Relikte der Vergangenheit Bunker und Gräber am Gladbacher Münster freigelegt

Mönchengladbach · Fundamente eines Kreuzgangs, Grabstellen von Mönchen und ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg haben Archäologen im Brunnenhof neben dem Münster freigelegt. Das Gelände soll neu gestaltet sowie für Besucher und Veranstaltungen geöffnet werden.

 Der Archäologe Dáire Leahy hat mit Kollegen im Brunnenhof allerlei Mauerwerk im Boden gefunden, das aus ganz unterschiedlichen Epochen stammt – vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.

Der Archäologe Dáire Leahy hat mit Kollegen im Brunnenhof allerlei Mauerwerk im Boden gefunden, das aus ganz unterschiedlichen Epochen stammt – vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.

Foto: Holger Hintzen

Dáire Leahy stemmt eine fingerdicke Abdeckplatte in die Senkrechte. Der Blick ist frei in einen gemauerten Schacht. An einer der Wände sind rostige Eisenbügel zu sehen. Über die führt der Weg in den Untergrund. Der war zunächst mit Schutt versperrt, doch nachdem Leahy und seine Kollegen den beiseite geräumt haben und in den Schacht hinabgestiegen sind, ist klar: Der Schacht ist einer von vier Eingängen zu einer Bunkeranlage. „Die wurde entweder kurz vor dem Krieg oder während des Kriegs angelegt und erstreckt sich L-förmig unter dem Hof“, sagt Leahy. Ein Fund, den die Archäologen nicht erwartet hatten. Er ist nicht die einzige Überraschung, die das Team des Dürener Unternehmens Goldschmidt Archäologie und Denkmalpflege bei Grabungen im Brunnenhof in den vergangenen Wochen freigelegt hat. Auch Gräber aus dem Mittelalter gehören dazu. Aber der Reihe nach.

Dass die Archäologen den von Münster und Rathaus eingerahmten Hof erkunden, hat mit Bauvorhaben und Ideen für eine neue, offenere Gestaltung des Areals zu tun. Die Pfarre St. Vitus ist Eigentümer des Hofes, hat mit der Architektin Astrid Vosshans-Berndzen eine für das Projekt zuständige Bauexpertin im Kirchenvorstand und plant einen Neubau der in den Hof ragenden Sakristei. Dabei wird die Fläche benötigt, auf der einer der Seiteneingänge des Bunkers liegt.

Auch der Münsterbauverein hat Pläne. Das Brunnenhof-Gelände soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und über Abteistraße, Münsterkirche und Abteigarten erreichbar sein. „Die Wegeführung soll an den alten Kreuzgang angelehnt werden. Auch die Brunnenanlage wird als „Lavatorium“ (Brunnenhaus) mit eingebunden. Auf der anderen Seite ist ein kleiner Platz geplant, der mit seinen Sitzgelegenheiten und einem Beleuchtungskonzept über eine hohe Aufenthaltsqualität verfügen wird“, ist auf der Internetseite des Vereins zu lesen. Kleinere Veranstaltungen in dem heute hinter einem massiven Gitter eingesperrten Gelände seien auch denkbar. Die Nachbarschaft zum Abteigarten, zu Hans-Jonas-Park und einem demnächst neu gestalteten Geropark macht den Hof dann zum Teil eines Ensembles.

 Das Rathaus Abtei  und das Münster aus der Luft. Aus dieser Perspektive schließt sich hinter dem Münster der Brunnenhof an.

Das Rathaus Abtei  und das Münster aus der Luft. Aus dieser Perspektive schließt sich hinter dem Münster der Brunnenhof an.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)/Ilgner,Detlef (ilg)

Der Verein hat sich an das nordrhein-westfälische Heimatministerium gewandt, um Fördermittel für das Projekt zu bekommen. Nach ersten Gesprächen sei man zuversichtlich, dass das Geld fließe, sagt Vereinsschatzmeisterin Anne Baus.

In den Bereichen, die von den Umbauten betroffen sind, haben sich nun die Archäologen umgesehen. In den Bunker sind sie hinabgestiegen. „Er sieht nicht sehr benutzt aus, nirgendwo ist etwas an die Wände geschrieben“, sagt Leahy. Es gibt Gänge, vier kleine Kabinen, die vielleicht als Toiletten dienten. Dáire Leahy glaubt nicht, dass der Bunker für die Allgemeinheit bestimmt war, möglicherweise sei er auch für wertvolle Teile des Münsterschatzes gedacht gewesen. Wo die neue Sakristei gebaut werden soll, werde ein Teil des Bunkers abgerissen, der Rest bleibe unter dem Hof. Leahys Team will das Gemäuer mit einem 3D-Scanner vermessen und seine Dimensionen exakt erfassen.

Ein Stück vor der Mauer des Rathauses haben die Archäologen Mauerwerk freigelegt, das sie für Teile des Fundaments des Kreuzganges halten, durch den die Mönche der Abtei einst spazieren konnten. Wenig überraschend, denn dass es dort einen solchen Wandelgang gegeben hat, war bekannt.

Schon überraschender ist da der Fund von etwa einem Dutzend Gräbern, die vermutlich aus dem Hochmittelalter (11. bis 13. Jahrhundert) stammen. Zu erkennen sind sie nur noch als rechteckige Verfärbungen im Boden. Einige Knochenfragmente haben Leahy und Kollegen auch gefunden. Aber sehr viel mehr dürfte seiner Meinung nach dort nicht mehr im Untergrund zu finden sein. Da die Wegeführung an die des alten Kreuzgangs angepasst werden soll, werden die Felder wohl wieder darunter verschwinden und in Ruhe gelassen werden.

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