Kultur in Mönchengladbach Süddeutsche Orgel mit kernigem Klang

Mönchengladbach · Die im Jahre 1961 erbaute Rieger-Orgel in der Münsterbasilika imponiert in jeder Weise, entspricht aber nicht dem Klangideal ihrer Herkunftsregion.

 Die Orgel der Münsterbasilika überzeugt nicht nur durch ihr ästhetisches Erscheinungsbild. Auch der Klang ist beeindruckend.

Die Orgel der Münsterbasilika überzeugt nicht nur durch ihr ästhetisches Erscheinungsbild. Auch der Klang ist beeindruckend.

Foto: Olaf Hennig

Nachdem die Vorkriegsorgel der Basilika St. Vitus – ein umfangreiches Werk des Orgelbauers Franz Wilhelm Sonreck, das später von der Orgelbaufirma Stahlhuth erweitert wurde – nicht etwa durch Kriegsschäden, sondern vielmehr durch Plünderungen des Materials unbrauchbar geworden war, entschieden sich der Kirchenvorstand und Münsterkantor Viktor Scholz im Jahre 1959 für einen Orgelneubau. Gemeinsam wählten sie die österreichische Firma Rieger aus Schwarzach/Vorarlberg.

„Es war damals mutig, aber auch zukunftsorientiert, bahnbrechend und richtungsweisend, sich für einen klassischen, neobarocken Aufbau zu entscheiden“, erklärt Münsterkantor Klaus Paulsen. An barocken Vorbildern orientiert, erhielt die Orgel Schleifwindladen. Die Windladen sind wesentliche Bauteile der Orgel, die den vom Gebläse oder Balg kommenden Wind auf die einzelnen Pfeifen verteilen.

Außerdem erhielt das neue Instrument eine mechanische statt der damals üblichen elektrischen Spieltraktur, was nach mehr als einer achtzigjährigen Vorherrschaft anderer Windladensysteme und Trakturen beinahe ein Novum war. Die Traktur ist das Übertragungssystem von den Tasten des Spieltisches zum Ventilsystem in den Windladen.

Die meisten Pfeifen wurden in der Werkstatt der Firma Rieger gefertigt, Darunter befinden sich für die damalige Zeit typische und klanglich reizvolle Zungenstimmen und Aliquote. Bei diesen erklingt nicht der angeschlagene Ton, sondern einer seiner Obertöne. Das in Pedaltürmen untergebrachte Pedalwerk bildet ein angemessenes Pendant zum Prinzipalchor. Weicher und mit reizvollen kammermusikalischen Farbwerten ausgestattet, erscheinen die Klangfarben, die die beiden anderen Manuale – Brustwerk und Rückpositiv – bereithalten.

Das Gehäuse, gefertigt aus Mahagoniholz in massiver Bauweise, ist dreiteilig. Markant sind die schon erwähnten beiden seitlichen Pedaltürme.

Der Spieltisch ist klein, kompakt und übersichtlich, sodass jeder Spieler ohne Schwierigkeiten damit zurechtkommt. Das gilt auch für die logisch angelegte Registerschaltung.

Die mechanisch-elektrische Setzeranlage, welche die Möglichkeit bietet, Registerkombinationen im Vorhinein zu speichern, funktioniert auch nach 60 Jahren Gebrauch noch einwandfrei.

Glücklicherweise haben die Verantwortlichen auch an den Chor gedacht – der wird ansonsten bei Orgelneubauten häufig übersehen. Im Münster finden die Choristen um den Spieltisch herum eine Stufenanlage in Form eines Amphitheaters vor, die eine sinnvolle Choraufstellung ermöglicht.

Im Jahre 2008, nach Abschluss der Sanierungsarbeiten an der Münsterkirche, wurde die Orgel durch die Erbauer-Firma generalüberholt und konnte unverändert wieder in Dienst genommen werden.

Den Orgelbauern der südlichen Regionen – dazu zählt die renommierte Firma Rieger aus dem österreichischen Schwarzach - sagt man gemeinhin eine Vorliebe für Weichheit und Wärme des Klangs nach, für Gesanglichkeit und ein eher verhaltenes Strahlen.

Diesem Klangideal entspricht die Disposition (die klangliche Konzeption der auf drei Manualen – also Klaviaturen – und Pedal verteilten 44 Register) eher nicht. Der Kern jeder Orgel, der so genannte „Prinzipalchor“, erscheint hier klanglich zum Teil fast stählern, dazu sind die bemerkenswerten Horizontaltrompeten, besser bekannt als „Spanische Trompeten“, von enormer Strahlkraft.

Münsterkantor Klaus Paulsen und Kirchenmusiker Heinz-Josef Clemens legen – neben den rein liturgischen Aufgaben und der Chorbegleitung – großen Wert darauf, die Rieger-Orgel, beispielsweise am Ende der Gottesdienste, auch immer wieder mit ausgewählter Orgelliteratur zur Geltung kommen zu lassen. Orgelkonzerte sind dagegen in der Münsterbasilika eher selten zu erleben.

 Orgel, Münster, Mönchengladbach

Orgel, Münster, Mönchengladbach

Foto: Olaf Hennig

In der Schrift „Orgeln in Mönchengladbach“ ist über das imposante Instrument zu lesen: „Mit Fug und Recht wird man die Münsterorgel als eine „Barockorgel“ bezeichnen dürfen. Ihr besonderer Reiz liegt darin, dass sie Charakteristika barocker Orgelkultur zu einer Synthese aus norddeutschem, französischem, spanischem und südlichem Orgelkolorit zusammenschließt. Das gibt ihr einen gewissen internationalen Touch“.

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