Initiative in Mönchengladbach Bündnis fordert gesellschaftlichen Klimawandel

Mönchengladbach · Elf Forderungen hat das Mönchengladbacher Bündnis für Menschenwürde in einem Hartz-IV-Appell zusammengefasst – dabei geht es nicht nur, aber auch um mehr Geld.

 Robert Manstetten arbeitete mit an dem Hartz-V-Appell (Archivfoto).

Robert Manstetten arbeitete mit an dem Hartz-V-Appell (Archivfoto).

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Das Arbeitslosengeld II, im allgemeinen Hartz IV genannt, gibt es seit 15 Jahren. Für das genau so alte Mönchengladbacher Bündnis für Menschenwürde und Arbeit ist das kein Grund zum Feiern, sondern Anlass, um politisch Druck zu machen. Das Bündnis, dem 90 Organisationen und Unterstützer angehören, legt nun einen Appell vor, der elf Forderungen enthält – von einer Grundsicherung für Kinder im Hartz-IV-Bezug bis hin zu kostengünstigem Wohnraum.

Die Initialzündung für die Formulierung des Appells war die Veranstaltung „Die Hartz-IV-Lüge – Wo sind die Alternativen?“ vergangenen August in der Citykirche. „Als Ergebnis wurde vorgeschlagen, die Anregungen vom Podium und aus dem Publikum zusammenzufassen und einer größeren, auch politisch verantwortlichen Öffentlichkeit vorzulegen“, sagt Wolfgang Fels vom zwölfköpfigen Bündnisrat. Das ist nun geschehen. Es geht nicht nur, aber auch um mehr Geld.

So lautet eine Forderung: „Die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene müssen ein Leben in Würde ermöglichen.“ Eine Erhöhung um mindestens zwanzig Prozent sei nötig, sagt Hermann-Josef Kronen, ehemaliger Geschäftsführer des Volksvereins und im Bündnisrat aktiv. Er spricht von einer binnengesellschaftlichen Klimakrise. „Statistiken belegen eine Umverteilung von unten nach oben. Die Armut wächst. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir keine gespaltene Gesellschaft wie in den USA haben wollen.“ Die Frage nach der Bezahlbarkeit kontert Robert Manstetten, ehemals Chef der Mönchengladbacher Arbeitsagentur, mit dem Verweis auf geschätzt eine Billion Euro, die den EU-Staaten durch Steuerhinterziehung verloren gehen. „Für Deutschland sind das etwa 100 Milliarden Euro.“

Auch der gesetzliche Mindestlohn soll angehoben werden, auf mindestens sechzig Prozent des Durchschnittslohns. Das entspräche 13,69 Euro, gegenwärtig beträgt er 9,35 Euro. Damit betreibe Deutschland Lohndumping auch gegenüber seinen Nachbarn, kritisiert der Bündnisrat. Außerdem wird eine stärkere Regionalisierung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gefordert. Beratungs- und Begegnungsangebote sollen ebenfalls gesichert, ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt für Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen geschaffen werden. Was nicht gefordert wird, ist ein bedingungsloses Grundeinkommen. „Es muss nicht gleich der ganz große Wurf sein“, erklärt Fels. „Es wäre schon wichtig, an ein paar Stellschrauben zu drehen, um den Menschen kurzfristig Erleichterung zu verschaffen.“

Der Hartz-IV-Appell 2020 wurde bisher von zwanzig Unterstützern, in erster Linie Sozialorganisationen vom linken Niederrhein und aus der Städteregion Aachen, unterzeichnet. Jetzt möchte das Bündnis mit Politik und Wirtschaft über die Forderungen ins Gespräch kommen.

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