Vortrag im Haus der Regionen Der zukunftsgerichtete Blick des Philosophen Hans Jonas

Mönchengladbach · Auf Einladung der christlich-jüdischen Gesellschaft referierte der Arzt und Philosoph Ralf Seidel über Jonas’ Leben und Werk.

 Ralf Seidel sprach im Haus der Regionen über den Philosophen Hans Jonas.

Ralf Seidel sprach im Haus der Regionen über den Philosophen Hans Jonas.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Hans Jonas’ ökologischer Imperativ könnte als Motto gelten für eine ökologische Bewegung, wie sie die globale Schüler- und Studentenbewegung „Fridays For Future“ darstellt. So sieht es Ralf Seidel, der sich seit Jahren eingehend mit den Schriften des Philosophen beschäftigt. Mehrfach verwies Seidel im Vortrag „Freiheit heißt Verantwortung“ auf heutige Appelle zur Nachhaltigkeit mit dem Willen zur Verantwortung. Somit machte er auf Einladung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im gut besuchten Haus der Regionen die Aktualität in Jonas’ Schriften bewusst. Er sei auf den Philosophen Hans Jonas aufmerksam geworden, als er sich Anfang der 1980er Jahre mit ethischen Fragen in der Geschichte der Psychiatrie während der nationalsozialistischen Zeit auseinandersetzte, so der Initiator und langjährige Vorsitzende der Hans-Jonas-Gesellschaft.

Seidel berichtete, dass sich der Verfasser der Schrift „Das Prinzip Verantwortung“ bereits im Abituraufsatz am Stiftischen Humanistischen Gymnasium mit dem Thema Verantwortung beschäftigte. Sein „Ausgesetzt sein“ im Krieg habe ihn vermutlich darin bestärkt, über die Lebendigkeit nachzudenken. Dabei habe Jonas nicht allein dem Menschen eine Innerlichkeit zugeschrieben, sondern diese auch bei Pflanzen und Tieren vermutet.

In der ethischen Fragestellung sei für Jonas die Auseinandersetzung mit den technischen Möglichkeiten des Menschen und den daraus erwachsenen Folgewirkungen für spätere Generationen entscheidend gewesen. Der Philosoph habe ein verantwortungsbewusstes Handeln im Blick auf zukünftige Generationen eingefordert.

Seidel hob hervor: „Für Jonas gibt es den freien Willen. Der Mensch kann entscheiden und muss Stellung nehmen. Fatalismus ist Todsünde“. Er berichtete, dass Jonas kaum über Auschwitz, aber gerne und viel über Gott und in der Gottesfrage nach Ausschwitz gesprochen habe. Im Versuch einer Annäherung habe Jonas formuliert, die Vorstellung von der Allmacht Gottes müsse aufgegeben werden.

Im Verzicht auf die Allmacht habe Gott den Menschen verantwortlich gemacht – auch für das Böse. Beim Blick auf das Leben des Mannes, der als Sohn des Textilfabrikanten Gustav Jonas und dessen Frau Rosa, Tochter des Krefelder Oberrabbiners Jakob Horrowitz, geboren wurde, berichtete Seidel, dass Jonas noch fünf Tage vor seinem Tod 1993 die gemeinsame Verantwortung für den Planeten thematisierte.

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