Aktion in Mönchengladbach Betroffene machen auf Armut aufmerksam

Mönchengladbach · Die Aktion „#IchbinArmutsbetroffen“ soll die Lage von Menschen mit geringen Einkommen deutlich machen. In Mönchengladbach gaben ihr auf dem Sonnenhausplatz Frauen ein Gesicht und berichteten von ihrem Leben.

 Auch in Mönchengladbach machten Betroffene auf dem Sonnenhausplatz bei der bundesweiten Aktion „#IchBinArmutsbetroffen“ mit.

Auch in Mönchengladbach machten Betroffene auf dem Sonnenhausplatz bei der bundesweiten Aktion „#IchBinArmutsbetroffen“ mit.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Viele Mönchengladbacher Familien sind zurück aus dem Urlaub. Andere können davon nur träumen. Denn sie müssen sich sogar überlegen, ob auch nur eine Kugel Eis in ihr extrem knappes Budget passt. Alleine in Nordrhein-Westfalen sind aktuell 3,31 Millionen Menschen von Armut betroffen. Um darauf aufmerksam zu machen, sind am vergangenen Samstag (6. August) in vielen großen deutschen Städten Menschen auf die Straßen gegangen. Unter dem Motto „#IchBinArmutsbetroffen“ engagiert sich die Foundation „One worry less“ (zu Deutsch: Eine Sorge weniger) seit langer Zeit auch im Internet. In einem offenen Brief an die Regierung forderte sie Mindestlöhne, die Anhebung von Regelsätzen und die Abschaffung von Bürokratien.

In Mönchengladbach liegt die Armutsquote ebenfalls hoch, kennen  viele Menschen das Leben mit nur wenig Geld. Zu ihnen gehören Esther Riele und Sarah Shabani, die der Stiftung bei der Aktion auf dem Sonnenhausplatz ein Gesicht gaben. Esther Riele ist wegen einer Erkrankung nur zu 75 Prozent berufstätig und bekommt daher zusätzlich zu ihrem Bürojob noch eine Aufstockung vom Jobcenter. „Und dennoch lebe ich wirklich am Existenzminimum“, erklärt die Mutter bereits erwachsener Kinder.

Am schlimmsten sei für sie der Gedanke an ihre Rente. „Dann werde ich auch Grundsicherung beantragen müssen“, sagt sie mit Tränen in den Augen. Eine Sorge, die im Alltag permanent präsent ist. Urlaube, ein Besuch im Kino oder eine neue Bluse sind für Riele purer Luxus und meist nicht möglich. „Ich wollte zum Beispiel mit meinem Enkel noch in den Urlaub fahren, bevor er jetzt in die Schule kommt, aber das hat leider finanziell nicht geklappt“, sagt sie traurig.

So wenig sie selbst hat, gibt sie dennoch: Sie spende regelmäßig, sagt sie. „Es sind oft diejenigen, die nichts haben, die jene unterstützen, die noch weniger haben“, ist sie überzeugt. Man helfe sich gegenseitig, weil man wisse, was die Menschen durchlebten.

Dagmar Deuß ist Rieles Schwester. Sie gehört zu den Privilegierteren unserer Gesellschaft. „Für mich ist ein Getränk im Café eine Selbstverständlichkeit, aber ich weiß auch, dass es für viele absolut unmöglich ist.“ Und das liegt vor allem daran, dass die Menschen nicht anständig unterstützt werden. Die Hartz-4-Sätze seien mit dem wahren Leben nicht vereinbar. „Natürlich gibt es auch Leute, die einfach nicht arbeiten wollen, obwohl sie könnten, aber das ist die absolute Seltenheit“, sagt Deuß. Diese Minderheit, die das Image einer ganzen Gruppe ruiniere, nenne man unter Armutsbetroffenen „Das eine Prozent“. Die meisten von Armut Betroffenen, davon sind Deuß und Riele überzeugt, seien unverschuldet in ihre Situation geraten. Durch eine Krankheit beispielsweise oder weil man alleinerziehend geworden ist.

So wie Sarah Shabani, die in Teilzeit in einer Drogerie arbeitet und außer dem Unterhaltsvorschuss, dem Kindergeld und ihrem kleinen Nebeneinkommen auf Transferleistungen vom Jobcenter angewiesen ist. „Ich gehe mit meinen drei Kindern sogar ungerne in die Stadt, weil ich ihnen die Dinge, die sie dann toll finden, ohnehin nicht kaufen kann“, sagt sie. Auch die Schulsachen für ihre Tochter haben jetzt wieder ein großes Loch in die Familienkasse gerissen.

„Das Geld, das vom Jobcenter ausgezahlt wird, reicht vorne und hinten nicht. Nicht einmal eine gesunde Ernährung ist damit möglich“, sagt Riele. Sie kenne Menschen, die ständig Nudeln mit Ketchup oder auch mal gar nichts essen müssten, damit für ihre Kinder genügend bliebe. „Niemand ist so ein guter Finanzmanager und kann so gut sparen, wie jemand, der arm ist“, sagt Deuß. Und das einfach nur aus dem Grund, weil es keine andere Möglichkeit gebe.

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