Reisebüros in Mönchengladbach Wenig Kundschaft, viel Ärger

Mönchengladbach · Für viele Länder sind die Reisewarnungen aufgehoben worden. Ein spürbarer Aufschwung für die Reisebüros in Mönchengladbach blieb dadurch aber aus. Die Angst bei den Kunden sei noch groß, der Unmut aber auch.

 Im First Reisebüro von Ute Dallmeier ist derzeit trotz Sommerferien nicht viel los.

Im First Reisebüro von Ute Dallmeier ist derzeit trotz Sommerferien nicht viel los.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Italien, Griechenland, Spanien oder Kroatien – Länder, die sich im Sommer stets großer Beliebtheit bei deutschen Urlaubern erfreuen. Auch in diesem Jahr ist eine Reise in diese Regionen möglich, trotz Corona. Denn die Reisewarnungen für die Länder sind seit einigen Wochen aufgehoben. Große Urlaubseuphorie entfacht das bei den Menschen trotzdem nicht, so zumindest die Erfahrung der Reisebüros in Mönchengladbach.

„Die Resonanz ist verhalten“, sagt Ute Dallmeier, Geschäftsführerin des First Reisebüros an der Bismarckstraße. Seit gut einer Woche gelten auf den Balearen-Inseln verschärfte Corona-Vorgaben. Unter anderem gilt nun die Maskenpflicht fast überall im Freien. Bei First Reisebüro gab es daraufhin gleich wieder Stornierungen. „Die Leute sind durch das Hin- und Her verunsichert“, sagt Dallmeier. Im Juni und Juli erzielte First Reisebüro, mit weiteren Büros am Alten Markt, in Rheindahlen sowie in Düsseldorf, nur zehn Prozent der Buchungen des Vorjahreszeitraums. „Die Leute machen lieber Tagestrips“, sagt Dallmeier.

Diesen Eindruck hat auch Karsten Radermacher, Inhaber des Tui Reisecenters in Rheydt. „Die Leute suchen eher erdgebundene Reiseziele in der Nähe“, sagt er und meint damit Reisen, die mit dem Auto zu bewältigen sind. Gefragt sei bei den Kunden vor allem die deutsche und niederländische Küste, dort sei „Land unter“, wie es Radermacher ausdrückt. Heißt: hohe Auslastung, aber auch gestiegene Preise. Für Juni und Juli verzeichnet Radermacher einen Umsatzverlust von 80 Prozent zum Vorjahr, im April und Mai waren es sogar 95 Prozent.

Die wirtschaftliche Lage bleibt für die Reisebüros in Mönchengladbach prekär. Bei First Reisebüro sind die Mitarbeiter in 50-prozentiger Kurzarbeit. Die staatlichen Soforthilfen hat Dallmeier damals sofort beantragt. 25.000 Euro bekam sie, da in ihrem Unternehmen mehr als 30 Mitarbeiter angestellt sind. „Besser als gar nichts, aber eigentlich keine große Hilfe“, sagt sie.

Denn Einnahmen gab es zu jener Zeit fast keine: Die Provisionen der vermittelten Reisen bekommen die Anbieter nur, wenn die Reise auch angetreten wird. Dieser Fall trat zumeist nicht ein. Demnächst erhält Dallmeier noch einen Überbrückungszuschuss von 50.000 Euro für drei Monate, um die Betriebskosten zu decken.

Marion Esser, Inhaberin des alltours Reisecenters, beantragte die Soforthilfe ebenfalls. Sie bekam 9000 Euro, da sie ihr Geschäft an der Bismarckstraße alleine führt. Mit der Aufhebung der Reisewarnungen hatte sie gehofft, zumindest ein wenig Aufschwung zu verspüren. Doch das Thema Corona ist für sie noch zu allgegenwärtig. „Die Angst ist einfach da, sich an einen Vertrag zu binden und nicht zu wissen, was kommt“, sagt Esser. Sie verzeichnet ebenfalls Umsatzeinbußen von 80 bis 90 Prozent. Die wenigen Buchungen gehen derzeit vor allem auf jüngere Leute zurück, beobachtet sie. Die Ziele seien in erster Linie Bulgarien und Griechenland. Letzteres vor allem, da dort die Infektionszahlen sehr gering ausfielen.

Ihr Tagesgeschäft dominieren aber weiterhin Stornierungen. „Die Kunden wollen vor allem wissen, wie man aus einer Reise wieder herauskommt“, sagt Esser. Mit dem Wegfall der Reisewarnung bleiben allerdings nur die normalen Stornierungsbedingungen. Das gefällt nicht jedem. Esser hat daher mit vielen ungeduldigen Kunden zu tun: „Viele vergessen schnell, dass wir alles für sie versuchen – und nicht einmal Geld dafür bekommen.“

Dallmeier macht ähnliche Erfahrungen: „Die Kunden drohen uns teilweise mit dem Rechtsanwalt. Wir sind schuld – das wird dann schnell sehr vorwurfsvoll im Ton, da braucht man starke Nerven. Dabei verstehen die meisten nicht, dass wir nur Vermittler sind und der Vertrag mit dem Reiseveranstalter besteht.“

Sie vermisst zudem eine gewisse Solidarität. „Die Kunden fragen nun sogar nach Rabatten, man müsste ihnen ja in der Situation jetzt entgegenkommen“, sagt sie. Dabei gehen die Reisebüros selbst am Stock. Hinzu kommt, dass der Kontakt zu den großen Konzernen aufgrund der Kurzarbeit schwierig ist, das Geld häufig nur schleppend zurückgezahlt wird. Bei Tui seien die Telefone bis heute ausgestellt, eine Kommunikation nur per E-Mail möglich. Das dauere, berichtet Radermacher.

Dallmeier hofft zumindest auf mehr Businessreisen im letzten Quartal und das Herbstgeschäft – sofern weitere Reisewarnungen aufgehoben werden. Die Auswirkungen aus diesem Jahr werden aber auch 2021 noch zu spüren sein, glaubt Radermacher. „Auch 2021 erwarte ich 40 Prozent weniger Umsatz, da kommt man nur mit kleinen Schritten wieder raus.“

Marion Esser sieht trotz der schlechten Nachrichten aber auch eine Chance in der Krise: „Vielleicht bestellen die Leute künftig weniger im Internet und kommen häufiger ins Reisebüro. Hier haben sie bei Problemen einen direkten Ansprechpartner.“

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