Baustart in Mönchengladbach Ein Garten wird zum Kunstwerk

Mönchengladbach · Seit vier Jahren ist die Umgestaltung des Gartens im Arbeitslosenzentrum in Planung. Jetzt wird die Idee der Künstlerin Ruth Buchanan umgesetzt.

 Künstlerin Ruth Buchanan ist zum Baustart ihres Projekts „Ein Garten mit Brücken“ nach Mönchengladbach gereist.

Künstlerin Ruth Buchanan ist zum Baustart ihres Projekts „Ein Garten mit Brücken“ nach Mönchengladbach gereist.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Als Künstlerin Ruth Buchanan vor drei Jahren zum ersten Mal in Mönchengladbach war, seien ihr die vielen Brücken aufgefallen. „Ich habe sie überall gesehen“, sagt die Künstlerin, die zum Baustart ihres Projektes „Ein Garten mit Brücken“ nach Gladbach gereist ist. Sie meint damit nicht die Bauwerke – die gibt es in der Innenstadt ja nicht. Sie meint die metaphorischen Verbindungen zwischen Gebäuden, etwa auf der Lüpertzender Straße. Dort sah sie eine Brücke zwischen Arbeitslosenzentrum, dem Humanistischen Gymnasium und dem Museum Abteiberg. Auch wenn diese drei Gebäude auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben.

Diese erste Impression der Stadt hat die neuseeländische Künstlerin in ein Kunstprojekt umgewandelt, das nach vier Jahren Planung jetzt realisiert wird. Im Garten des Arbeitslosenzentrums entsteht seit Ende August „Ein Garten mit Brücken“. Es handelt sich dabei um drei begehbare Stahlstrukturen und einen Pavillon. Das Gesamtwerk spielt auf die Idee des Gartens als Organismus an. Deswegen hat die Künstlerin die einzelnen Skulpturen nach Körperteilen benannt: „Der rosafarbene Steg mit Wendeltreppe, der Park und Garten verbindet und wie durch einen Schlund in die Speiseröhre mündet, ist die Kehle“, erklärt Kathrin Jentjens von der Initiative Neue Auftraggeber, die Bevölkerung und Künstler in Mönchengladbach zusammengebracht hat, um das Projekt zu realisieren.

 So soll der Garten des ALZ aussehen, wenn er fertig ist. Stahlskulpturen und Pavillon sollen Orte der Begegnung werden. 

So soll der Garten des ALZ aussehen, wenn er fertig ist. Stahlskulpturen und Pavillon sollen Orte der Begegnung werden. 

Foto: ruth buchanan/Ruth buchanan

Die gelbe Brücke hat die Künstlerin als Ohr betitelt. Sie wird neben die Musikschule aufgestellt, damit Besucher den Schülern nebenan beim Musizieren zuhören können. Die blaue Brücke ist die Wirbelsäule. Sie führt nicht nur von außen in den Garten hinein, sondern auch den Magen – einer durch einen Pavillon überdachten Outdoor-Küche mit Sitzgelegenheiten. „Durch die Konstruktion sollen sich Menschen begegnen können, die sonst keine Berührungspunkte haben. So sollen Hierarchien in unserer Gesellschaft außer Kraft gesetzt werden“, sagt die Künstlerin.

Für Begegnungen hat das Projekt bereits in der Vorbereitungsphase gesorgt. Im Sommer 2021 veranstaltete die Künstlerin ein Workshop-Programm. In einer dreiteiligen Reihe, die von Garten- über Tanzworkshops bis zu Filmscreenings reichte, diskutierte Buchanan die zentralen Fragestellungen des Projekts: Arbeit, Pflege und Körperlichkeit. Diese drei Elemente bringt sie in dem Garten zusammen.

Bevor sie ihre Idee für ihre Stahlskulpturen entwickelte, hat sich die Künstlerin lang und intensiv mit der Historie der Stadt auseinandergesetzt. Dazu gehörte nicht nur die kulturelle Geschichte des Abteibergs, sondern auch die komplexe Vergangenheit des ALZ als ehemaliges Heim der Hitlerjugend. „Die Nazis haben sich damals selbstbewusst zwischen zwei Schulen gesetzt, nach dem Motto: ‚An uns kommt ihr nicht vorbei‘. Doch, kommen wir. Das zeigen wir mit diesem Projekt“, sagte Thomas Hollkott, Schulleiter des Huma, zum Baustart.

Dass es letztendlich vier Jahre bis zur Umsetzung gedauert hat, ist der Pandemie geschuldet. Workshops, Diskussionen und Planungen haben seltener und unter erschwerlichen Bedingungen stattfinden können. Dann im Januar 2022 eine Überraschung: das Baugrundstück barg erhebliche Sicherheitsrisiken. Da Keller und Mauer nicht standsicher sind, mussten die Kosten dafür neu kalkuliert werden. Das Problem konnte mithilfe von Spenden und Förderung gelöst werden. „Wir mussten alle viel Geduld aufbringen. Es war ein dynamischer und schlafender Prozess zugleich. Jetzt bin ich gespannt, wie es weitergeht“, sagt Museumsleiterin Susanne Titz. Wenn alles glatt läuft, kann der Garten mit Brücken im Frühjahr 2023 endlich eröffnet werden.

Währendessen bleibt das ALZ weiterhin ein Ort der Begegnung: Die Pflege des Gartens wurde ins Schul-Curriculum des Huma aufgenommen, ebenso sind die Jugendlichen des Jukomm im Step regelmäßig zu Gast. Weitere Kooperationen sind geplant.

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