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Rheydter Schlossgespräche diskutieren Gefährdung des Rechtsstaats „Wehrhafte Demokratie braucht Zivilcourage“

Rheydt · Die 6. Rheydter Schlossgespräche setzten sich mit der Gefährdung des Rechtsstaats durch Kriminalität und rechtsextreme Gruppierungen auseinander.

 Schlossgespräche im Schloss Rheydt :(v.l.): Moderatorin Denisa Richters, die Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Thomas Kühnen ,Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, Daniela Lesmeister, Leiterin der Abteilung Polizei im NRW-Innenministerium, und Felix Heinrichs, SPD-Fraktionschef im Mönchengladbacher Rathaus.

Schlossgespräche im Schloss Rheydt :(v.l.): Moderatorin Denisa Richters, die Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Thomas Kühnen ,Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, Daniela Lesmeister, Leiterin der Abteilung Polizei im NRW-Innenministerium, und Felix Heinrichs, SPD-Fraktionschef im Mönchengladbacher Rathaus.

Foto: Reichartz, Hans-Peter (hpr), Rei/Reichartz,Hans-Peter (hpr)

„Ich hätte vor fünf Jahren nicht gedacht, dass wir uns heute Gedanken um den Zustand der Gesellschaft, um Demokratie und Rechtsstaat machen müssen“, sagt Bernd Fabry, gemeinsam mit Detlev Rauch Veranstalter der Rheydter Schlossgespräche. Dass er nicht allein steht mit seiner Sorge, zeigen der gefüllte Rittersaal und das hochkarätig besetzte Podium. „Rechtsstaat versus Rechts-Staat“. ist der Titel des Abends, es geht um Kriminalität, um rechte Tendenzen, gefühlte Sicherheit, Vertrauen und Transparenz. Um die Grundwerte der Demokratie, um Regeln, Hass, Bildung und Personalmangel. Und um mehr Gelassenheit.

„Es gibt keine No-Go-Areas“, betont Daniela Lesmeister in ihrem Impulsvortrag. Sie leitet im NRW-Innenministerium die Abteilung Polizei  mit rund 42.000 Polizeibeamten. „Sie können mir glauben, die Polizei traut sich in jeden Bereich.“ Die Statistik zeige einen Rückgang der Kriminalität auf den niedrigsten Stand seit 1991, die Aufklärungsquote sei die höchste seit 1960. Dennoch fühlt sich laut Umfragen fast ein Viertel der befragten Bürger nicht sicher, fast die Hälfte glaubt, der Staat könne die Sicherheit nicht gewährleisten. Was tun? „Wir wollen durch Transparenz Vertrauen zurückerlangen“, sagt Lesmeister und verweist zum Beispiel auf die Veröffentlichung der Nationalität jedes Straftäters.

Auf Transparenz setzen auch die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Denisa Richters, Leiterin der Rheinischen Post in Mönchengladbach, moderiert wird. „Wir müssen viel erklären und deutlich sichtbare Zeichen setzen, dass der Staat sich kümmert“, sagt Felix Heinrichs, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion. „Aber rechtsextremen Aufmärschen sollten wir als Demokraten auf der Straße entgegentreten.“ Es sei wichtig, auch persönlich Grenzen zu setzen für rassistische Bemerkungen und Gewalt in der Sprache, meint Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die für die FDP im Bundestag sitzt. „Wir müssen die Regeln, die wir haben, umsetzen. Menschen gehen nun mal an Grenzen und testen, ob man sie überschreiten kann“, sagt die Politikerin. Die Liberale zeigt sich entsetzt über das Urteil des Berliner Landgerichts im Fall der Grünen-Politikerin Renate Künast, es zeige, dass  verbale Hetze und persönliche Beschimpfungen im Internet als nicht strafwürdig eingeordnet werde.

Thomas Kühnen, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, meint dazu: „Es gibt Einzelfälle, die Kopfschütteln verursachen, aber es gibt auch ein systematisches Problem.“ Die Justiz sei durch stetige Einsparungen schwach gemacht worden. „An der Justiz darf aber nicht gespart werden. Es muss ins Funktionieren investiert werden“, fordert der Richter. Personalmangel führe auch zu schlechten Urteilen.

Bei der Polizei versucht man schon, den Personalmangel zu beheben: Es wird eingestellt und ausgebildet. Ein Imageproblem gebe es dabei nicht. „Wir haben zum heutigen Zeitpunkt bereits über 10.000 Bewerbungen für das nächste Jahr“, sagt Lesmeister. Außerdem werde in kluge IT-Lösungen investiert.

Strack-Zimmermann fordert, bei der Bildung anzusetzen. „Wir haben die Chance, die Kinder zu sensibilisieren“, sagt sie und erntet Applaus von den etwa 80 geladenen Gästen im Publikum. Ebenso wie für den Vergleich der Situation in Deutschland mit der in anderen Gegenden der Erde: „Es geht uns doch supergut. Es gibt keine existenziellen Krisen.“ Stattdessen eher eine gewisse Larmoyanz. Den Rechtsstaat sieht sie ebenso wie Daniela Lesmeister nicht in Gefahr.

„Wir haben starke Institutionen und eine selbstbewusste Bürgerschaft“, stellt Felix Heinrichs fest. Eine latente Gefahr sehe er aber dennoch. „Wir müssen für unseren Rechtsstaat und die demokratischen Werte eintreten.“ Ein wenig Coolness sei bei der gegenwärtigen Diskussion aber auch angebracht. „Nicht hinter jedem Bürger muss ein Polizist stehen.“

 Hielt den Impulsvortrag: Daniela Lesmeister aus dem Innenministerium.

Hielt den Impulsvortrag: Daniela Lesmeister aus dem Innenministerium.

Foto: Reichartz, Hans-Peter (hpr)

Das Schlusswort aber gehört einem der Zuhörer. Ferdinand Hoeren, Vorsitzender der Theo-Hespers-Stiftung, erinnert sich, die Nazis als Kind noch marschieren gesehen zu haben. „Eine wehrhafte Demokratie braucht Bürger mit Zivilcourage. Und Zivilcourage heißt, rassistischen Haltungen zu widersprechen“, erklärt er unter Applaus.

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