Denkanstoß zur Hauptkirche Rheydt in Mönchengladbach Der Hut muss wieder nach oben!
Mönchengladbach · Vor fast genau einem Jahr wurde der sanierungsbedürftigen evangelischen Hauptkirche in Rheydt in einer komplizierten Aktion die Turmspitze abgenommen. Scheinbar passiert nichts, doch das stimmt nicht, wie unsere Autorin schreibt: „Es ist wichtig, dass die Kirche wieder heil wird.“
Jetzt ist es schon einige Zeit her, dass der Turm von der Hauptkirche in Rheydt herunter musste. Viele Menschen haben zugesehen, wie Kostenpflichtiger Inhalt in einer komplizierten Aktion der riesige Kran den Turm der Kirche auf dem Rheydter Markt abgenommen hat. Nun steht er neben dem Haupteingang, sorgsam eingepackt und eingerüstet. Wenn man als Marktbesucherin daran vorbeiläuft, kann man den Eindruck bekommen, dass hier „Schicht“ ist. Der Turm steht herum, und Blümchen wachsen durch die Schutzfolie.
Viele Dinge sind zu tun, damit der Turm wieder aufgesetzt werden kann. Er muss erst einmal wieder in Ordnung gebracht werden, denn er wurde ja nicht ohne Grund abgenommen. Und der Rest der schönen Hauptkirche muss ebenfalls überarbeitet werden. Manche fragen sich, ob es in diesen Zeiten wirklich nötig ist, eine Kirche so aufwendig instand zu setzen. Schließlich gehören ja nicht mehr so viele Menschen zur Kirche, und es werden immer weniger. Eine Investition in ein Auslaufmodell also? Es ist richtig, sich darüber Gedanken zu machen. Auch darüber, ob das Geld nicht besser in andere Projekte fließen sollte.
Aber so einfach ist es nicht. Die Hauptkirche ist nicht nur irgendein Kapellchen, bei dem es egal ist, ob das Dach undicht ist. Sie ist stadtbildprägend. Sie ist Teil eines Ensembles von Rathaus und Marktplatz. Sie ist historisch bedeutend. Sie ist künstlerisch sehenswert. Sie ist der Ort für Konzerte und Kunstausstellungen, für interreligiösen Dialog: Sie ist Standort einer pulsierenden und vielfältigen Citykirchenarbeit. Aber das ist noch nicht alles. Die Evangelische Hauptkirche ist ein Identifikationsort. Die Zahl der Menschen, die mit der Hauptkirche eine Erinnerung verbinden, geht weit in die Tausende. Hier haben sich Brautpaare geküsst und Täuflinge gebrüllt. Sie ist ein Stück Heimat. Und auch wenn nicht alle, die das so empfinden, noch zur Kirche gehören – in vielen Gesprächen höre ich, dass es den Menschen weh tut, die Kirche so zu sehen. In unsicheren Zeiten wirken Symbole von Beständigkeit und Dauer schließlich besonders stark. Auch deshalb ist es wichtig, dass die Kirche wieder heil wird: Es tut einfach gut!
Die gute Nachricht ist: Der Turm soll wieder aufgesetzt werden. Das braucht eine lange Zeit der Begutachtung und Planung. Es wird nicht alles auf einmal gehen. Manche haben Sorge geäußert, dass am Ende die Kirche schön, aber die Menschen weg sind. Ja, da muss man aufpassen und die Prioritäten gut wählen. Die evangelische Kirchengemeinde hat sich entschieden, die Kirche schön zu machen und in den Nachwuchs zu investieren. Eine neue Jugendleiterin wird die Jugendarbeit in Schwung bringen. Ja, und dann brauchen wir einfach nur noch viele engagierte Menschen und etwas Glück, damit die alte Dame Hauptkirche wieder glänzen kann!
Martina Wasserloos-Strunk ist Leiterin der Philippus Akademie im ev. Kirchenkreis.