Landtagswahl 2022 in Mönchengladbach CDU und Grüne jubeln, SPD und FDP enttäuscht

Mönchengladbach · Beide Wahlkreise gehen an die CDU, deren Kandidaten Vanessa Odermatt und Jochen Klenner die  Mitbewerber weit hinter sich lassen. Die SPD zittert bis in die Nacht um ein Mandat über die Liste. Die Grünen verdreifachen ihr Ergebnis von 2017. Andreas Terhaag von der FDP ist raus.

Fotos aus Mönchengladbach: Der Wahlabend, die Kandidaten, die Redaktionen bei der Landtagswahl 2022
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Der Wahltag in Mönchengladbach in Bildern

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Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

So spannend der Wahlkampf war, der Landtagswahlabend in Mönchengladbach war es nicht. Denn bereits mit der ersten Hochrechnung für NRW waren auch die Würfel in Mönchengladbach gefallen. Denn das Landesergebnis, so wurde bald deutlich, spiegelte sich in dem der Stadt in etwa wider.

Kurz nach 18 Uhr brandet auf dem Rheydter Marktplatz Jubel auf. Die CDU hat ihre Wahl-Party samt Großmonitor auf die Außenterrasse des Ratskellers verlegt. Als die Balken der ersten Hochrechnung nach oben schnellen, ist klar, dass das Rennen zwischen CDU und SPD doch nicht so knapp ausfällt wie erwartet. 35 Prozent für die Christdemokraten, die SPD erst sieben Punkte dahinter. Das beflügelt die beiden Mönchengladbacher Kandidaten Vanessa Odermatt, die im Süd-Wahlkreis 50 erstmals für die CDU antritt, und Parteichef Jochen Klenner, der im Norden der Stadt im Wahlkreis 51 sein Landtagsmandat verteidigt. „Die klaren Wahlsieger sind CDU und Grüne“, so Klenner. Der Wählerwille müsse sich auch in der nächsten Landesregierung wiederfinden.

An diesem Trend ändert sich auch im Laufe des Abends auf kommunaler Ebene nichts. Odermatt und Klenner siegen in beiden Wahlkreisen mit großem Abstand vor den Kandidaten der SPD. Klenner kommt auf 42 Prozent der Erststimmen, Odermatt auf 38,6 Prozent – die SPD-Kandidaten lassen sie mit knapp 14 Punkten (Josephine Gauselmann) und zehn Punkten (Michael Roth) weit hinter sich.

Bei der SPD macht sich schnell Ernüchterung breit. Die beiden Direktkandidaten Josephine Gauselmann und Michael Roth blicken wie in Schockstarre auf die Präsentation, kurz darauf verbreitet die Mönchengladbacher SPD-Vorsitzende Gülistan Yüksel ein wenig Optimismus, als sie eine rot-grüne Regierungsoption beschwört. Da ist schon klar, dass Roth über die Landesliste nicht einzieht ins Parlament, Gauselmann muss lange zittern mit ihrem Listenplatz 42, ob das für einen Sitz im Landtag reicht. Bis tief in die Nacht ist das noch nicht entschieden. „Der Trend ist natürlich erst einmal ernüchternd“, sagt Gauselmann. „Aber wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht und viele Menschen motiviert, sich mit Politik zu beschäftigen. Insofern habe ich die Wahl gewonnen, egal wie sie ausgeht.“ Michael Roth sagt seinen Parteifreunden: „Lasst uns das mitnehmen, heute ist es erst einmal scheiße. Aber ab morgen arbeiten wir daran, dass wir die Menschen besser erreichen.“

Und doch ist die Enttäuschung bei vielen altgedienten Genossen bei der Wahlparty im Zwischenraum Rheydt groß. Es droht eine historische Schmach. „Wenn die Mönchengladbacher SPD zum ersten Mal nach 37 Jahren nicht mehr im Landtag vertreten sein sollte, dann tut das weh“, sagt der scheidende Abgeordnete Hans-Willi Körfges, der nach 22 Jahren nicht mehr angetreten war.

