Unter Regie des Stadtsportbundes Altensportfamilie will zusammenhalten

Mönchengladbach · Für Tausende Senioren war das Zentrum des insolventen Vereins Sport für betagte Bürger in Holt mehr als nur eine Turnhalle. Viele hoffen, dass die familiäre Atmosphäre auch unter der Regie des neuen Betreibers erhalten bleibt.

 Drei von vielen Angestellten und Ehrenamtlern, die das Zentrum am Laufen hielten (v. l.): Karin Röttges, Heike Scholten und Petra Wohlfahrtstätter. Foto: Hintzen

Drei von vielen Angestellten und Ehrenamtlern, die das Zentrum am Laufen hielten (v. l.): Karin Röttges, Heike Scholten und Petra Wohlfahrtstätter. Foto: Hintzen

Foto: Holger Hintzen

Für Jürgen Floh ist es ein Mittwoch wie jeder andere – und doch wieder nicht. „Ich bin seit sechs Jahren in unserer Reha-Sportgruppe, und wir treffen uns hier jeden Mittwoch“, erzählt der 64-Jährige. Vor etlichen Jahren ist der ehemalige Dachdecker vom Dach gestürzt. Die Beine waren zertrümmert, Reha-Sport war nötig. An diesem letzten Mittwoch im Februar sitzt Flohs Gruppe wieder einmal beisammen in der Caféteria des Altensportzentrums an der Aachener Straße. Die Tische sind in Hufeisenform aufgestellt, am Kopfende sitzt Hans Fischer. Er feiert in dieser Runde seinen 90. Geburtstag – in dem Haus, das der insolvente Verein Sport für betagte Bürger viele Jahre lang als Altensportzentrum genutzt und Fischer mehr als zehn Jahre regelmäßig besucht hat. „Das war hier immer wie in einer Familie“, sagt Jürgen Floh. „Und wir hatten schon Angst, dass die Gruppe auseinander fällt, und uns gefragt, was aus uns wird, wenn das Haus geschlossen werden sollte.“

Diese Sorgen hatten viele Mitglieder des Vereins. Stadtsportbund und Sportbildungswerk werden zwar die meisten Kurse weiterführen. Für die Besucher war Haus Nummer 418 an der Aachener Straße aber mehr als nur ein Sportzentrum. „Hier wurden Goldene Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, viele Alleinstehende kamen zwei- oder dreimal pro Woche“, berichtet Karin Röttges. Die 59-Jährige hat 1992 als Trainerin beim nun aufgelösten Verein begonnen und seit 2004 in dessen Verwaltung gearbeitet. Dabei hat sie über die Mitglieder viel mehr erfahren als nur Karteidaten. „Viele erzählen ihre Lebensgeschichte, von schweren Krankheiten, das war hier kein normaler Bürojob“, sagt Röttges. Mit der Übernahme des Hauses durch den Stadtsportbund ist ihr Job auch erst einmal beendet.

In die Sorge, dass mit dem Ende des in seinen besten Zeiten mehr als 2000 Mitglieder zählenden Vereins die familiäre Atmosphäre im Haus an der Aachener Straße verloren geht, mischt sich aber auch Hoffnung. Denn Petra Wohlfahrtstätter, die bisher für den Verein die Caféteria geführt hat, will deren Betrieb nun als Pächterin aufrechterhalten. Als der Hauseigentümer Stadt, der Stadtsportbund und der Insolvenzverwalter verhandelten, wie es mit dem Haus weitergehen könne, war die Sorge um den zentralen Treffpunkt groß. „Wenn die Herren kamen, hat Petra immer gebacken, damit der Duft durchs Haus zieht“, erzählt Röttges. „Ich habe das bis zum letzten Tag gemacht, weil ich an die Sache hier glaube“, sagt die frischgebackene Pächterin. Wohlfahrtstätters Gastro-Künste sollen möglichst viele Holter genießen. „Ich biete Frühstück und Kuchen an – für jedermann, auch für Jüngere und Familien mit Kindern“, sagt sie. Die Kinder von Gästen dürfen auf der Wiese vor dem Haus spielen, im Sommer soll auch auf der Terrasse eingedeckt werden.

An diesem Mittwoch ist Wohlfahrtstätter aber erst einmal damit beschäftigt, die Geburtstagsgesellschaft von Hans Fischer mit belegten Brötchen und Kaffee zu versorgen. Karin Rütten nutzt derweil einen Moment für einen Abschied. „Komm lass dich mal knuddeln“, ruft sie einem Herren mittleren Alters zu, der auf den Ausgang zustrebt. Eine ehemaliger Reha-Trainer des Vereins. „Vielleicht sehen wir uns ja noch mal“, gibt Röttges ihm mit auf den Weg.

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