Begegnungsstätte des Blinden- und Sehbehindertenvereins an der Mozartstraße. Blinde kegeln ohne Anlauf

Mönchengladbach · Etliche Pokale zieren den Raum in der Begegnungsstätte des Blinden- und Sehbehindertenvereins in der Mozartstraße. In den Pokalen versteckt liegen noch viele Medaillen – alle gewonnen bei Turnieren und Meisterschaften, an denen die Blindenkegelgruppe im Laufe von sechs Jahrzehnten teilgenommen hat.

 Die Blinden-Kegelgruppe (links der Vorsitzende des Blindenvereins Rudi Hansen)

Die Blinden-Kegelgruppe (links der Vorsitzende des Blindenvereins Rudi Hansen)

Foto: Denise Brenneis

Mit Rudi Hansen stellt die Gruppe auch gerade den amtierenden Landesmeister. Aber trotz des Erfolgs: „Heute steht die Geselligkeit im Mittelpunkt, wenn wir kegeln“, erklärt Stephanie Peiffer, seit sieben Jahren mit dabei.

Gegründet wurde die Gruppe vor 60 Jahren und es gibt noch Gründungsmitglieder. Manfred Wachten ist zum Jubiläum gekommen, obwohl er nicht mehr aktiv mitkegelt. Als die Gruppe entstand, war er 20 Jahre alt. Noch jünger war Heinz Eckers bei der Gründung. „Mein Vater war blind und hat die Gruppe ins Leben gerufen.“, erzählt er. „Ich war ursprünglich als Kegeljunge mit dabei.“  Denn damals gab es noch keine automatischen Bahnen, jemand mit Sehkraft musste die Kegel wieder aufstellen und das war Heinz Eckers. Später übernahm er den Fahrdienst, denn die Gruppe traf sich zeitweilig in Broich-Peel zum Kegeln und dorthin gab es keine Busverbindung. „Einmal in der Woche habe ich alle Teilnehmer im Stadtgebiet eingesammelt und wenn ich nicht konnte, fiel das Kegeln aus“, erinnert er sich. Später hat man sich günstiger gelegene Orte gesucht, heute wird in Holt gekegelt.

Aber wie kegelt man, wenn man keine oder nur eine sehr schwache Sehkraft hat? „Es gab Dachlatten, die in Winkelform zusammengesetzt waren und am Boden befestigt wurden“, erklärt Manfred Wachten. „So wusste man als Blinder, dass man gerade zur Bahn steht.“ Gekegelt wird ohne Anlauf und meist mit beiden Händen. Heute wird auf die Dachlatten verzichtet, ein Sehender führt den Kegler an die richtige Stelle und platziert ihn.  Blindenkegeln ohne sehende Helfer funktioniert nicht wirklich. Kann ein Blinder hören, wie viele Kegel umgefallen sind? „Nicht genau“, sagt Wachten kopfschüttelnd. Aber Heinz Eckers ruft das Ergebnis aus, bevor er es notiert. Und wenn alle Neune fallen, zeigt ein Klingelton heute den Erfolg an.

In den ersten Jahren war es extrem schwer, Kegelbahnen zu finden, weil sie ständig von anderen Vereinen belegt waren. Kegeln war sehr populär. „Heute ist das kein Problem mehr, denn Bowling hat das Kegeln abgelöst und die Bahnen stehen oft leer“, sagt Eckers.

13 Mitglieder umfasst die Gruppe heute, gekegelt wird alle 14 Tage. Regelmäßig brechen die blinden und sehbehinderten Kegler und ihre sehenden Helfer auch zur klassischen Kegeltour auf. Zum Beispiel ins Sauerland. Ganz traditionell.

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