Kolumne Mensch Gladbach Mein Freund, der Baum

Mönchengladbach · Es ist gut, dass Gladbacher gegen das Abholzen von Bäumen sind. Die Rhetorik dabei ist aggressiv. Und ist es richtig, dabei Fronten mit ultimativen, kaum zu erfüllenden Forderungen aufzubauen?

Mönchengladbach: Baumschutz im Donald-Trump-Stil
Foto: dpa/Christophe Gateau

Ja, es ist schwierig. Ja, ich bekenne, dass ich eine gewisse Sympathie mit den Menschen habe, die für den Erhalt der Bäume am Edmund-Erlemann-Platz und am Martin-Luther-Platz demonstriert haben. Und ja, ich bin auch der Meinung, dass aus Planungsgründen zu schnell Altes verschwindet. Das liegt vermutlich mit daran, dass ich zu den älteren Menschen gehöre, die das Alte gerne bewahren möchten. Wir, die in dieser Hinsicht Konservativen, finden genügend Unterstützer, die unsere Haltung teilen. Etwa den Satiriker und Gesellschaftskritiker Kurt Tucholsky, der einen alten Baum mit einem „Stückchen Leben“ verglichen hat: „Er beruhigt. Er erinnert. Er setzt sinnlos heraufgeschraubtes Tempo herab, mit dem man unter großem Geklapper am Ort bleibt.“ Interessante Aussagen gerade auch in dieser Zeit.

Trotzdem habe ich Probleme, wenn ich im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Baumfällung lese, dass „unsere Machthaber keinen Kontakt mehr zur Basis haben und nur noch Interessen von wenigen Mächtigen hinterherhecheln“. Und dass man ihnen „das Handwerk legen“ soll. Und dass CDU und SPD auch hier in der Stadt am „Volk vorbei regieren“. Nein, diese Aussagen stammen nicht von einer AfD-Kundgebung, sondern vom grünen Umweltschützer Hajo Siemes, der gewiss nicht im Verdacht steht, rechte Parolen zu vertreten. Das stimmt nicht mit seiner Vita und politischen Überzeugung überein. Hajo Siemes, seit vielen Jahren Politiker der Grünen, ist ein lupenreiner Demokrat, der sehr engagiert für den Naturschutz kämpft. Und da hat er mit seinen Positionen in vielen Dingen recht.

Aber kann man, wie gefordert, generell ausschließen, dass Bäume gefällt werden, wenn es die Stadtplanung nötig macht? Wer das in dieser Konsequenz verlangt, redet Unsinn. Ein Gemeinwesen wie die Stadt wird und muss sich verändern. Diese Veränderung, und das ist der Auftrag an alle, muss behutsamer als in vielen Jahrzehnten vorher passieren. Das Bewahren der Schöpfung gerät zu schnell aus dem Blick. Aber Baumfällungen aus planerischen Gründen grundsätzlich auszuschließen, ist paradox. Und dabei von „Machthabern“, denen man das „Handwerk legen muss“ und die am „Volk vorbei regieren“ zu sprechen, ist eine sprachlich-politische Entgleisung. Das ist Donald-Trump-Stil.

Ein Verein verabschiedet sich. Eine Idee auch. Als Käthe Stroetges vor 50 Jahren den Altensport erfand, sorgte dies für einen Umbruch. Bundesweit. Stroetges verband sportliches Tun mit gesellschaftlicher Teilhabe: erst Gymnastik, danach ein Stückchen Kuchen. In den 1970er, 1980er, ja auch 1990er Jahren war der Verein Sport für betagte Bürger mit seinen Angeboten eine Ausnahme. Heute laufen über 70-Jährige Marathon, und jeder gute Verein lädt Ältere zu Sport ein. Und von „Betagtensport“ fühlen sich die dynamischen Älteren von heute nicht mehr angesprochen. Dass der Verein, seine Idee und Käthe Stroetges jetzt so brutal scheitern, ist auf die Ignoranz eines Vorstands zurückzuführen, dessen Teil Stroetges als Vorsitzende ist. Ein schon fast tragischer Abgang einer Pionierin.

(web)
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