz

Jesus am Kreuz

Foto: dpa/Nicolas Armer

Vor uns liegt ein langes Wochenende, das mit dem für mich katholischsten aller Feiertage, Fronleichnam, startet. Wenn nicht eine Corona-Schutzverordnung Versammlungen verbietet, wird in vielen katholischen Gegenden in einem prächtig verzierten Gefäß (Monstranz) eine geweihte Hostie durch die Straßen getragen. In der Hostie sehen die Gläubigen Jesus Christus vergegenwärtigt. Und so tragen sie Jesus durch die Straßen, auf die Plätze und unters Volk.

Als evangelischer Christ teile ich diesen Glauben an die reale Gegenwart Jesu im geweihten Stück Brot so nicht. Das macht aber nichts, denn am Ende ist das nicht entscheidend. Entscheidend ist die Nachricht dahinter: Jesus wird in die Welt getragen. Er bleibt nicht hinter Kirchenmauern verborgen. Er ist da, wo wir Menschen leben. Er ist Brot für die Welt in Fußgängerzonen und auf den Straßen.

Manchmal denke ich, ich habe Jesus auf dem Weg durch unsere Stadt gesehen: Er hat ein weinendes Kind getröstet und der alten Dame über die Straße geholfen. Er hat dem Wohnungslosen vor dem Supermarkt die Zeitung Fifity-Fifty abgekauft und an einem Krankenbett ein Lied gesungen. Er hat Kinder bei ihren Hausaufgaben betreut, als die Eltern arbeiten mussten, und im „Café Pflaster“ wunde Füße verbunden. Mit einer Trauernden hat er fast eine ganze Stunde auf der Friedhofsbank gesessen und bei der Gladbacher Tafel Lebensmittel ausgeteilt. Er war beim „Gottesdienst an der Kante“ in Keyenberg, wo er sich für die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt hat, und beim Mitarbeiter im Objektschutz an der Abbaukante, mit dem er sich ein Wasser teilte. Er war in der Flüchtlingsunterkunft und hat mit Männern, Frauen und Kindern Deutsch gelernt. Und an vielen anderen Orten war er auch.

Wenn Jesus vorbeikommt, erblickt die Nächstenliebe das Licht der Welt. Trost, Zuversicht und Hoffnung sind auch nicht weit. Wie gut, dass Jesus trotz Corona unterwegs ist und in vielfältiger Gestalt durch unsere Straßen zieht. Halten wir die Augen offen, vielleicht kann er auch unsere Herzen, Füße und Hände brauchen. Dann ziehen wir mit ihm durch unsere Stadt und bringen Jesus unters Volk.

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