Existenz von Reiterhof bedroht Mönchengladbacher Rentner muss 91.500 Euro Anliegerbeitrag bezahlen

Mönchengladbach · Schon zweieinhalb Jahre bangt der 83 Jahre alte Klaus Barthelmes um die Existenz seines Reiterhofs. Wie er werden auch anliegende Firmen von der Stadt zur Kasse gebeten. Das gefährdet auch Arbeitsplätze.

 Klaus Barthelmes am Eingang zu seinem Grundstück. Die Straßenfront beträgt nur zwölf Meter. Hätte er dieses Areal nicht dazugekauft, wäre er gar kein Anlieger.

Klaus Barthelmes am Eingang zu seinem Grundstück. Die Straßenfront beträgt nur zwölf Meter. Hätte er dieses Areal nicht dazugekauft, wäre er gar kein Anlieger.

Foto: Gabi Peters

Das Schreiben der Stadt bereitet Klaus Barthelmes immer noch schlaflose Nächte: Rund 91.500 Euro soll der 83-Jährige bezahlen, weil die Straße Bahner, an der sein Grundstück liegt, samt Kanal erneuert wurde. Der Rentner, der mit seinen Kindern einen Reitstall betreibt, sorgt sich um seine Existenz. „Wer gibt mir denn noch einen Kredit?“, fragt er sich.

Klaus Barthelmes lebt auf dem Grundstück, das schon seinem Großvater gehörte. Im Laufe der Jahre kaufte er Land (rund 22.000 Quadratmeter) hinzu, ein Großteil dient den Pferden und Ponys als Weideplatz. Reich könne man nicht mit dem Reitstall und der dazugehörigen Gastronomie werden, sagt der Giesenkirchener. Bei Barthelmes kosten zehn Reitstunden für Kinder 100 Euro, ein Glas Cola 1,50 Euro. „Ich bin hier geboren“, sagt der frühere Industriekaufmann. „Seit Kriegsende wurde nichts mehr an der Straße gemacht, nur notdürftig geflickt. Jetzt kommt die dicke Rechnung.“

Klaus Barthelmes findet das in mehrfacher Hinsicht unverschämt. „Bahner ist eine historische Straße“, sagte er. Nach dem kommunalem Baugesetzbuch dürfe man in diesem Fall keine Kosten auf Anlieger umlegen. „Die Stadt hat mir sogar bestätigt, dass es sich um eine historische Straße handelt“, sagt der 83-Jährige. Dennoch sei nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzbuches abgerechnet worden. „Die Stadt hat mir eine Stundung angeboten. Aber die wollen sechs Prozent Zinsen“, sagt Barthelmes.

In vielen anderen Bundesländern seien die Straßenbaubeiträge längst abgeschafft worden. Klaus Barthelmes findet das richtig so. Erschließungsbeiträge für neue Straßen könne er verstehen, aber wenn Bürger für die Sanierung einer lange vernachlässigten bestehenden Straße zur Kasse gebeten werden, sei das eine Unverschämtheit. Der 83-Jährige unterstützt deshalb die Volksinitiative des Bundes der Steuerzahler NRW „Straßenbaubetrag abschaffen“ und sammelt mit Unterschriften.

Klaus Barthelmes ist nicht der Einzige, den der geforderte Straßenbaubeitrag für Bahner und Konstantinstraße Kopfzerbrechen bereitet. Die Rechnung, die Unternehmer Udo Schmitz droht, ist vier- bis fünfmal so hoch. Udo Schmitz ist Inhaber von drei Firmen, darunter eine Immobilien-Firma. „Wenn wir das aus den Mieteinkünften bezahlen müssten, würden wir 16 Jahre benötigen. Die Zinsen nicht mitgerechnet“, sagt er. Für seine größte Firma Hensen an der Konstantinstraße mit knapp 50 Mitarbeitern wären nach eigenen Angaben zwei komplette Jahresgewinne nach Steuern fällig, um die geforderte Summe zu zahlen. Damit seien auch Arbeitsplätze gefährdet.

Die Stadt beruft sich darauf, dass sie nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) verpflichtet sei, Beiträge zu erheben. Nach einer ersten Kostenrechnung wurden für die „Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen“ auf Bahner und Konstantinstraße (zwischen Am Sternenfeld und Haus Bahner 4) rund zwei Millionen Euro veranschlagt. 740.000 Euro wären auf die Anlieger gefallen. Doch die rasant gestiegenen Baukosten hätten eine Neuberechnung erforderlich gemacht. Jetzt ist die Maßnahme mit 4,2 Millionen Euro veranschlagt. „Daraus errechnen sich Anliegerbeiträge nach dem KAG und städtischer Satzung in Höhe von circa 1,8 Millionen Euro“, so die Stadt. Eine endgültige Rechnung habe aber noch kein Anlieger bekommen. „Das wird wohl auch noch zwei Jahre dauern“, sagt ein Stadtsprecher.

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