Auch bei den Grünen reicht die erste landesweite Hochrechnung, um sie in Partystimmung zu bringen. Lena Zingsheim-Zobel, Kandidatin für den Wahlkreis Süd, war mit dem Listenplatz neun so gut abgesichert, dass sie schon bei fünf Prozent für die Grünen in den Landtag eingezogen wäre. Um kurz nach 18 Uhr zeigt die erste landesweite Prognose im Fernsehen satte 18 Prozent für die Bündnis-Grünen. Da geht nichts mehr schief.

Zingsheim kann sich vor Gratulationen kaum noch retten. Und sie freut sich sichtlich. Nach zehn Jahren in der Partei zieht die berufstätige Mutter von zwei Kindern in den Landtag ein. Auch wenn ihr Ergebnis und das der Mönchengladbacher Grünen mit gut 16 Prozent unter dem Landesschnitt liegt, so hat es sich im Vergleich zur Landtagswahl 2017 doch immerhin verdreifacht. Auch Martin Wirtz, Landtagskandidat der Grünen für den Nord-Wahlkreis 51, der zwar ohne Listenplatz keine Chancen auf einen Sitz im Landtag hat, ist überwältigt von dem Ergebnis. „Wir haben zwar mit einem Stimmenzuwachs gerechnet, aber dass er so hoch ausfällt, das ist einfach toll“, sagt er.

Und so wird es eine fröhliche, zum Teil auch feucht-fröhliche Feier. Die meisten Partygäste sind mit dem Fahrrad angereist, aus ökologischen Gründen natürlich. Hajo Siemes, seit 40 Jahren bei den Grünen und Bürgermeister: „Jetzt sind wir da, wo wir immer hinwollten: Wir haben eine Landtagsabgeordnete und eine Bundestagsabgeordnete und einen Bürgermeisterposten. Und ich darf das noch erleben.“

Kurz vor 18 Uhr ist die Zuversicht noch da im Tennisclub am Rosengarten. Dort hat sich die FDP zur Wahl-Party getroffen. Auch Andreas Terhaag, aktuell Landtagsabgeordneter und Direktkandidat des Wahlkreises 51, ist gekommen, wartet mit Kaltgetränk in der Hand im Biergarten der Gastronomie. Dann folgt er dem Tross ins Innere. Kurz nach 18 Uhr ist es plötzlich ganz still. Nach dem Raunen, als 5,5 Prozent der ersten Prognose für die Liberalen auf dem Bildschirm erscheinen, passiert erst einmal nichts. Terhaag verzieht das Gesicht, hält seine Partnerin Bianca Wiemann im Arm. „Das ist eine relative Katastrophe“, sagt er später.

Terhaag verliert sein Mandat. Er steht auf Platz 18 der Reserveliste – aussichtslos, dass der zieht. Einige Gäste wollen es noch nicht wahrhaben, hoffen auf Verbesserungen bei der Auszählung, aber die bleiben aus. Mit einem so schlechten Ergebnis hatten die wenigsten gerechnet. Die Umfragen vor der Wahl hatten zwar ein schwächeres Abschneiden als 2017 prognostiziert. Aber die meisten Liberalen gingen trotzdem von sieben oder acht Prozent aus. „Als FDP-Mitglied bin ich sehr leidensfähig“, sagt Daniel Winkens, der im Wahlkreis 50 angetreten ist. „Das ist Demokratie. Wir müssen das jetzt aufarbeiten.“ Auf eine Party hat niemand mehr Lust, gegessen und getrunken wird trotzdem. Und noch mehr diskutiert, als die Stille überwunden ist.

Die AfD verliert auch in Mönchengladbach leicht an Boden. Während sie im Wahlkreis 50 mit 6,1 Prozent in etwa ihr Ergebnis von vor fünf Jahren hält, verliert sie im Norden 1,4 Prozentpunkte der Zweitstimmen und landet bei 4,3 Prozent. „Ein überraschendes, aber kein enttäuschendes Ergebnis“, sagt Notvorstand Jürgen Spenrath. Eigentlich ist er Vorsitzender der Kreistagsfraktion in Heinsberg: „Unsere Themen waren nicht im Fokus dieser Wahl“, glaubt Spenrath. Die Wählerentscheidungen seien sehr an die Bundespolitik gekoppelt gewesen. Die Linken sind völlig außen vor. „Unsere Bundespartei ist am Boden, sodass die Menschen uns nicht abnehmen, dass wir für sie eintreten“, sagt der Vorsitzende und Direktkandidat Sebastian Merkens.

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