Gladbacher Caterer in der Corona-Krise „Wir haben 100 Prozent Absagen“

Mönchengladbach · Sie werden gerufen, wenn es was zu feiern gibt. Doch was, wenn das verboten ist? Caterer müssen mit Stornierungen bis zum Sommer klarkommen.

 Thorsten Neumann von Noi Event & Catering hat sein Restaurant „Kette Und Schuss“ nun schließen müssen.

Thorsten Neumann von Noi Event & Catering hat sein Restaurant „Kette Und Schuss“ nun schließen müssen.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

„Gegessen wird immer“ ist ein beliebter Spruch in der Gastronomie. Verdeutlicht er doch, dass auch in den größten Krisen die Nahrungsaufnahme unumgänglich ist. Doch denen, die Essen für viele anbieten, nützt das aktuell nichts. Denn gerade das gemeinsame Essen bei großen Festen ist vorerst tabu. Jedes Gespräch mit einem Caterer oder Kantinenbetreiber offenbart eine dementsprechend desaströse Lage. Alle sind sich einig, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Infektionen nötig sind. Aber allen ist auch klar, dass die Erholung ohne finanzielle Hilfe von außen kaum machbar sein wird.

„Das Geschäft ist 100 Prozent storniert“, sagt Thorsten Neumann, Karnevalsprinz und Inhaber des Mönchengladbacher Event-Caterers „noi!“. „Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Stornos abgewickelt“, sagt er. Dabei würden nicht nur Veranstaltungen in den kommenden Wochen, sondern auch in drei und vier Monaten abgesagt. „Niemand weiß, wo wir im Moment stehen.“ Und weil auch niemand mit Gewissheit sagen kann, wann es wieder vorbei ist, kämen auch keine neuen Aufträge herein. „Das ist noch schlimmer als die Stornierungen“, sagt er. Erst für den Herbst und Anfang Winter hätte er ein paar vereinzelte Anfragen.

Das „Kette & Schuss“-Restaurant im Monforts-Quartier hat Neumann mit Beginn dieser Woche und dem Inkrafttreten des Kontaktverbotes natürlich ebenso schließen müssen. Er habe vollstes Verständnis für die Maßnahmen. „Alles zu Recht, aber die Folgen sind verheerend“, sagt Neumann. Mit seinen Gästen versuche er, so gut es eben gehe, Lösungen zu finden. „Wir haben Leute, die wollen Mitte Mai heiraten. Mit denen sprechen wir in einigen Wochen nochmal.“ Andere müssten ihren Beerdigungskaffee absagen, da gehe ein wichtiger Teil der Trauerbewältigung verloren, sagt Neumann.

 Caterer Georg Broich beliefert auch das H4-Hotel.

Caterer Georg Broich beliefert auch das H4-Hotel.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Kaum anders sieht es bei Georg Broich aus. Der Düsseldorfer Caterer versorgt unter anderem das H4-Hotel der Borussia mit Tagungs- und Event-Catering. „Bis Ende April haben wir 95 Prozent Storno“, sagt Broich. Auf einer Skala von eins bis 100 stehe er bei 99. „Es gibt noch kleinere Sachen, die über den 19. April hinaus nicht abgesagt worden sind.“ Den Umsatz, der ihm allein in Mönchengladbach und bis Ende April dadurch verloren gehe, schätzt Broich auf 400.000 Euro. 20 Mitarbeiter hat er bereits in Kurzarbeit schicken müssen.

Nicht ganz so aussichtslos ist es aktuell noch bei Marco Borger. Neben dem Catering für private Feiern, dass auch bei Borger auf Null sei, betreibt er zudem die Mitarbeiterkantine auf dem Campus der SMS Group in Mönchengladbach. Vor der Krise hatte er dort 400 bis 500 Mahlzeiten jeden Tag. „In den vergangenen zwei Wochen hatten wir quasi täglich neue Maßnahmen“, berichtet Borger. Schon seit vergangener Woche gibt es dort nur noch Essen zum Mitnehmen, das die Mitarbeiter dann an ihrem Arbeitsplatz verzehren können. Das solle auch vorerst so bleiben, sagt Borgers. Dennoch hätten sich auch dort die Zahlen halbiert. Auch SMS habe verständlicherweise viele Mitarbeiter ins Home-Office geschickt. Und von denen, die noch da seien, gehe aktuell nicht jeder in die Kantine. „Auch dafür habe ich natürlich Verständnis.“

Borger sagt, sein Betrieb sei zwar gegen Pandemie versichert, aber die Versicherung greife nur, wenn die Behörde die Schließung anordne oder wenn ein Mitarbeiter sich mit dem Coronavirus anstecke. „Aber das will ja keiner“, sagt er. Ihm zufolge brauchen Caterer eine Finanzspritze, die nicht zurückgezahlt werden muss. „Wir haben laufende Kosten: Pkw, Kühlhäuser – wir haben keine tote Ware. Auch unsere Lieferanten haben die Einbußen“, betont er.

 Marco Borger versorgt die Mitarbeiter der SMS-Group in der Kantine.

Marco Borger versorgt die Mitarbeiter der SMS-Group in der Kantine.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

„Ohne staatliche Hilfen kommen wir sicherlich nicht aus“, sagt auch Thorsten Neumann und betont: „Keine Kredite! Sonst haben wir das Problem nur verschoben.“ Es sei niemandem geholfen, wenn alle Betriebe in einem halben Jahr hochverschuldet seien. Dass es mit den versprochenen Hilfen vom Staat nicht so schnell geht, dafür habe Neumann ebenfalls Verständnis. „Diese Sachen werden ja gerade erst entschieden“, sagt er. Vor kommender Woche sei da noch nichts zu erwarten.

Einen anderen Anspekt fasst noch Georg Broich ins Auge. Auch er plädiert eindringlich für Subventionen, keine Darlehen. „Wir kriegen zwei Probleme. Erstens: Wir dürfen nicht am Ende das Jahres an der Schuldenlast ersticken. Zweitens: Wir brauchen eine Auflockerung des Arbeitszeitengesetzes.“ Bei letzterem habe er ausdrücklich nicht im Blick, seine Leute mehr als vertraglich vereinbart arbeiten zu lassen. „Aber wenn wir jetzt viel in den Herbst verschieben, müssen wir diesen Berg auch abarbeiten können. Das ist meine ganz klare Forderung“, sagt Broich. Als eine Möglichkeit dazu sieht er beispielsweise die Wochenarbeitszeit. Große Events seien nicht nach acht Stunden vorbei. „Das fängt morgens an und geht bis spät in die Nacht“, erklärt Broich.

Um über die Runden zu kommen, bieten viele Caterer ihre Dienste nun als Lieferung oder zum Abholen an. Auch Firmen mit vielen Mitarbeitern, deren Kantine nun zugemacht habe, könnten so mit Essen versorgt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort