Erinnerung an Deportationen in Mönchengladbach 22 neue Stolpersteine in der Stadt

Mönchengladbach · Mit Stolpersteine erinnert der Künstler Gunter Demnig an die Opfer des NS-Regimes. In Mönchengladbach sind nun 22 neue Steine verlegt worden – jeder erzählt dabei eine Geschichte.

 Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Süchteln (Archivfoto). 

Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Süchteln (Archivfoto). 

Foto: Julia Esch

Seit fast 25 Jahren ist der Kölner Künstler Gunter Demnig unterwegs, um Stolpersteine zu verlegen. Die pflastersteingroßen Messingtäfelchen erinnern an Verfolgte, Vertriebene und Ermordete des Nazi-Regimes. Inzwischen sollen die Stolpersteine in über 1250 Kommunen in Deutschland und in einundzwanzig Ländern in Europa liegen – im Dezember 2019 verlegte der Künstler in Memmingen den 75.000 Stein. Der Künstler erinnert damit an die Opfer der NS-Zeit, indem er die Gedenktafeln vor ihrem letzten Wohnort einlässt. Auf den Steinen steht geschrieben: Hier wohnte... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.

In Mönchengladbach wurden bislang 295 Stolpersteine verlegt – 22 neue Steine sind jüngst an neun Stellen in der Stadt hinzugekommen. Zum Beispiel an der Weiherstraße 14 in Erinnerung an die Familie Mazewski: Die aus Polen stammende Familie Mazewski, die lange Jahre in Mönchengladbach lebte, wurde Ende 1938 Opfer der sogenannten „Polenaktion“ – nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde sie in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) verbracht.

Oder auch bei der Margarethenstraße 14: Nur wenige Deutsche waren während der nationalsozialistischen Diktatur bereit, den verfolgten Juden zu helfen. Zu diesen wenigen gehörte der Kaufmann Wilhelm Brocke. Mitten im Krieg geriet der Kaufmann in Konflikt mit der Staatsmacht, da bekannt geworden war, dass er einem jüdischen Ehepaar aus Köln, das in den Osten deportiert werden sollte, zur Flucht in die Niederlande verholfen hatte. Im KZ Sachsenhausen wurde Brocke am 7. April 1943 ermordet.

Die Menschen, an die diese Steine erinnern, stehen dabei stellvertretend für die vielen Opfer, die auch in Mönchengladbach in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und anschließend in Todeslagern oder anderen Orten des Grauens ermordet wurden.

Für Oberbürgermeister Felix Heinrichs sind die Stolpersteine deswegen ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur: „Hinter jedem dieser Steine steckt ein Menschenleben, eine Geschichte und vor allem ein Schicksal, das sich nie wieder wiederholen darf. Deswegen sind die Stolpersteine nicht nur eine Erinnerung an diese Menschen, sondern auch eine Mahnung: Es darf keinen Platz für Extremismus in unserer Gesellschaft geben. Wir alle können dafür einstehen, dass nicht Ausgrenzung, sondern Offenheit und Toleranz unsere Gesellschaft ausmacht.“

Die Steine wurden dabei von Paten gestiftet – auch jeweils von einer Klasse des Mathematisch Naturwissenschaftlichen Gymnasiums und des Hugo-Junkers-Gymnasiums haben einen Stein gespendet. Eine Patenschaft kostet laut Homepage von Gunter Demnig 120 Euro für die Herstellung und Verlegung des Steins. Heinrichs bedankt sich bei allen, die dies unterstützen: „Und ich weiß, dass es dabei nicht nur um einen finanziellen Beitrag geht, sondern dass es allen eine Herzensangelegenheit ist, die Erinnerung wach zu halten. Sie reden mit anderen darüber, Klassen beschäftigen sich damit im Unterricht und sorgen so dafür, dass die Erinnerung nicht nur in Form von Steinen lebendig bleibt.“

Weitere neue Stolpersteine wurden an Sandstraße 22 in Erinnerung an Alexander und Johanna Harf und an der Kohrbleiche 1a in Erinnerung an Leon und Johanna Heimann, Recha Meierhoff, Hermine und Bertha Heimann eingelassen. Außerdem noch an der Hauptstraße 131/133 in Erinnerung an Albert und Else Zander, an der Hofstraße 149 in Erinnerung an Simon und Estera Altbaum, an der Sophienstraße 22 in Erinnerung an Hertha Bunte, an der Schillerstraße 65 in Erinnerung an Erich, Selma und Stephan Hirschberger sowie an der Lützowstraße 12 in Erinnerung an Nathan und Rosa Neuhaus.

Auf der Internetseite der Stadt sind alle Standorte von Stolpersteinen zu finden und die Geschichten dahinter. Nachzulesen unter www.moenchengladbach.de/de/stolpersteine.

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