CDU in Mönchengladbach Basis trifft OB-Bewerber

Mönchengladbach · Vom Händeschütteln, Umarmen und Verantwortung-Übernehmen-Wollen: Bei der ersten von vier Stadtbezirksversammlungen der CDU stellten sich Frank Boss und Petra Heinen-Dauber als mögliche OB-Kandidaten den Mitgliedern vor. Ein Besuch.

 Bürgermeisterin Petra Heinen-Dauber stellte sich den Parteimitgliedern in ihrer Rede vor, in den Händen ein Manuskript.

Bürgermeisterin Petra Heinen-Dauber stellte sich den Parteimitgliedern in ihrer Rede vor, in den Händen ein Manuskript.

Foto: Markus Rick (rick)

Wenn es stimmt, das Politik an der Basis beginnt, dann müssen sich Politiker zuallererst auch mit Keglern und Currywurst mit Fritten beschäftigen. Die Mitgliederversammlung der CDU im Stadtbezirk West an diesem Mittwochabend bildet da keine Ausnahme. Aber sie hat eine Besonderheit: Denn an diesem Abend beginnt der parteiinterne Wahlkampf zwischen den beiden Politikern, die im September 2020 gerne für die Union zum Oberbürgermeister gewählt werden wollen. Frank Boss (58) und Petra Heinen-Dauber (55).

Es ist kurz vor 20 Uhr im Haus Schroers in Holt,  bürgerliche Gaststätte mit Kegelbahn, Biergarten und Festsaal, als Frank Boss in den Saal kommt. „Frank, grüß dich!“, ruft ein Parteifreund mittleren Alters. Er steht auf und lässt sich von Boss umarmen, man klopft sich auf den Rücken. Petra Heinen-Dauber ist da schon längst vor Ort gewesen, hat sich einen Platz relativ weit vorne im Saal gesucht. Eine Frau kommt auf Sie zu, schüttelt die Hand, stellt sich vor. „Wir kennen uns doch, wir waren doch neulich zusammen mit der Frauen-Union im Tiergarten“, sagt Heinen-Dauber. Sie geht auf Menschen zu, die sie noch nicht so gut kennen, schüttelt Hände, stellt sich vor. Und Boss umarmt, klopft auf Rücken, gibt Begrüßungsküsschen, gratuliert zu Goldhochzeiten. Der Landtagsabgeordnete Boss hat gewiss einen höheren Bekanntheitsgrad unter den Mitgliedern als die Bürgermeisterin Heinen-Dauber.

„Wir kennen ja beide Bewerber gut, da kann man ja eigentlich nix falsch machen. Aber entschieden habe ich mich nicht. Ich lasse es auf das Rededuell ankommen“, sagt Franz-Josef Bäumer, CDU-Mitglied und Ratsherr. Seine Gattin Renate Bäumer, die an diesem Abend für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt werden wird, pflichtet ihm bei. Ein anderes Parteimitglied schüttelt den Kopf: „Heinen-Dauber kenne ich nicht so gut. Ich weiß nicht genau, wo sie eigentlich herkommt.“ Die 55-Jährige beantwortet diese Frage mehrmals an diesem Abend: aus Odenkirchen. Dass Boss Giesenkirchener ist, das ist auch im Stadtbezirksverband West bekannt.

 Der Landtagsabgeordnete Frank Boss sprach frei, er nutzte seine Erfahrung als Parlamentarier und Fraktionsgeschäftsführer.

Der Landtagsabgeordnete Frank Boss sprach frei, er nutzte seine Erfahrung als Parlamentarier und Fraktionsgeschäftsführer.

Foto: Markus Rick (rick)

Als der Vorsitzende Sebastian Leppert die Versammlung eröffnet, beginnen offenbar auch Kegelfreunde im Haus Schroers ihren Abend. Man kann den kollektiven Jubel hören, wenn alle Neune gefallen sind. Leppert erklärt das Wahlverfahren, wobei an diesem Abend ja gar nicht der OB-Kandidat gewählt wird, sondern die Kandidaten für die Direktwahlkreise und die Reserveliste für den Rat. Aber verkündet: „Wir haben heute als erste die Chance, unsere beiden Bewerber kennenzulernen. Wir haben eine erstklassige Wahl.“ Boss sortiert währenddessen Papiere in einer Aktenmappe, hat eine Lesebrille aufgesetzt. Heinen-Dauber am anderen Ende des Saals hört interessiert zu. Eine Bedienung serviert Bolten-Alt auf Bitburger-Bierdeckeln und bringt einem hungrigen Mitglied eine Portion Currywurst-Fritten zur Ansprache der OB-Kandidaten. Das ist Basis.

Als erste darf sich dann Heinen-Dauber den Mitgliedern  vorstellen. Sie sagt, sie möchte daran arbeiten, dass Mönchengladbach eine lebens- und liebenswerte Stadt bleibe, in alle gerne wohnen. Boss wird später ähnliche Worte wählen. Heinen-Dauber sagt, sie habe durch das Bürgermeister-Amt „viele engagierte Menschen kennengelernt. Man erfährt, was gut läuft und wo der Schuh drückt.“ Boss spielt seine Karte als Landtagsabgeordneter und LVR-Fraktionsgeschäftsführer aus: „Regional denken, lokal handeln, Brücken bauen.“

Heinen-Dauber betont eine gute Nahversorgung, ausreichend Ärzte und Kita-Plätze, vielfältiges Wohnen für alle und ein „generationsübergreifendes, soziales Miteinander“. Sie wolle die „positive Stadtentwicklung stärken. Dazu bin ich als Oberbürgermeisterin bereit.“ Sie spricht kurz die Digitalisierung an. „Wir müssen sie gut vorbereiten und umsetzen. Ich weiß, dass viele Ältere skeptisch sein werden. Aber wir verbinden Tradition und Modernen gut miteinander.“ Und sie berichtet über sich selbst: „Meine Schwester und ich haben früh gelernt, für uns selbst zu sorgen und als Frauen unseren Mann im Leben zu stehen.“ Sie möchte jetzt die Verantwortung übernehmen, weil „Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und eine gute Kommunikation von Entscheidungen mir ganz besonders wichtig sind.“ Sie spricht nicht sehr laut, auch nicht in freien Worten, sie schaut immer wieder auf ihr Manuskript. Aber sie bekommt engagierten Applaus.

Boss zeigt sich als der erfahrenere Politiker, der es gewohnt ist, im Parlament zu sprechen. Er redet frei, die Hände halten einen Kugelschreiber. Er erklärt in ähnlichen Worten, warum er Verantwortung übernehmen will. Und er sagt: „Wir haben gute Wege beschritten, die CDU lenkt und gestaltet in dieser Stadt. Das Glas ist mindestens halbvoll, und ich möchte antreten, es noch voller zu machen.“ Er betont, wie wichtig die Infrastruktur, vor allem die digitale, sei. „Wir leben in einer Zeit, die neue Techniken und eine Schnelligkeit mit sich bringt. Es ist mir ganz wichtig, die sozialen Bereiche in der Digitalisierung mitzunehmen.“ Das sei keine Frage des Alters. Drüben poltert es wieder, und wieder brandet Jubel auf, vermutlich wieder alle Neune.

Er erklärt den Mitgliedern, warum er 2017 Landtagsabgeordneter werden wollte („das hat mich mit Stolz erfüllt“), und ein Mann mittleren Alters fragt sich: „Er will Landtagsabgeordneter und OB zusammen sein? Das geht doch nicht!“ Nein, wird auch nicht. Boss müsste sich im Falle einer Wahl aus dem Parlament zurückziehen und den Platz einem Nachrücker aus einem anderen Wahlkreis überlassen. Auch Boss bekommt Applaus. Schwer auszumachen, wer den Mitgliedern besser gefallen hat.

 Nach gut 20 Minuten sind beide Kandidaten durch. Sie verlassen die Plätze neben dem Vorsitzenden, gehen zurück in die Reihen. Ihre Wahl steht erst am 16. November an. „Als erstes wählen wir jetzt die Stimmzählkommission“, sagt der Vorsitzende Leppert. Und nebenan poltert es auf der Kegelbahn.

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