Einzelhandel „Wir müssen den Standort Rheydt stärken“

Mönchengladbach · Die ausgebildete Frauenärztin Franziska Rehmert wurde vor 25 Jahren Einzelhändlerin. Die Inhaberin der Damenboutique Marie Claire freut sich auf das gläserne Rathaus als neuen Frequenzbringer und wünscht sich weitere Initiativen, die Rheydter City neu zu beleben.

 Franziska Rehmert in ihrer Boutique Marie-Claire an der Harmoniestraße, die sie seit 1995 führt.

Franziska Rehmert in ihrer Boutique Marie-Claire an der Harmoniestraße, die sie seit 1995 führt.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Franziska Rehmert ist gerade von einem Order-Termin in München zurück. In den dortigen Showrooms der Modelabels hat sie ihr Angebot für die kommende Herbst-/Winterkollektion komplettiert. Verkaufen will sie die hochwertigen Textilien in ihrer Rheydter Boutique Marie Claire an der Harmoniestraße. Rehmert hat dieses Mal weniger Ware geordert als in den Vorjahren. „Ich habe leichten Umsatzrückgang im Geschäft. Die Textilhersteller nehmen keine Ware, die ich einmal bei ihnen gekauft habe, zurück. Da wird das Ordern schnell zu einem Tanz auf dem Vulkan“, sagt sie.

Gründe für den Umsatzrückgang findet Rehmert einige. „Natürlich setzt uns der Internet-Handel zu. Aber es geht vor allem um den Standort: Die lange Umgestaltung des Marktplatzes hat uns Einbußen gebracht. Wer geht schon gerne nahe Großbaustellen shoppen?“ Nun sind wichtige Anlaufstellen und damit Passanten weggefallen: „Flanieren bedeutet, sich nach einem besonderen Oberteil umzusehen, aber auch, gleichzeitig Druckerpatronen und Unterwäsche zu kaufen.“ Diese Kombination sei im Umfeld mittlerweile schwer. Saturn und C&A sind weg, die Stadtsparkasse hat ihr Firmenkundengeschäft an die Bismarckstraße verlegt. „Alles, was Lücken reißt, ist gefährlich“, sagt Rehmert.

Das geplante neue gläserne Rathaus sieht sie deshalb als große Chance für Rheydt: „Das Konzept ist wirklich gut.“ Daneben gibt es Initiativen, die ebenfalls den Wandel herbeiführen wollen. Dazu zählt das Engagement des Quartiermanagements vom SKM Rheydt (Katholischer Verein für soziale Dienste in Rheydt e. V.). Der Verein hat 16 Leerstandsnutzungen angestoßen, die zunächst zeitlich limitierte Pop-up-Stores anbieten, mit dem Ziel einer späteren langen Nutzung. Vertreter aus unterschiedlichen Branchen von der Gastronomie über Hochschulprojekte bis zum Einzelhandel nutzen das Programm. „Es wäre wirklich schön, wenn die Belegungen dauerhaft wären“, sagt Rehmert.

An dem Projekt, in der Weihnachtszeit von Einzelhändlern selbst finanzierte Christbäume in der Rheydter Innenstadt aufzustellen, beteiligte sie sich. Initiator ist Roland Beeten, Mitglied im City Management und Inhaber des gleichnamigen Textilhauses. „Wir müssen den Standort stärken. Das kann auch gelingen, indem Wohnraum im Zentrum aufgewertet und auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten wird, sodass die kurzen Wege attraktiver werden“, sagt Rehmert. Die Studenten der Hochschule benötigten viel mehr Angebote, die ihren Interessen entsprächen. „Parken könnte samstags in der City kostenlos sein, um einen Anreiz zu schaffen, bei uns bummeln zu gehen. Rheydt muss viel bunter, individueller und lebendiger werden.“

Ihre Boutique führt Rehmert seit 1995. Sie ist ausgebildete Frauenärztin. Vor 25 Jahren wechselte sie durch einen Zufall in die Modebranche. „Es gibt schon Parallelen, denn in beiden Berufsbildern trifft man auf Frauen, die ganz viel von sich erzählen“, sagt sie schmunzelnd. Ihr Partner hatte damals eine Textilvertretung, eine seiner Kundinnen suchte eine Nachfolgerin für ihre Boutique Marie Claire. Rehmert fand die Idee, im eigenen Laden einkaufen gehen zu können, verlockend und wagte den Sprung in den Einzelhandel. Bereut hat sie es nie: „Irgendwann hatte ich mich dann in der Mode festgefressen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort