Berufsausbildung in Mönchengladbach Unternehmen suchen händeringend Azubis

Mönchengladbach · Viele Stellen können nicht besetzt werden, weil es weniger Bewerber gibt. Aber auch Betriebe müssen sich ändern, warnen Arbeitsagentur und IHK.

Die Auszubildende Kira Burhenne (Mitte) bei Effertz Tore mit (v.l.):  Sarah Borgloh (Arbeitsagentur Krefeld), Daniela Perner (IHK), Claus Schwenzer (Effertz Tore und IHK-Vizepräsident), Rainer Imkamp (Arbeistagentur), Thomas Gütgens und Stefan Bresser (Kreishandwerkerschaften Mönchengladbach).

Die Auszubildende Kira Burhenne (Mitte) bei Effertz Tore mit (v.l.):  Sarah Borgloh (Arbeitsagentur Krefeld), Daniela Perner (IHK), Claus Schwenzer (Effertz Tore und IHK-Vizepräsident), Rainer Imkamp (Arbeistagentur), Thomas Gütgens und Stefan Bresser (Kreishandwerkerschaften Mönchengladbach).

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Es hat ein paar Monate gedauert, bis Kira Burhenne merkte, dass Fitness doch nur ihr Hobby bleiben würde. Die 19-Jährige aus Mönchengladbach studierte in Köln Fitnessökonomie nach dem Abitur am Franz-Meyer-Gymnasium – vermeintlich standesgemäß. Sie nahm aber dann doch noch die Ausfahrt, die Arbeitsagenturen, Kreishandwerkerschaften und Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein vielen jungen Menschen ans Herz legen: die duale Berufsausbildung. Sie begann ein Praktikum bei der Effertz Tore GmbH in Mönchengladbach, arbeitete dann als Aushilfe in der Produktion und ist heute Auszubildende zur Bürokauffrau. „Ich habe direkt gemerkt, dass ich eine Hilfe bin und mir Verantwortung übertragen wird“, sagt die 19-Jährige.

Kira Burhenne ist einer von bisher 1419 jungen Menschen in Mönchengladbach, die sich bisher in diesem Ausbildungsjahr für die duale Berufsausbildung entschieden haben. Das sind bisher fast genauso viele wie im Jahr davor und rund 200 weniger als im Jahr 2020/21. „Die Saison ist noch nicht zu Ende, wir sind in der Halbzeit“, sagt Rainer Imkamp, Chef der Arbeitsagentur. „Es gibt noch immer große Chancen für Jugendliche und Betriebe, die händeringend nach Bewerbern suchen.“ Dem stehen in Mönchengladbach 1314 gemeldete Berufsausbildungsstellen gegenüber, also etwas weniger als Bewerber. Aber: „Es fehlen keine Stellen, sondern wir haben das Problem, dass die Zahl der Bewerber zurückgeht“, warnt Imkamp. Deshalb werde die Arbeitsagentur weiter verstärkt auch alternative Formate wie Berufsberatungen im Schwimmbad oder bei gemeinsamen Wanderungen anbieten. Imkamp rief zudem dazu auf, dass Unternehmen auch Jugendlichen eine Chance geben müssten, die die Voraussetzungen auf den ersten Blick formal nicht erfüllen. „Es gibt reichlich Hilfen, Defizite aufzuholen, wenn Arbeitgeber sich flexibel zeigen.“

20 Prozent der zu erwartenden Verträge im IHK-Kammerbezirk mit Mönchengladbach, Krefeld, dem Rhein-Kreis Neuss und dem Kreis Viersen seien bisher eingetragen, sagte Daniela Perner, Geschäftsführerin Innovation, Bildung und Fachkräfte der IHK Mittlerer Niederrhein: „Wir wollen wieder mehr als 4000 neue Auszubildende erreichen.“ Auffällig: Gastgewerbe und auch der Lebensmittel-Einzelhandel sind nach der Pandemie wieder stärker gefragt, so Perner. Sie rief Unternehmen dazu auf, Bewerbungsprozesse zu beschleunigen: „Schüler in der Warteschlange haben nicht immer das Gefühl, dass sie stark gefragt sind.“ Betriebe müssten außerdem Praktikumsplätze für Berufskolleg-Schüler bereitstellen, die den Hauptschulabschluss nachmachen. „Allein in Mönchengladbach brauchen wir Plätze für mindestens 300 Schüler.“

Auch im Mönchengladbacher Handwerk zeichnen sich ähnliche Probleme ab. „Sechs bis sieben Prozent der angebotenen Ausbildungsstellen werden nicht besetzt“, sagt Stefan Bresser, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. 30 bis 35 Stellen im Jahr blieben so offen. Die Einstellung der Betriebe habe sich aber geändert: „Heute bekommen auch Jugendliche einen Platz, die vor zehn Jahren wohl nicht zum Gespräch eingeladen worden wären. Wir begleiten sie dann bis zur Prüfung und zum erfolgreichen Bestehen.“

Besonders gefragt sind Ausbildungsstellen im Bereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik. „Wir hatten im vergangenen Jahr in diesem Bereich zum ersten Mal mehr Auszubildende als im Kfz“, sagt Bresser. Diese Handwerker seien für die Energiewende zuständig.

Claus Schwenzer, Chef von Kira Burhenne bei Effertz Tore und zudem Vize-Präsident der IHK, zeigt sich flexibel. In seinem Betrieb werden zwölf junge Männer und Frauen in sechs Berufen ausgebildet. „Die Berufsausbildung ist ein Riesengewinn für das Unternehmen und bietet jungen Menschen die Basis für eine gute berufliche Laufbahn und ein sicheres Leben, die einem keiner mehr nehmen kann.“ Auch ein Studium geht danach noch. Kira Burhenne erwägt das später berufsbegleitend. Aber erst einmal zählt jetzt die Ausbildung im Betrieb.

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