Kolumne Mensch Gladbach Bitte auf dem Boden bleiben!

Wer hoch fliegt, kann tief fallen. Im Aufwind sollte Mönchengladbach die Bodenhaftung nicht verlieren. Das Hin und Her um die Gastronomie in der KFH ist dafür ein Lehrstück.

Die Kaiser-Friedrich-Halle braucht einen neuen Gastronomen.

Die Kaiser-Friedrich-Halle braucht einen neuen Gastronomen.

Foto: Grafik/Theo Titz

Ein Fünf-Sterne-Hotel auf dem Abteiberg. Aktuelle Weltstars wie Ed Sheeran im Sparkassenpark. Borussia Mönchengladbach an der Spitze der Champions League. Neue Baugebiete mit Top-Architektur von Daniel Libeskind oder Frank O. Gehry. Und natürlich reichlich mit Michelin-Sternen bedachte Restaurants. Huch, jetzt waren wir doch tatsächlich in einem Tagtraum über Mönchengladbachs Zukunft. Ist ja auch Wochenende, da ist das doch erlaubt.

Und schließlich ist unsere Stadt doch seit einiger Zeit und verdientermaßen im Aufwind. Selbstbewusstsein und Ambitionen sind da ausdrücklich erwünscht. Dabei sollte man aber nicht Maß und Bodenhaftung verlieren. Dafür gab es diese Woche ein Lehrstück aus der „guten Stube“ der Stadt.

So wird gerne alles bezeichnet, was ein Wahrzeichen und deshalb bewahrenswert ist. Deshalb gehört die Kaiser-Friedrich-Halle unbedingt in diese Kategorie. Dieses Denkmal am Tor zur Gladbacher Innenstadt ist imposant und ein „Hingucker“, wie es so schön heißt. Nur leider gibt es zwei Schwachstellen:

Erstens ist das Gebäude in die Jahre gekommen (oder nicht immer so gepflegt worden wie nötig) und deshalb sanierungsbedürftig. Zweitens entsprach das gastronomische Konzept nicht mehr modernen Ansprüchen und nutzte auch nicht die Ausflugs-Atmosphäre direkt am Bunten Garten. Beides hängt übrigens zusammen.

Die Sanierung hat im Frühjahr begonnen, zumindest wurde die Halle geschlossen, Container wurden aufgestellt, der Rat hat 5,6 Millionen Euro bereitgestellt und gut informierten Kreisen zufolge soll auch schon innendrin etwas passiert sein. Parallel bemühte sich die städtische Marketinggesellschaft als Betreiberin der Location um neue Gastronomen.

Den Zuschlag erhielt schließlich ein Konzept, das moderne Sterneküche ins Denkmal bringen sollte, aber auch den Spagat zum familienfreundlichen Außenbereich und erschwinglichem Mittagstisch schaffen wollte. Prominente Namen gab’s obendrauf. Klang zu gut, um wahr zu werden.

Jetzt ist der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase, bevor er begonnen hat. Wer mit wem nicht einig wurde, ist unklar und muss hier auch nicht diskutiert werden. Die Frage ist vielmehr: Sind die Verantwortlichen zu hoch geflogen, um nach den Sternen zu greifen? Wer Sterneküche will, muss auch mit gewissen Ansprüchen und Allüren rechnen, muss also liefern, entgegenkommen, wenn sie sich mit großen Namen schmücken will. Kann das eine Stadt in der Haushaltssicherung leisten? Braucht sie das überhaupt? Hat sie das Publikum, das eine solche Preisklasse gerne und nachhaltig bedient?

Ein paar Nummern kleiner und dafür von Dauer solide passt besser. Diese Lektion gibt das ärgerliche Hin und Her. Die Lust auf Höhenflüge ist verständlich, birgt aber die Gefahr des tiefen Falls. Mönchengladbach ist bodenständig – im positiven Sinne. Die Stadt muss keine Metropole sein. Unprätentiös und gerade deshalb für immer mehr Menschen so lebenswert.

In diesem Sinne: Ein bodenständig schönes Wochenende!

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