Frühkindliche Sprachförderung Damit Kinder richtig sprechen lernen

Mönchengladbach · Die Schuleingangsuntersuchungen haben es gezeigt: Mehr als 40 Prozent der Kinder haben in Mönchengladbach schlechte Deutschkenntnisse. Die städtischen Kitas wollen etwas dagegen tun und neue Wege gehen.

 Wenn Simone Rackstraw, Fachkraft Sprache in der Kita Pahlkestraße, den Koffer „Otto“ auspackt, sind die Kinder sofort bei der Sache. Sie fragen, erzählen und antworten.

Wenn Simone Rackstraw, Fachkraft Sprache in der Kita Pahlkestraße, den Koffer „Otto“ auspackt, sind die Kinder sofort bei der Sache. Sie fragen, erzählen und antworten.

Foto: Gabi Peters

Wenn in der Kita Pahlkestraße der Sprach-Koffer „Otto“ zum Einsatz kommt, sind die Kinder sofort dabei und wollen mitmachen. In dem Gepäckstück sind Bilderkarten, Tücher, Figuren – alles Dinge, die die Mädchen und Jungen zum Sprechen animieren sollen. Das wirkt. Kaum hat Simone Rackstraw, Fachkraft für Sprache in der  städtischen Kita, eine Karte mit einer Figur gezückt, ruft ein Kind: „Die sieht aber aggressiv aus.“ Und schon unterhalten sich die Kinder. Der Kindergarten Pahlkestraße gehört zu den Sprach-Kitas in der Stadt. Im Januar 2016 hatte der Bund das Förderprogramm für Sprach-Kitas gestartet. Das Jugendamt der Stadt zieht mit einem ergänzenden Sprachförderkonzept nach.

Warum wurde das Programm aufgelegt? Die Zahl der Kinder mit Sprachdefiziten steigt, sprachliche Bildung ist aber wichtig für die weitere Entwicklung. Damit jedes Kind die gleichen Startchancen bekommt, sollte die sprachliche Bildung schon so früh wie möglich beginnen.  „Auch bei uns gibt es mehr Kinder mit Sprachdefiziten, das gilt sowohl für Kinder mit Migrationshintergrund als auch für deutsche Kinder“, sagt Jugenddezernentin Dörte Schall. Rosie Weuthen, Leiterin der Kita Pahlkestraße, kann das bestätigen: „Es wird in den Familien weniger gesprochen. Manche Kinder haben noch nie mit ihren Eltern am Tisch gesessen. Viele essen vor dem Fernsehen oder auch über dem Laptop. Das machen auch Zwei- bis Dreijährige schon.“

Was macht eine Sprach-Kita eigentlich? Mit dem Programm Sprach-Kitas unterstützt das Bundesfamilienministerium alltagsintegrierte sprachliche Bildung. Das Programm richtet sich hauptsächlich an Kitas mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit besonderem Förderbedarf. In Mönchengladbach gibt es insgesamt 21 Sprach-Kitas, 19 davon sind städtisch. Sie alle haben eine zusätzliche Fachkraft für Sprache. Der Bund fördert die jeweils halbe Stelle und ebenso externe zusätzliche Beratung. Wie Hedwig Püllen, Fachberaterin der städtischen Sprach-Kitas in Gladbach, sagt, werde in den Kitas verstärkt auf Sprachanlässe geachtet. Dies könne auf ganz unterschiedliche Weise geschehen: zum Beispiel mit Erzählsäckchen, die Materialien passend zu einem Bilderbuch enthalten. „Die Kinder können die Geschichten dann nachspielen und ihren Geschwistern oder Eltern erzählen.“ Es gibt Kita-Büchereien, in denen sich Kinder und Eltern mehrsprachige Bücher ausleihen können, „denn häufig können sich Eltern hochwertige Kinderliteratur nicht leisten“, so Püllen. Gemeinsames Kochen, Kasperletheater oder individuelles Basteln fördere den Dialog. Wichtig sei, dass auch die Eltern mit ins Boot geholt würden.

Warum in der Kita nicht mehr nur Deutsch gesprochen wird? Dies sei vorbei. Kinder sollten sich auch in ihrer Muttersprache unterhalten dürfen, dies sei besser für die Eingewöhnung. Deshalb gibt es jetzt in vielen Sprach-Kitas Lesepaten, die den Kindern auf Arabisch, Türkisch und Kurdisch vorlesen. Bei vielen anderen Gelegenheiten im Kindergarten würden die Mädchen und Jungen automatisch Deutsch lernen. Beim Auftragen vom Essen, Tisch decken und Geschirr abwaschen beispielsweise. „Da erfahren die Kinder, was Teller bedeutet, wissen schnell, was oben und unten heißt“, sagt die Fachkraft.

Bringen Sprach-Kitas tatsächlich etwas? Davon sind Jugendamtsleiter Klaus Röttgen und seine Stellvertreterin Bärbel Braun überzeugt. Sieben städtische Sprach-Kitas aus Mönchengladbach, darunter fünf städtische, seien gerade mit einem Gütesiegel ausgezeichnet worden. Und weil man auf die Wirksamkeit der Sprach-Kitas setzt, will das Jugendamt jetzt einen Wissenstransfer ermöglichen. Demnächst finden zusätzliche Schulungen in den Kindergärten statt, die nicht Sprach-Kita sind, um die Qualität auf alle Kindergärten zu übertragen. Dafür sollen Tandems mit jeweils einer Sprach-Kita gebildet werden.

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