Kolumne Denkanstoß „Work in progress“ oder Baustellen stehen für Zukunft

Mönchengladbach · Die katholische Kirche in Mönchengladbach und im Bistum Aachen ist eine Baustelle. Pastoralreferentin Annette Diesler beschreibt, wie sie den Prozess empfindet.

Die katholische Kirche in Mönchengladbach wird neu strukturiert, hier die Kirche St. Mariä Empfängnis in Venn.

Die katholische Kirche in Mönchengladbach wird neu strukturiert, hier die Kirche St. Mariä Empfängnis in Venn.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Marode Brücken, kaputte Straßen – gefühlt kaum eine Wegstrecke, die sich ohne Baustelle bewältigen lässt. Das nervt. An Baustellenschildern interessiert mich normalerweise nur der Hinweis, wann die Baustelle wieder aufgehoben wird. Diesmal jedoch blieb ich bei dem Hinweis hängen: „Wir bauen für SIE! Wir arbeiten an IHRER Zukunft!“ Das hat mich nachdenklich gemacht und für einen Perspektivwechsel gesorgt. Statt lästiges Ärgernis Dienstleistung für mich und meine Zukunft.

Ganz ähnlich geht es mir mit den kirchlichen Reformprozessen. Es sind so viele Baustellen (Missbrauch, die Krise der Institution Kirche, die Rolle der Frau, Umgang mit Sexualität etc.) zu bewältigen, dass man entnervt stöhnt und denkt: nicht schon wieder eine Versammlung, ein Gremium, ein Veränderungsprozess. Anfang März erst ging der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland zu Ende. Über zweihundert Synodal:innen haben miteinander in vier Foren darum gerungen, wie die Weichen nach dem Missbrauch neu gestellt werden können. Das Ergebnis der dreijährigen Beratung spiegelt sich in 15 beschlossenen Texten wider. Dabei wurden Prävention und Intervention bei sexuellem und geistlichem Missbrauch deutlich verbessert. Auch im Bereich Sexualität sind beispielsweise durch die Zustimmung zu Segensfeiern für homosexuelle Paare Fortschritte erzielt worden. Allerdings sind (zu) viele Veränderungen erst ermöglicht, aber noch nicht umgesetzt worden. Hier darf man auf die konkrete Praxis im jeweiligen Bistum gespannt sein.

Damit bin ich beim Heute-bei-dir-Prozess im Bistum Aachen. Auch hier ist man mit der vierten Synodalversammlung in der Umsetzungsphase angekommen. Auf der Homepage des Bistums kann man dazu lesen: „Wir lernen eine neue Sprache, ein neues Denken.“ Für Mönchengladbach heißt das: Zukünftig stellt der „Pastorale Raum“ den „Orten von Kirche“ (den Gemeinden, den Pfadfindern, den kirchlichen Projektgruppen etc.) die für ihr Engagement nötige Infrastruktur zur Verfügung. Damit dies lebendig und wirksam für möglichst viele erfahrbar gemacht werden kann, ist vielfältiges Mitdenken und Mitarbeiten gewünscht und gefragt. Denn mit der Umstrukturierung der (Kirchen-)Gemeinden ist es wie mit den Straßenbaustellen: „Wir bauen für SIE! Wir arbeiten an IHRER Zukunft!“

Annette Diesler ist katholische Pastoralreferentin im Regionalteam Mönchengladbach.

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